Kommentar
08:40 Uhr, 24.03.2020

Aktienmarkt: Zu viel Angst

Anleger leben gerade lieber ein Schrecken ohne Ende als ein Ende mit Schrecken.

Das Sprichwort sagt eigentlich: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Anleger kehren dies gerade um. Die Nerven liegen blank und Angst greift immer noch um sich. Am Ende des Tunnels gibt es kein Licht. Man kann sich tatsächlich Szenarien vorstellen, die dem Ende der Welt gleichkommen. Man denke nur an die Spanische Grippe vor 100 Jahren. Diese breitete sich in drei Wellen aus. Die erste Welle ging Anfang 1918 um die Welt, die zweite im Herbst 1918 und die dritte ein Jahr nach der ersten. Überträgt man das auf die heutige Zeit, droht im Herbst bereits die nächste Covid-Welle.

Wenn man ein solches Szenario vor Augen hat, ist die Angst verständlich. Heute steht die Welt still. Bei jeder weiteren Welle wird das kaum anders sein. Wenn die Wirtschaft auch nur ein zweites Mal durch einen Stillstand gehen muss, können Regierungen nicht mehr viel tun.


Schon jetzt werden die ganz großen Geschütze aufgefahren. Vom größten globalen QE-Programm bis hin zu unbegrenzten Kreditgarantien ist alles dabei. Es fällt schwer sich die nächste Stufe vorzustellen. Wenn bereits jetzt so viel getan werden muss, was muss dann erst geschehen, wenn sich der Prozess wiederholt?

Die Frage ist auch, ob wir uns eine zweite Welle überhaupt leisten können. Es gibt Länder mit fiskalischem Spielraum. In anderen Ländern, Italien etwa, ist das nicht der Fall. Der Versuch, die Wirtschaft zu retten kann manche Staaten selbst in Schieflage bringen. Dann hätten wir eine Wirtschafts- und Schuldenkrise. Man mag sich gar nicht vorstellen, was das für Aktien bedeutet.

Man kann sich tatsächlich ein Schrecken ohne Ende vorstellen. Muss man aber nicht. Im Gegensatz zu früheren Pandemien haben wir heute ein ganz anderes Gesundheitssystem. Gewiss, es stößt auch jetzt an die Grenzen. Zu 1918 ist es dennoch überhaupt kein Vergleich.

Auch das Verständnis über die Ausbreitung und deren Eindämmung ist heute ein ganz anderes als vor 100 Jahren, von der Möglichkeit einen Impfstoff zu entwickeln einmal ganz abgesehen. Man kann sich also auch ein positives Szenario vorstellen. Die Quarantäne begrenzt die Ausbreitung. Eine zweite Welle wird verhindert bzw. es gibt bis dahin einen Impfstoff.

In diesem Fall haben wir die größte Geldschwemme aller Zeiten, die dafür sorgt, dass der Konjunktureinbruch innerhalb von zwei Quartalen wieder ausgebügelt ist. Es gibt gute Gründe, weshalb man entspannter sein könnte als es Anleger derzeit sind. Sie waren es jedenfalls vor 100 Jahren, obwohl drei Wellen die Welt erschütterten und sich die Welt im Ersten Weltkrieg befand. Der Markt verlor damals nicht mehr als er heute bereits verloren hat. Die Lage war damals allerdings sehr viel schlimmer als jetzt.

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2 Kommentare

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  • rotbart
    rotbart

    Könnte es denn nicht sein, dass sich die Aktienmärkte 1917 wegen des 1. Weltkriegs bereits auf gedrücktem Niveau befanden? Das würde doch die Aussage, dass der Absturz heute heftiger ist als damals, in einem anderen Licht erscheinen lassen.

    Demgegenüber haben sich unsere Aktienmärkte auf einem sehr sportlichen Niveau befunden, als SARS-CoV-2 die Bühne betrat. Sie haben sich sogar noch ein bisschen nach oben geschraubt, während China den Laden für ein paar Wochen komplett dicht gemacht hat. Absurd.

    Ich finde auch, dass wir durch die größere Mobilität heute (Flugzeuge, Autos usw.) im Vergleich zu damals eine deutlich schnellere Ausbreitung auf dem gesamten Globus bekommen als damals. Ja, die Medizin hat sich weiter entwickelt, und das ist ein Vorteil. Aber die Mobilität wird bei einer Pandemie eben zum Nachteil. Nicht umsonst ist das Virus bereits in fast jedem Land. Das ist damals doch alles etwas langsamer abgelaufen.

    Zu guter Letzt ist die Welt heute "globalisiert". Die Lieferketten waren damals nicht annähernd so verzahnt wie heute. Der Schock für die Wirtschaft, v.a. das verarbeitende Gewerbe, ist doch also viel größer.

    Diese Aspekte finde ich schon wichtig beim Vergleich mit der spanischen Grippe.

    14:52 Uhr, 24.03.2020
  • baumgartner
    baumgartner

    Wie siehts aus wenn man das Shiller KGV von damals mit jetzt vergleicht? Aktuell kommen 2 Dinge zusammen, Corona-Epidemie und eine Phase der maximalen Marktübertreibung gesponsert durch die Zentralbanken.

    08:48 Uhr, 24.03.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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