Kommentar
11:11 Uhr, 22.09.2010

Alles „easy“ oder was?

Das Anleger-Dasein am Zertifikatemarkt kann so „easy“ sein, wenn man nur auf die gleichnamigen Produkte setzt. Warum sich da noch mit zweideutigen Varianten-Bezeichnungen oder komplizierten Funktionsweise-Erklärungen herumschlagen, wenn im Prinzip alles so einfach ist. Die WestLB hat dies schon längst erkannt und bietet Anlegern neben diversen herkömmlichen Strukturen zum Teil auch die „Sorgenfrei-Version“ an. Da greift man schnell mal zum Easy-Bonus-Papier oder entsprechend titulierten Kupon-Produkt, von dem Easy-Gewinner-Zertifikat ganz zu schweigen, das eigentlich jeder in seinem Depot haben müsste, zumindest wenn`s nach dem Namen geht. Doch lange Rede kurzer Sinn - hinter dem Ganzen steckt tatsächlich eine einfache Logik, die besagt, dass für die Barrieren oder Schwellen der „Easy-Produkte“ das Stichtagsprinzip gilt. Der erhobene Zeigefinger versehen mit der gleichzeitigen Warnung, dass der jeweilige Basiswert zu keinem Zeitpunkt während der gesamten Laufzeit eine bestimmte Marke berühren, unter- oder überschreiten darf, ist hier also überflüssig, da diese immer nur an einem bestimmten Tag meist kurz vor Fälligkeit aktiv bzw. angreifbar ist und zwischenzeitliche Schwellenverletzungen somit hinfällig sind. Der Fachmann spricht in diesem Zusammenhang auch gerne von einer europäischen Ausübung des zugrundeliegenden Optionsgeschäfts. Ein unschätzbarer Vorteil gegenüber der klassischen Variante, wenn man von relativ normalen Börsenverhältnissen ausgeht, der den etwas höheren Preis auch vielfach durchaus rechtfertigen dürfte.

Schlägt man den aktuellen Zeichnungskalender der westlichen Landesbänker einmal auf, stößt man schnell neben diversen gecappten Papieren auf Einzelaktien auf ein neues Easy-Bonus-Produkt auf den Euro STOXX 50 mit einer stolzen fünfjährigen Laufzeit. Der Anleger erspart sich hier den ganzen Zeitraum über dank des „Easy-Effekts“ die Gefahr des „Knockens“ der nach Zeichnungsende am 8. Oktober bei 50 Prozent des Startniveaus festzulegenden Barriere. Denn für ihn ist nur der finale Schlusskurs am 08.10.2015 entscheidungsrelevant. Sollte der Index dann nicht 50 Prozent oder mehr an Wert seit Emission verloren haben, käme es automatisch zu einer Auszahlung, die sich nach der Indexentwicklung richtet, mindestens aber einen zwischen 23 und 28 Prozent liegenden Bonusbetrag enthält. Ansonsten müsste natürlich der tatsächliche Verlust realisiert werden.

Eine weitere Neuemission hört auf den Namen Easy-Kupon-Zertifikat und bezieht sich auf den gleichen Basiswert. Die Laufzeit diesmal nur zwei Jahre. Statt einer Rendite-Chance bei Fälligkeit erhält der Investor bei diesem Produkt jedes Jahr eine fixe Kupon-Erstattung von 4,25 Prozent p.a. Dass es diese deutlich über dem allgemeinen Zinsniveau liegende Auszahlung nicht ohne ein gewisses Risiko gibt, dürfte eigentlich klar sein. So hängt die Rückzahlung des Nennbetrags vom Indexstand am Bewertungstag bei Laufzeitende ab. Sollte er über der bei 50 bis 55 Prozent fixierten Kursschwelle liegen, kommt es zur Nominaltilgung, im anderen Fall wird die negative Wertentwicklung eins zu eins an den Anleger weitergegeben.

Bleibt noch das maximal dreijährige Easy-Gewinner-Zertifikat auf den altbekannten „Weltindex“ bestehend aus Euro STOXX 50, S&P 500 und Nikkei 225. Wer mit der Funktionsweise von „Memory“-Express-Zertifikaten vertraut ist, dürfte auch dieses Produkt schnell verstehen. Allerdings wird hier jeder Index einzeln betrachtet. So kommt es nur dann zur vorzeitigen Fälligstellung, wenn jeder Basiswert an dem jeweiligen jährlichen Stichtag über der bei 90 Prozent fixierten Tilgungsschwelle notiert. Für die jährliche Kuponzahlung in Höhe von zehn Prozent, die auch in den folgenden Perioden nachgeholt werden kann, ist eine ebenfalls zwischen 50 und 55 Prozent des Auflageniveaus festgelegte Barriere ausschlaggebend, die wiederum bei Endfälligkeit, wenn es zu keiner Vorzeittilgung gekommen ist, auch für die Rückzahlung des Nennbetrags gilt. Auf oder unter dieser Marke ginge es dann auch hier in die Verlustzone, wobei wegen des geltenden „Worst-of“-Prinzips die Wertentwicklung des seit Emission schlechtesten Index maßgeblich wäre.

Der BörseGo Tipp:
So „easy“ sich die Produkte zumindest bei der WestLB anhören, so „easy“ sind sie eigentlich auch zu verstehen, wenn man weiß, dass hier das nervenschonende Stichtagsprinzip zum Einsatz gelangt. Durch die ansonsten auch schon von vornherein relativ defensive Ausrichtung, eignen sie sich für den etwas konservativeren Anleger, der selbst entscheiden muss, ob er eher zum langlaufenden Bonus-Papier mit unbegrenzter Performance-Chance, zum sicheren Kupon-Lieferanten für die nächsten zwei Jahre oder zu einer sehr flexiblen Express-Variante neigt.

Euro STOXX 50 Easy-Bonus-Zertifikat

Emittent/WKN:

WestLB / WLZ0WL

Laufzeit:

15.10.2015

Preis: (in Zeichnung: 13.09.10 – 08.10.10)

Ausgabepreis: 1000 € (zzgl. 2 % Agio)

4,25% p.a. Euro STOXX 50 Easy-Kupon-Zertifikat

Emittent/WKN:

WestLB / WLZ0WD

Laufzeit:

24.09.2012

Preis:

Ausgabepreis: 1000 € (zzgl. 1 % Agio)

Easy-Gewinner-Zertifikat

Emittent/WKN:

WestLB / WLZ1CJ

Laufzeit:

08.10.2013

Preis: (in Zeichnung: 20.09.10 – 01.10.10)

Ausgabepreis: 1000 € (zzgl. 1 % Agio)

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate

Bitte vergessen Sie nicht, sich an unserer wöchentlichen Zertifikate-Umfrage unter dem folgenden Link zu beteiligen: http://www.godmode-trader.de/Zertifikate

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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