Kommentar
09:44 Uhr, 12.08.2014

Alternative Konjunkturprogramme

Wie kann man eine Wirtschaft wieder in Gang bringen, ohne die Staatsschulden massiv in die Höhe schnellen zu lassen? Diese Frage stellt man sich aktuell nicht nur in Europa, sondern überall in der Welt.

In Europa ist bisher noch niemand auf die Idee gekommen einmal etwas anderes auszuprobieren als die Staatsschulden zu steigern, um die Konjunktur wieder in Gang zu bringen. Das ist immer noch das beliebteste Mittel unserer Regierungen. Den Spielraum dafür haben sie nicht. Trotzdem versuchen sie es weiterhin – mit mäßigem Erfolg. Die Schulden wachsen, das Wachstum aber springt nicht an.

Hier könnten sich europäische Länder vielleicht ein Beispiel an Korea nehmen. Hier will die Regierung eine Sondersteuer für Unternehmen einführen. Die Steuer fällt nur an, wenn Unternehmen weniger als 60% ihres Gewinns für Invesitionen, Lohnsteigerungen und Dividenden ausgeben. Die Sondersteuer soll 10% betragen. Für Unternehmen wie Samsung wäre das sehr viel Geld, welches in der Staatskasse verschwinden könnte.

Die Regierung will mit dem Gesetzesvorhaben das Horten von Cash verhindern und so die Wirtschaft ankurbeln. Unternehmen dürften lieber investieren oder Dividenden erhöhen als dem Staat das Geld zu überlassen. Wenn sich keine sinnvollen Investitionsmöglichkeiten ergeben, dann können immer noch die Dividenden erhöht werden. Das würde mehr Geld unter die Leute bringen und so den Konsum ankurbeln. Das ist zumindest die Hoffnung.

Dass den Unternehmen drei Felder für Ausgaben zur Verfügung stehen ist gut. Per Gesetz Lohnsteigerungen durchzusetzen macht wenig Sinn. Die Wettbewerbsfähigkeit würde dramatisch leiden und langfristig der Wirtschaft eher schaden.

In Korea ist das Horten von Cash besonders beliebt. Die Unternehmen investieren zwar ebenso viel wie andere Unternehmen in anderen Ländern, sie zahlen ihren Aktionären aber vergleichsweise wenig aus. Die Auszahlungsquote vom Gewinn liegt lediglich bei gut 21%. Im weltweiten Durchschnitt liegt die Quote bei 40%.

Ob das Vorhaben der Regierung das optimale Mittel ist, die Wirtschaft anzukurbeln, sei dahingestellt. Dumm ist es aber nicht. Das Horten von Geld entzieht der Wirtschaft letztlich Mittel. Tragen Unternehmen das Geld zur Bank, dann kann auf anderer Seite wieder mehr Kredit vergeben werden. Es bringt langfristig jedoch wenig, wenn die Unternehmen massiv Geld bei der Bank liegen haben, während Konsumenten sich überschulden. Die Unternehmen werden ja kaum die Kredite der Konsumenten abbezahlen, wenn diese sich nicht weiter verschulden können. Der effizienteste Weg ist immer die Geldzirkulation. Auf der einen Seite sparen und auf der anderen Seite Kredit vergeben funktioniert bis zu einem gewissen Grad – aber auch nicht ewig. Früher oder später muss das Geld auch in die andere Richtung fließen, sonst kollabiert das System.

Die Idee Koreas ist gar nicht so schlecht und kann die Wirtschaft tatsächlich ankurbeln. Es ist auch effizienter das Geld über Dividenden oder Investitionen unter die Leute zu bringen, als das Geld als Steuern abtreten zu müssen. Der Staat wäre da ein unnötiger Intermediär, der wahrscheinlich dann auch noch ineffizienter ist.

Vielleicht sollten in Europa Regierungen auch anfangen über solche Lösungen nachzudenken und nicht das Monopol für Konjunkturprogramme zu beanspruchen, zumal die Programme meist sinnlos Geld zum Fenster hinauswerfen. Man erinnere sich an 2009. Damals wurden in Spanien massenweise Bürgersteige (in gutem Zustand) erneuert. Das sieht dann vielleicht schöner aus, bringt jedoch weniger, als z.B. in den Ausbau des Schnellzugnetzes zu investieren. So etwas lässt sich zwar nicht von heute auf morgen umsetzen (bei einem Bürgersteig fange ich einfach am nächsten Tag an zu arbeiten), aber niemand hindert Regierungen daran einen Katalog an sinnvollen Investitionen zu führen, anstatt in der Rezession vollkommen überrumpelt zu werden und wie blöd um Milliarden Bürgersteige zu sanieren.

Zugegeben, nicht in allen Ländern Europas schreiben Unternehmen gerade hohe Gewinne. In einigen Ländern liegt das mitunter daran, dass die Regierung durch Sondersteuern den Gewinn so gut wie ganz abschöpft.

Koreas Konzept ist sicherlich nicht der Stein der Weisen. Viel schlechter als das, was in Europa passiert ist es allerdings bestimmt auch nicht.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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