Kommentar
09:52 Uhr, 18.06.2021

Alles, nur keine US-Aktien?

Die große Zeit und Outperformance des US-Marktes ist vorbei. Es heißt umschichten.

Der US-Aktienmarkt lief anderen Märkten jahrelang davon. Dafür gab es gute Gründe. Die Outperformance begann kurz nach der Finanzkrise. Im Gegensatz zu Europa konnten die USA die Krise relativ schnell abhaken. Banken wurden ausreichend rekapitalisiert und die Notenbank ging mit mehreren QE-Programmen aggressiv vor. In Europa entfaltete sich die Schuldenkrise erst ab 2011 so richtig. Es dauerte bis 2015 bis die EZB ihr eigenes Anleihekaufprogramm startete. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Fed ihre Programme bereits beendet. Der Unterschied konnte kaum größer sein. Nordamerika boomte, Europa fasste gerade erst Tritt. Auch nach dem Ende der Eurokrise mangelte es in Europa an Wachstum. Einige Länder kämpfen immer noch mit hohen Kreditausfallquoten und einem labilen Bankensystem. Dass die USA da dynamischer wachsen, ist kein Wunder. Entsprechend konnte auch der Aktienmarkt outperformen.

Das galt auch in den Jahren nach der Eurokrise. Noch immer wuchsen die USA schneller. Vor allem aber waren es die Technologiegiganten, die den Aktienmarkt antrieben. Ein Großteil der Performance des S&P 500 lässt sich auf die Performance von Schwergewichten wie Apple, Microsoft, Facebook oder Amazon zurückführen.

Zuletzt waren die USA auch bei der Impfkampagne schneller. Das gab Anlegern wieder einen guten Grund, auf die USA zu setzen. Nun holt Europa auf und es hat gegenüber den USA einen großen Vorteil: die Bewertung stimmt. Der US-Markt ist mit Abstand am höchsten bewertet (Grafik 1). Das 10-Jahres-KGV des S&P 500 steht bei fast 40 und beim Nasdaq bei fast 60.


Eine höhere Bewertung zählt. Je höher ein Markt heute bewertet ist, desto geringer ist die Rendite in den kommenden Jahren. Wer das nicht glaubt, muss nur einen Blick auf den Chart des Nasdaq 100 werfen. Nach dem Exzess der Jahrtausendwende dauerte es bis 2016 bis neue Hochs erreicht wurden.

Die hohe Bewertung aus dem Jahr 2000 sah das voraus (Grafik 2). Die Rendite folgt penibel der prognostizierten Rendite. Aufgrund der hohen Bewertung im Jahr 2000 sollte die Rendite des Index im Jahr 2010 (gemessen über die vergangenen 10 Jahre) bei gerade einmal einem Prozent pro Jahr liegen. Tatsächlich war es noch schlimmer. Die Rendite lag im negativen Bereich.


Bewertung zählt. Das will niemand glauben, wenn man mitten in einem Trend steckt, ändert aber an den Tatsachen nichts. Aktuell deutet die Bewertung daraufhin, dass der Rest der Welt den US-Markt outperformen wird. Seit Anfang 2021 konnte der Euro Stoxx 50 den S&P 500 bereits leicht abhängen.

US-Aktien sind deswegen nicht schlecht. Die Rendite dürfte in den kommenden Jahren einfach nur geringer ausfallen als im Rest der Welt. Wer also ein besonders starkes Gewicht auf US-Aktien legt, sollte über eine globale Diversifizierung nachdenken.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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