Kommentar
16:19 Uhr, 17.12.2018

Aktienmarkt: Sorgen ja, aber keine Untergangsstimmung angebracht

Die mediale Aufarbeitung der Kursverluste kann man nur mit dem Wort Untergangsstimmung bezeichnen. So schlimm ist die Lage aber absolut nicht.

Untergang, Crash, Katastrophe usw. liest man in diesen Tagen häufiger. Tatsächlich verläuft die Korrektur bisweilen heftig und keiner weiß, was als nächstes geschehen wird. Die Lage ist auf Messers Schneide. Man darf sich Hoffnungen machen, dass es am Ende doch nicht so schlimm wird. Andererseits sieht es wirtschaftlich nach einer starken Abkühlung aus.

Emotional ist man als Anleger hin und hergerissen. Die Lage hat das Potenzial richtig zu eskalieren und keiner will voll investiert sein, wenn wir auf ein Szenario wie 2008 zulaufen. Die Angst vor Verlusten ist eine starke Motivation.

Macht man einmal einen Schritt zurück und versucht die Lage nüchtern zu betrachten, dann sieht es gar nicht so schlimm aus. Ein wichtiger Indikator für den Zustand der Wirtschaft ist das Kreditwachstum (Grafik 1). Das Gesamtwachstum verharrt seit einiger Zeit im Bereich von 3 %. Bei Unternehmenskrediten sieht es anders aus. Hier wird kräftig zugegriffen. Das Wachstum steuert auf 10 % zu.


So hohes Kreditwachstum sieht man nicht, wenn sich die Wirtschaft am Abgrund befindet. Es mag einem schwerfallen, das zu glauben, aber die US-Wirtschaft befindet sich nicht im freien Fall. Die Dynamik der letzten Quartale ist passé. Auch das muss man fairerweise sagen. Das ist allerdings alles andere als eine Katastrophe.

2018 wurde das Wachstum aus Washington angeschoben. Diese Sonderfaktoren ebben jetzt ab. Eine Verlangsamung des Wachstums ist absolut normal und war auch nicht anders zu erwarten. Wenn daran überhaupt etwas überrascht, dann eher, dass es überhaupt als Überraschung aufgefasst wird.

Nachlassende Dynamik treibt Anlegern Angstschweiß auf die Stirn. Zu allem Überfluss invertierte die Zinskurve in der vergangenen Woche im Bereich von 2 bis 5 Jahren. In der Vergangenheit deutete das eine Rezession an. Vielleicht befinden sich die USA auf dem Weg dorthin. Doch auch das rechtfertigt die Untergangsstimmung nicht.

Aktienmarktperformance und Zinskurve sind miteinander verflochten (Grafik 2). Eine Abflachung bedeutet im Normalfall, dass der Markt an Dynamik verliert. Invertiert die Kurve, kommt es zu einer negativen Performance. Diese war in den letzten beiden Rezessionen besonders ausgeprägt.

Die letzten beiden Rezessionen waren allerdings Ausnahmen. Nicht jedes Mal ist mit einer Finanzkrise zu rechnen. Es platzt auch nicht jedes Mal die Technologieblase. Eine negative Performance von 10 % auf Jahressicht reicht absolut aus, um die Inversion abzuarbeiten.

Die Korrektur kann also noch weitergehen und die US-Indizes noch einmal 10 % drücken. Danach ist die Luft draußen und alles, was vielleicht korrigiert werden musste, ist dann korrigiert. Persönlich sehe ich die Lage also keineswegs so düster. Geht es vom jetzigen Niveau noch einmal 10 % nach unten, sind das Kaufkurse.

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2 Kommentare

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  • Johnny Depp
    Johnny Depp

    Wie oft in den vergangenen Monaten das Wort Crash im Zusammenhang mit den Aktienmärkten in den Medien in den Mund genommen wurde, ist schon erstaunlich. Die US-Aktienmärkte stehen zwischen 10% und 15% im Minus (gerechnet von den Höchstständen) und alles Mögliche wird als Begründung für den kommenden Zusammenbruch genannt.

    Nein, ich bin bei Herrn Schmale und erwarte nach den ausgesprochen gesunden Korrekturen nunmehr eine Bodenbildung. Weitere 10% Verlust sind sicherlich nicht auszuschließen, aber man sollte nicht zwingend darauf warten.

    16:36 Uhr, 17.12.2018
  • tschak
    tschak

    Ich bin als LANGFRISTINVESTOR eigentlich sehr zufrieden mit der AKTIENMARKT-Entwicklung der letzten Monate. Man braucht immer wieder ein RESET retour zu "normalen" Bewertungs-Levels. So ist der Kreislauf der AKTIENMärkte !!

    16:31 Uhr, 17.12.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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