Kommentar
08:26 Uhr, 27.04.2020

Aktienmarkt: Können neue Tiefs nun ausgeschlossen werden?

Der Aktienmarkt ist viel robuster als es die meisten erwarten hatten. Viele warten auch noch auf eine zweite Abwärtsbewegung oder sogar neue Tiefs. Ist diese Erwartung gerechtfertigt?

Im Vergleich zu früheren Bärenmärkten ist der aktuelle noch relativ jung. Es ist gerade einmal zwei Monate her als die meisten Indizes noch neue Hochs erreichten. Es waren aber zwei lange Monate. Erst wollte der Markt keinen Boden finden und Crashpropheten verkündeten das Ende der Welt, dann folgte eine Monsterrally, die einfach nicht enden will. Ein durchschnittlicher Bärenmarkt dauert länger als ein Jahr. An diesem Bärenmarkt ist aber überhaupt nichts durchschnittlich. Als der Stein erst ins Rollen kam, stand die Weltwirtschaft inklusive dessen Finanzsystem am Abgrund. Es war daher auch vollkommen nachvollziehbar, dass einige Analysten den Markt noch deutlich tiefer erwarteten. Notenbanken und Regierungen haben jedoch schnell reagiert. Die Ausgangslage für jegliche Prognose ist daher eine ganz andere als noch Anfang März. Viele haben ihre Prognosen allerdings nicht angepasst. Das ist ein Fehler. Die massiven Interventionen kann man nicht einfach ignorieren...

Für den S&P 500 wurden Kursziele von 1.500 oder sogar dreistellige Zahlen herumgereicht. Ohne Interventionen wäre das realistisch gewesen. Mit den Interventionen wird es diese Kurse nicht geben. Was bedeutet das nun aber konkret? Fällt der Markt wieder und wenn, können wir wenigstens neue Tiefs ausschließen?

Der Kreditmarkt ist meist etwas schlauer als der Aktienmarkt. Er läuft Aktien voraus. Das führt auch dazu, dass sich Anleihen schneller von Kursrückgängen erholen als Aktien. Jeder signifikante Bärenmarkt war dadurch gekennzeichnet, dass Anleihen vor Aktien neue Hochs erreichten (Grafik 1).


Basis für diese Betrachtung sind Unternehmensanleihen, sowohl Investment Grade, als auch Hochzinsanleihen. Ausschlaggebend ist die Gesamtrendite, also Kursgewinne und Ausschüttungen. Das Bild ist in jedem Bärenmarkt das gleiche: Anleihen erreichen sehr viel schneller als Aktien ihre alten Hochs (Grafiken 2-4).

Solange Anleihen schwach sind, kann man für den Aktienmarkt keine Entwarnung geben. Anleihen sind derzeit allerdings alles andere als schwach. Investment Grade Anleihen haben ihre alten Hochs bereits wieder erreicht (Grafik 5). Dank Intervention der Notenbank kam es zu einem sehr schnellen Rebound.

Beim Hochzinsanleihen sieht das derzeit noch anders aus. Die Notenbank kauft hier nur Anleihen von Unternehmen, die gerade erst herabgestuft wurden, also vor kurzem noch im Investment Grade Bereich handelten. Damit fehlt diesem Markt eine umfängliche Absicherung durch die Notenbank. Das gleiche gilt auch für Aktien.

Gemessen an den Umständen ist der Kreditmarkt stark, viel zu stark sogar, um neue Tiefs zu erwarten. Sollte es zu einer zweiten Panikwelle unter Anlegern kommen, dürfte die Notenbank einfach noch mehr intervenieren. Dass es keine neuen Tiefs gibt, kann niemand garantieren. Es ist jedoch nicht sehr wahrscheinlich. Vielmehr dürfte die zweite Verkaufswelle nicht wie in normalen Bärenmärkten zu neuen Tiefs führen, sondern zu einem höheren Tief. Das heißt aber auch, dass Rückschläge immer noch erwartet werden müssen.

Clemens Schmale


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8 Kommentare

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  • Hellforceone
    Hellforceone

    Ich glaube ein Test des März Tiefs wird noch kommen und der Grund für mich ist ziemlich simpel. Kurz nach dem Tief gab es eine 4 % große Lücke nach oben in S&P (auch in den anderen Indizes) und ich glaube, der Markt ist viel zu effektiv so eine Lücke einfach offen zu hinterlassen. Es gibt eine Lücke auch bei etwa 2500... Ich glaube, eine richtige Bärenfalle könnte noch eventuell gelegt werden, in dem wir ganz kurz (intraday) sogar unter dem März tief gehen und dann wieder nach oben starten. Ich glaube, da wäre der Zeitpunkt wo man stark für die nächsten Jahre einkaufen müsste und dann für eine Weile den Marktgeschenissen einfach den Rücken zukehren und schön abwarten, bis alles steigt, Dividenden kommen.... zu schön um wahr zu sein?? abwarten :o)

    11:46 Uhr, 27.04. 2020
  • Bigdogg0806
    Bigdogg0806

    Das ist doch alles Humbug und kein Markt.....wenn die Notenbanken mit frisch gedrucktem Geld einfach die Anleihekurse hochkaufen, was haben diese dann bitte für eine Aussagekraft. Die sind doch nur so stark, weil ein Käufer mit unbegrenzenten Mittel bereitsteht. Ergo: sind auch irgendwelche Vergleiche mit der Vergangenheit völlig sinnlos.

    11:04 Uhr, 27.04. 2020
    1 Antwort anzeigen
  • Market Impact
    Market Impact

    Ich sehe nur einen Bullenmarkt mit einem Administrativ verursachten Abverkauf. Ich sage danke und kaufe billig ein.

    10:01 Uhr, 27.04. 2020
    2 Antworten anzeigen
  • mkronen
    mkronen

    Können denn neue Allzeit Hochs ausgeschlossen werden. Die Antwort ist "ja, aber" !

    Sollten wir kurzeitig neue ATHs sehen ist das zusammen mit dem steigenden Goldpreis klarer Indikator tatsächlich stattfindender Inflation. Gleichzeitig Deflation bei Rohstoffen, Inflation bei Nahrungsmitteln.

    Nicht entweder oder, sondern sowohl als auch. Dasselbe gilt für die Märkte. Selektiv steigen die dicken Brocken, der breite Markt schwächelt aber weiter.

    09:26 Uhr, 27.04. 2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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