Kommentar
10:35 Uhr, 29.05.2015

Alternative Investments: Wie wäre es mit Farmland?

Landwirtschaft und Farmland klingen nicht nach spannenden Investments. Viele Anleger blicken daher an dem Segment vollkommen vorbei. Das ist ein Fehler.

Ein bekanntes Zitat von Mark Twain zum Thema Land bringt es auf den Punkt: „Buy land, they’re not making it anymore.“ Sinngemäß heißt das soviel wie: Kaufe Land, es wird kein neues mehr gemacht. Da hat er Recht. Die Landfläche der Erde ist begrenzt. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung, landwirtschaftliche Nutzflächen schrumpfen und die Ernährungsgewohnheiten der Menschen ändern sich. All das sind Faktoren, die Farmland wie ein gutes, langfristiges und idiotensicheres Investment erscheinen lassen.

Die Weltbevölkerung wird derzeit auf ca. 7,3 Mrd. Menschen geschätzt. Mindestens bis 2045 wird die Zahl weiter steigen. Die U.N. arbeitet mit drei Szenarien.

- Im ersten Szenario, in dem die Weltbevölkerung nur langsam wächst, steigt die Zahl der Menschen bis 2050 auf 8,1 Mrd.

- Im zweiten Szenario, dem moderates Wachstum zugrunde liegt, steigt die Zahl bis 2050 auf 9,4 Mrd. und

- im Hochwachstumsszenario auf 10,7 Mrd.

Unabhängig davon welches Szenario wirklich eintritt kann man mit sehr hoher Sicherheit sagen, dass die Weltbevölkerung in den kommenden Jahrzehnten weiter wachsen wird.

Eine wachsende Weltbevölkerung bringt einige ganz natürliche Folgen mit sich. Menschen müssen ernährt werden. Ein Anstieg von 7,3 auf 9,4 Mrd. Menschen bis 2050 entspricht einem Wachstum von knapp 30%. Daraus ergibt sich ein Mehrbedarf an Ackerland von 60%. Der überproportionale Anstieg liegt nicht daran, dass Menschen auf einmal so viel mehr essen werden, sondern an den sich ändernden Essgewohnheiten. In vielen Ländern war Fleisch in der Vergangenheit für einen Großteil der Bevölkerung kaum erschwinglich. Mit der wirtschaftlichen Entwicklung und steigendem Wohlstand ist das anders. Die Nachfrage nach Tierprodukten steigt rasant an. Ackerland wird daher zu einem Großteil gebraucht, um Tierfutter herzustellen (z.B. Mais).

In China werden jährlich etwas über 200 Mio. Tonnen an Nahrungsmittel konsumiert. Um diese 200 Mio. Tonnen herzustellen, werden 500 Mio. Tonnen benötigt. In China werden also 2,5 Kilogramm gebraucht, um 1 Kilogramm Nahrungsmittel herzustellen. Der Verlust von Input lässt sich u.a. auf Tierprodukte zurückführen. Wer einen Kilo Fleisch haben will, muss das Tier erst einmal mit sehr viel mehr Kilos füttern.

Land ist begrenzt. Die Weltbank schätzt, dass ungefähr 10,75% der Gesamtlandfläche auf der Erde als Ackerland geeignet ist. Dieser Prozentsatz wird in der Tendenz sinken. Das liegt unter anderem an dem sich wandelnden Klima. Viele früher fruchtbare Regionen sind inzwischen nicht mehr als Anbauland geeignet, weil z.B. zu wenig Regen fällt. In Ländern wie den USA wird die fortschreitende Wüstenbildung und Trockenheit einfach durch künstliche Bewässerung umgangen, aber auch das hat Grenzen. Das sieht man gerade in Kalifornien, wo eine lange Dürreperiode die Wasservorräte fast komplett aufgebraucht hat.

Kurz zusammengefasst kann man sagen: Ackerland wird dringend gebraucht. Die Weltbevölkerung wächst und muss ernährt werden. Gleichzeitig müssen all die Menschen auch irgendwo hin und Städte entstehen selten an Orten, wo man das Land nicht für die Landwirtschaft gebrauchen könnte. Wohngebiete nehmen für gewöhnlich Ackerland weg.

Nimmt man an, dass die Produktivität konstant bleibt, dann würde das Land gerade so ausreichen, um die Weltbevölkerung im Jahr 2050 noch zu ernähren. Die Produktivität nimmt grundsätzlich weiter zu. Daher muss man nicht damit rechnen, dass das Land nach 2050 nicht mehr ausreicht, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Um das zu gewährleisten sind hohe Investitionen notwendig, aber auch dann wird Land, welches fruchtbar ist, immer wertvoller werden.

Wie die Entwicklung aussehen kann, das zeigt die Historie des Preises von Agrarland in den USA. Daten reichen zurück bis ins 19. Jahrhundert. Die in Grafik 1 dargestellte Historie beginnt 1910. Sie zeigt das, worauf es ankommt: die Preise für Farmland steigen langfristig. Sie bewegen sich aber auch in langen Zyklen. Von 1910 bis in die 1930er Jahre sanken die realen Agrarlandpreise um insgesamt 50%. Darauf folgte eine lange Aufwärtsbewegung. Ein Hektar kostete zu Beginn dieser Bewegung knapp 400 USD. Am Ende waren es 2.200.


Der schnelle Anstieg der Preise in den 70er Jahren ist vor allem auf die hohen Rohstoffpreise zurückzuführen. Die 70er Jahre waren nicht nur durch hohe Ölpreise gekennzeichnet, sondern durch hohe Preise bei fast allen Rohstoffen, ob Energie, Agrarrohstoffe oder Metalle.
Dem schnellen Anstieg der Preise folgte wieder eine Halbierung der Werte. Grund dafür waren nicht nur niedrigere Rohstoffpreise, sondern auch steigende Zinsen. Die Inflation war wegen der Rohstoffpreise hoch. Die Teuerungsrate wurde durch hohe Zinsen bekämpft. Als dann die Inflation zu sinken begann, weil die Rohstoffpreise wieder fielen, hatten sich viele Farmer zu hohen Zinsen verschuldet. Es kam zum Platzen einer Agrarland-Spekulationsblase.
Heute fürchten einige Analysten, dass es wieder zum Platzen einer Blase kommen könnte. In den letzten 25 Jahren verdreifachten sich die Landpreise. Im Umfeld immer weiter sinkender Zinsen ist das nicht bedenklich, doch wenn die Zinsen nun wieder steigen, dann könnte es kritisch werden.
Kritisch werden auch die Rohstoffpreise gesehen. Diese fallen seit 2 Jahren. Die Landpreise sind jedoch nach wie vor in einem soliden Aufwärtstrend. Diese Divergenz macht vielen Sorgen. Diese Sorgen sollte man jedoch nicht überbewerten. Grafik 2 zeigt die Preisentwicklung von Land und Weizen. Der Zusammenhang ist kaum zu erkennen.

Für den Preis von Land sind Rohstoffpreise nicht unerheblich. Rohstoffe wie Weizen und Mais sind allerdings hochvolatil. Würden die Preise der Gebiete diese Schwankungen mitmachen, dann würde sich der Wert von Land innerhalb eines Jahres regelmäßig verdoppeln oder halbieren. Das macht wenig Sinn. Nur weil Mais in einer Saison billig ist, bedeutet das noch lange nicht, dass ein Stück Land ebenfalls billig sein muss. Es kommt vielmehr auf den langfristigen Ertrag an, den man als Farmer erwirtschaften kann.
Dieser Ertrag kann sich sehen lassen. Grafik 3 zeigt die Nettoerträge des gesamten US Agrarlandes, also die Erträge nach Abzug aller Kosten, aber vor Steuern. In den letzten Jahren lagen die Vorsteuererträge bei über 100 Mrd. USD pro Jahr. Das entspricht einer Nettorendite von ca. 4%. Die Rendite ergibt sich durch die Teilung des Ertrages durch den Gesamtwert des Agrarlandes. Dieser Wert lag in den USA zuletzt bei gut 2,5 Billionen USD.

Die Preise von Agrarrohstoffen sind auf einem mehrjährigen Tief. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Preise noch einmal halbieren. Dennoch werden mit den niedrigen Priesen die Erträge in diesem Jahr deutlich sinken. Die Rendite könnte auf 3% fallen. Noch ist es aber zu früh einen so deutlichen Rückgang als gegeben hinzunehmen.
Sinkt die Rendite und steigen die Zinsen, dann ist das keine besonders gute Mischung, um Landpreise weiter steigen zu lassen. Einen Zinsanstieg darf man allerdings auch nicht überbewerten. Die Farmlandrendite liegt sehr nah an der Rendite 10 jähriger US Anleihen. Erst in den letzten Jahren haben sich beide Werte entkoppelt. Während Anleihen immer niedrigere Renditen einbrachten stieg die Rendite von Farmland leicht an. Die langfristigen US Zinsen könnten sich verdoppeln ohne einen signifikanten Effekt auf Agrarlandpreise zu haben.
Preisrückgänge kann man niemals ausschließen. Insgesamt sprechen für stabile Preise einige Faktoren, die US spezifisch sind. In der Tendenz wird die nutzbare Landfläche kleiner. Grafik 4 zeigt den Trend (schwarze Linie). In den vergangenen 25 Jahren sank die Fläche um durchschnittlich 0,4% pro Jahr. Das sind keine großen Sprünge, allerdings darf man nicht vergessen, dass die US Bevölkerung nach wie vor stark wächst. Nicht zuletzt sind die USA auch ein großer Exporteur von bestimmten Produkten wie Tiernahrung (Mais).

Der Trend der Landverknappung wird etwas konterkariert, da die Industrialisierung der Landwirtschaft noch positive Produktivitätseffekte liefert. Früher oder später wird man jedoch feststellen, dass die produzierten Mengen nicht mehr mit dem Bedarf mithalten können.

Keiner kann genau sagen, ob Agrarland in einer Preisblase steckt. Wirft man einen Blick auf die erste Grafik, dann ist die Diagnose wohl ziemlich deutlich. Die Entwicklung sieht sehr stark nach Übertreibung aus. Demgegenüber stehen einige Faktoren, die weiter steigende Preise begünstigen. Die Rendite ist selbst bei steigenden Zinsen noch angemessen. Die nutzbare Fläche sinkt kontinuierlich, der Bedarf steigt allerdings. Ebenso ist der Markt für Farmland von kurzfristig orientierten Anlegern kaum erschlossen. 78% der Farmlandkäufe werden von Farmern selbst getätigt, die relativ hohe Eigenmittel mitbringen.

Trotz allem kann es jederzeit – aus welchen Gründen auch immer – zu einem Preisrückgang kommen. Eine Mischung aus Rohstoffpreisen und zu schnell ansteigenden Zinsen lassen den Schluss zu, dass Farmland im Ernstfall zwischen 25 und 30% an Wert verlieren könnte. Wer wirklich langfristig orientiert ist (10 Jahre), den sollte das nicht abschrecken.

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  • Bradley
    Bradley

    Haben Sie mal versucht in Deutschland Ackerfläche oder Wald zu kaufe, Sie werden nichts bekommen, nur die, die schon eine Menge an Land besitzen können noch zukaufen, alle anderen haben "Null-Chancen" auch nur einen Hektar fruchtbares "Gelände" zu bekommen. Diese "Renditeträger" sind schon längst verteilt. Der typische "Kleinanleger" hat, wie an der Börse auch, den Einstieg lange verpasst.

    20:20 Uhr, 29.05.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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