Allwetter-Strategien - die Suche nach dem heiligen Gral
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„Einmal kaufen und dann liegenlassen" wird heute gerne als Anlage-Trend aus grauer Vorzeit bezeichnet – Börsenlegende André Kostolany hat diese Vorgehensweise noch in der für ihn typischen Bildersprache mit der bekannten „Schlaftabletten-Theorie" verknüpft. Und dennoch, verbindet man damit aus Investorensicht gleich eine ganze Anlage-Strategie, so könnte man in diesem Zusammenhang sogar von dem eigentlichen Königsweg sprechen. Leider funktionieren die meisten Strategien immer nur in einem ganz bestimmten Börsenumfeld bzw. über einen begrenzten Zeitraum. Dies zeigen auch die einschlägigen Zertifikate mit samt ihren einst glänzenden Rückrechnungen. Der Grund ist ganz einfach. Die Börse als Zusammenwirken sämtlicher Marktkräfte funktioniert immer wieder ein klein wenig anders und lässt sich deshalb auch kaum aus der Vergangenheit heraus hinreichend prognostizieren, eine Entwicklung, die in Zukunft sicher tendenziell noch zunehmen dürfte. Aktuelles Beispiel, das den bei vielen Zertifikate-Strukturen besonders beliebten Euro STOXX 50 als Basiswert betrifft: Das gerade seit der EU-Krise signifikant schlechtere Abschneiden dieses eigentlich breiter aufgestellten, aber leider auch weit stärker bankenlastigen Index gegenüber dem DAX mit einer Underperformance auf Tagesbasis von teilweise bis zu mehreren Prozentpunkten. Wer hätte sich solch starke Performance-Unterschiede vor einiger Zeit auch nur annähernd vorstellen können, als er ganz selbstverständlich zu einem auf dem ersten Blick deutlich attraktiveren Euro STOXX 50-Papier griff? Geht diese Entwicklung so weiter, was im Rahmen der Verlagerung der Finanzkrise auf Länderebene durchaus zu befürchten ist, dürfte sich der beliebte Basiswert bald eher zu einem Ladenhüter entwickeln, auch wenn im Einzelfall eine noch so interessante Struktur dahinter steht. Anleger könnten deshalb zumindest aus heutiger Sicht besser beraten sein, zukünftig Produkte zu bevorzugen, die sich auf das EU-weit möglicherweise noch sicherste Land respektive dessen Index, den DAX beziehen. Ganz clevere Vertreter könnten sich den starken Performancevorsprung des Deutschen Aktienindex gegenüber seinem Euroland-Pendant von mittlerweile schon über elf Prozent beim Kurs- bzw. gut neun Prozent beim Total-Return-Index allein in diesem Jahr sogar ganz einfach über einen selbst gestrickten, marktneutralen Long-Short-Ansatz bestehend aus passenden Einzel-Zertifikaten zunutze machen. Allerdings müsste die Entwicklung dann auch entsprechend so weitergehen und eine signifikante Aufholbewegung des Euro STOXX 50 ausbleiben, da es für die Vergangenheit schließlich keine Meriten mehr zu verdienen gibt.
Ob long oder short – „RADA" hat das letzte Wort
Bei der Suche nach Strategie-Zertifikaten, die sich bereits seit einigen Jahren erfolgreich am Markt behaupten konnten und sich auch durch die Finanzkrise nicht aus der Bahn werfen ließen, trennt sich relativ schnell die Spreu vom Weizen. Ein bislang durchaus interessanter Ansatz, der sich in den beiden bereits 2007 noch zu besten Börsenzeiten aufgelegten Produkten auf den DAX (UB0C7S) und Euro STOXX 50 (UB0C7T) wiederfinden lässt, kommt von der UBS und nennt sich Risk Adjusted Dynamic Alpha oder kurz „RADA". Die relativ komplexe Strategie mit voller Dividendenanrechnung misst dabei auf täglicher Basis in einem ersten Schritt über einen acht Kennziffern (Volatilität, Credit Spreads, etc.) enthaltenden Indikator Risikobereitschaft, Stimmung und Aktienpositionierung des Marktes. Die eigentliche Anlage im zugrundeliegenden Index wird dann im zweiten Schritt laufend anhand des jeweiligen Indikatorwertes vorgenommen. Fällt dieser sehr hoch oder sehr niedrig aus, was auf einen überkauften bzw. überverkauften Markt hindeutet, oder liefert er kein klares Ergebnis, wird das Kapital am Geldmarkt geparkt. Nimmt der Indikator einen moderat positiven bzw. entsprechend negativen Wert an, investiert der Ansatz in eine Long- bzw. Short-Position in den DAX bzw. Euro STOXX 50. In der Summe konnten beide Zertifikate mit einer Performance von rund 25 bzw. 22 Prozent seit Auflage und Zugewinnen auf 12-Monatssicht von 15 bzw. knapp 13 Prozent durchaus überzeugen, auch wenn es speziell im Frühsommer 2009 zu einem deutlicheren Rücksetzer kam. Dafür legte die Strategie im für Aktien sehr schwierigen Jahr 2008 sehr deutlich zu und unterstrich damit ihre grundsätzliche Eignung in Abwärtsphasen.
Das Zauberwort für Erfolg heißt TSI
Wer nach einem Allround-Performer am Zertifikatemarkt forscht, stößt unweigerlich auf das bereits 2003 vom „Aktionär" entwickelte und von der Deutschen Bank in drei Endlos-Papieren umgesetzte TSI-Modell (Trend-Signale-Indikator), das völlig frei von emotionalen Bindungen und fundamentalen Gesichtspunkten rein quantitativ anhand der Aktienkursentwicklung auf Wochenbasis die Anlageentscheidungen trifft. Der Ansatz verfolgt dabei nach dem Prinzip der „relativen Stärke" das Ziel, besonders trendstarke Aktien herauszufiltern. Die Deutsche Bank hat den systematischen Auswahlmechanismus 2006 in zwei TSI-Zertifikate auf den sogenannten H-DAX (DB0TS1 und DB0TS2), der die Aktien aus DAX, TecDAX und MDAX abbildet, sowie ein Produkt auf den Nasdaq-100 (DB0TS3), übernommen. Auch hier kann sich das Ergebnis mehr als sehen lassen. So kann das „bessere" der beiden H-DAX-Produkte, das TSI-2, seit seiner Auflegung im Frühjahr 2006 eine Performance von fast 180 Prozent vorweisen. Auch das TSI-1-Papier war mit einem Plus von mehr als 100 Prozent immer noch sehr erfolgreich. Ganz besonders augenfällig ist die extreme Outperformance zu den breiten Aktien-Indizes seit der Kurserholung im März 2009, was sich gerade auch an den starken Zugewinnen auf Jahresbasis von gut 140 Prozent (TSI-2) bzw. über 120 Prozent (TSI-1) ablesen lässt. Die Gründe liegen vor allem in der Berücksichtigung von Kursraketen des letzten Jahres wie z.B. Infineon, Dialog Semiconductor, Aixtron oder zuletzt auch Pro SiebenSat1 Media. Der außergewöhnliche Erfolg zeigt, dass die Strategie in steigenden Märkten quasi wie ein Hebel wirkt, wobei die geringe Aktientiefe bei einer Maximalgewichtung von bis zu 40 Prozent für einen Einzelwert auch ein gewisses Klumpenrisiko in sich birgt, wenn es erst einmal zu starken Gewinnmitnahmen auf breiter Front kommt. Auf der anderen Seite kann es eine entsprechende Qualität der ausgewählten Aktien vorausgesetzt, auch in Abwärtsphasen zu einer Outperformance gegenüber der Benchmark kommen, was sich bereits im Katastrophenjahr 2008 beim TSI-2 mit einem kleinen erzielten Plus unter deutlichen Schwankungen erkennen ließ. Anleger sollten bei den TSI-Investments aber in jedem Fall mit einer erhöhten Volatilität rechnen.
Von Versicherungen lernen
Dass sich auch aus Notsituationen immer wieder reichlich Kapital schlagen lässt, beweist die Versicherungs- respektive Rückversicherungs-Branche immer wieder aufs Neue. Schließlich müssen die entstehenden Risiken ja von irgendjemandem übernommen werden. Warum sollte eine solche Form der Gewinnerzielung also normalen Anlegern verwehrt bleiben, dachte sich wohl auch die Credit Suisse bei der Auflage des IRIS- (Insurance Related Investment Solutions) Zertifikats (A0SN3Y), das sich auf die Übernahme von „schwerwiegenden Ereignissen mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit, wie z.B. Naturkatastrophen oder Luftfahrtunglücke" spezialisiert hat. In dem aktiv von Experten aus den Bereichen Versicherung, Physik und Meteorologie gemanagten Portfolio enthalten sind aktuell über 90 Einzelrisiken, die für die notwendige Diversifikation sorgen sollen. Aufgelegt Ende Januar 2008, als die Finanzkrise auch an den Finanzmärkten erstmals deutlich sichtbar wurde, hat das Papier trotz hoher Managementgebühr und 20-prozentiger Performance-Fee seine Versprechungen bislang in etwa eingehalten, die da heißen: Eine niedrige Volatilität von drei bis fünf Prozent und eine Nettorendite etwa in Höhe des 3-Monats-Libor zuzüglich acht Prozent. Summa summarum ergibt das bislang eine Rendite wie an der Schnur gezogen von fast 8,5 Prozent p.a. Betrachtet man die immer mehr in ähnlichen Bahnen verlaufende Entwicklung an den Aktien- oder Rohstoffmärkten, erkennt man auch einen weiteren Vorteil dieser etwas anderen Strategie: Die in diesem Fall wohl tatsächlich geringe Korrelation zu traditionellen und anderen alternativen Anlageklassen.
Wie die drei zum Teil sehr unterschiedlichen Beispiele bereits andeuten, lassen sich Trend hin oder her, mit der richtigen Strategie im Gepäck durchaus auch negative Börsenphasen unbeschadet überstehen ohne gleich hektisch in Aktionismus verfallen zu müssen. Dazu bedarf es aber weder Schlaftabletten noch irgendwelcher Beruhigungspillen, sondern einfach etwas Geduld und dem richtigen Händchen bei der Auswahl des passenden Produkts. Da man aber an der Börse niemals weiß, was kommt, kann das Ganze natürlich immer nur eine Momentaufnahme darstellen.
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