Kommentar
08:01 Uhr, 16.11.2019

Aktienmarkt: Geht die Party der Bullen noch jahrelang weiter?

Geht der Bullenmarkt noch einmal jahrelang weiter? Diese Frage beschäftigt viele und es gibt mindestens so viele Meinungen wie Experten, die dazu befragt werden.

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  • S&P 500
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Der Bullenmarkt kann nur weitergehen, wenn es auch wirtschaftlich weiterhin rundläuft. In Europa lief es zuletzt nicht rund. Das hat sich auch lange Zeit auf dem Aktienmarkt widergespiegelt. Während die US-Indizes entlang ihrer Allzeithochs konsolidierten, gab es in manchen europäischen Märkten einen Bärenmarkt.

Inzwischen brechen die Indizes nach oben aus. Anleger haben eine Antwort gefunden. Sie haben die Hoffnung, dass der Aufschwung weitergeht. Tatsächlich gibt es derartige Signale. So hellt sich etwa die Stimmung in der deutschen Automobilindustrie wieder auf. Die Autoindustrie zog die ganze Wirtschaft nach unten. Nun kommt die Kehrtwende.

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Der ganze Schrecken stellt sich möglicherweise nur als Wachstumsdelle heraus. Da die Industrie überall auf der Welt stark gelitten hat und die Einkaufsmanagerindizes tief im rezessiven Bereich liegen, kann man durchaus die Logik erkennen, wenn gesagt wird, dass es jetzt noch jahrelang weitergehen kann.

Die Industrie könnte sich erholen. Beginnt ein solcher Trend erst einmal, hält dieser für gewöhnlich lange an, eben mehrere Jahre. Bevor man nun aber die Korken knallen lässt, lohnt ein Blick auf andere Trends, die ebenfalls eine lange Halbwertszeit haben. Dazu gehört der Arbeitsmarkt.

In den USA kippt dieser bereits. Das erkennt man an der Zahl offener Stellen (Grafik 1). Die Datenreihe ist noch relativ neu. Es stehen nur 20 Jahre an Daten zur Verfügung. Doch auch hier kann man erkennen, dass ein Trend, wenn er erst begonnen hat, nicht so leicht umzukehren ist.


Wer diesen Daten nicht traut, kann einen Blick nach Japan werfen. Hier stehen über 40 Jahre an Daten zur Verfügung (Grafik 2). Die Aussage ist die gleiche. Ein Trend, wenn er erst begonnen hat, setzt sich fort. Der Aktienmarkt reagiert dabei vor dem Arbeitsmarkt.

Das ist eines der Rätsel des aktuellen Marktumfeldes. Der Arbeitsmarkt scheint vor dem Aktienmarkt zu kippen. Das gab es noch nie. Es wäre auch das erste Mal, dass der Arbeitsmarkt kippt und der Aktienmarkt steigt. Der Nikkei, wie auch andere Indizes weltweit, bilden die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in der einen oder anderen Form ab.

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Dass es überhaupt zu einer Verlangsamung kommt, hängt auch mit dem noch vorhandenen Potenzial zusammen. Die Beschäftigungsquote der arbeitsfähigen Bevölkerung ist in den USA so hoch wie vor den letzten Wendepunkten (Grafik 3). Viel Luft nach oben gibt der Arbeitsmarkt einfach nicht her.


Daher ist die Verlangsamung bzw. das Kippen zu erwarten. Die Kunst besteht nun darin, das hohe Niveau kontinuierlich zu halten. Das hat in den letzten 70 Jahren noch nie funktioniert. Es gibt immer ein erstes Mal. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber gering.

Zum Schluss gibt es noch einen Indikator, der ausgereizt zu sein scheint: die Inflation (Grafik 4). Es handelt sich um die mittlere Inflationsrate. Diese ist mit 3 % für die heutige Zeit ziemlich heiß gelaufen.


Wer dem Bullenmarkt noch viele Jahre zutraut, behauptet im Prinzip nichts anderes, als dass das hohe Niveau gehalten werden kann. Vollbeschäftigung und Kapazitätsauslastung müssen jahrelang im Gleichgewicht bleiben. Weder Wirtschafts- noch Geldpolitik haben das bisher jemals geschafft. Haus und Hof würde ich nicht darauf verwetten, dass es diesmal funktioniert.

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4 Kommentare

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  • wolp
    wolp

    Vielen Dank, sehr guter Artikel. Merci

    00:22 Uhr, 17.11.2019
  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Es wird nicht jahrelang so weitergehen, aber noch eine Weile.

    12:17 Uhr, 16.11.2019
    1 Antwort anzeigen
  • grinder1337
    grinder1337

    1.)

    Der Bullenmarkt kann nur weitergehen, wenn es auch wirtschaftlich weiterhin rundläuft.

    weiterhin? 🤔 das wäre klassischer trugschluss, es waren, wie ich schon immer schrieb, scheinhochs in den indizes, die durch einen schein-aufschwung getragen wurden. wir wissen ja, wer das ganze geschöpfte falschgeld in welche assets gedrückt hat.

    2.)

    Sie haben die Hoffnung, dass der Aufschwung weitergeht. Tatsächlich gibt es derartige Signale. So hellt sich etwa die Stimmung in der deutschen Automobilindustrie wieder auf. Die Autoindustrie zog die ganze Wirtschaft nach unten. Nun kommt die Kehrtwende.

    aufschwung weiter? welcher aufschwung? warum weiter? gleich 2 fehler (nur zur klärung: ich meine damit nicht den autor, sondern die menschen, die er hier zu "wort" kommen lässt). kehrtwende? mit der aussage wäre ich sehr vorsichtig. ich sehe eher tatsächlich dead-cat-bounces, die automobilindustrie, wie wir jetzt kennen, wird weiter zusammenbrechen. international sind die zahlen aus der autobranche desaströs. deutschlands autoindustrie hat keine chance, erst recht nicht so kurz vor der krise, zu wenig zeit, sich besser aufzustellen. das haben die schlaftabletten verpasst, so wie die politk bzw. beide im tandem. so einfach ist das.

    https://www.scmp.com/economy/c...

    3.)

    Wer diesen Daten nicht traut, kann einen Blick nach Japan werfen.

    sehr richtig. einiges ist vergleichbar, anderes nicht. hier z. b. gdp:

    For a decade to 2012 Japanese nominal growth contracted by 3% & there was deflation of 4%, so economists were happy since they added up these two wrongs to get a right of positive real GDP growth of 1%. "Real GDP" is hypothetical, quite unreal. Nominal growth is the real 'real'.

    https://twitter.com/scientific...

    zum vergleich nochmal gdp prognose usa: 0,3 %. produktivität sieht anders aus:

    dazu us industrieproduktion -0,8 vs -0,3 exp.

    4.)

    Der ganze Schrecken stellt sich möglicherweise nur als Wachstumsdelle heraus.

    der ganze schrecken steht uns erst noch bevor. erst danach gehts wieder (steil) aufwärts. rückblickend kann man dann diesen ganzen, vsl. mehrere jahre dauernden prozess als "delle" bezeichnen, wobei es eher eine ausgewachsene rezession und depression/stagflation sein wird.

    das sieht nach mehr aus als nur einer "delle"

    5.)

    Bevor man nun aber die Korken knallen lässt, lohnt ein Blick auf andere Trends, die ebenfalls eine lange Halbwertszeit haben. Dazu gehört der Arbeitsmarkt.

    extrem wichtiger punkt. danke für die berücksichtigung! hier gibt es einige wichtige daten zu beachten. hier nur 2 beispiele:

    und:

    aber auch diese manipulationen und tricks, menschen aus der statistik herauszurechnen, hat ein ende.

    5.)

    Das ist eines der Rätsel des aktuellen Marktumfeldes. Der Arbeitsmarkt scheint vor dem Aktienmarkt zu kippen. Das gab es noch nie.

    liegt wahrscheinlich an dem ganzen massiven re-repo-zirp-inventionismus/inflationismus. die märkte wären nämlich schon längst abgeschmiert in schönster dotcom-manier. die arbeitsmarktdaten lassen sich zwar auch fälschen oder mit tricks aufhübschen (wovon auch ausgiebig gebrauch gemacht wird), aber hier hat man es mit real dingen/menschen, arbeitskraft zu tun, die man nicht mit einem klick manipulieren kann.

    als fazit will ich hier nochmal meine "100-%-aussage" anführen. es stimmt, dass "nichts sicher" ist, also kann man auch nichts als 100 % wahrscheinlichkeit angeben. es gibt allerdings ausnahmen. hier auf der erde gelten physikalische und naturgesetze, die sich nicht aushebeln lassen. hier könnte man wohlwollend 100 % wahrscheinlich benutzen. z. b. dass die sonne morgen noch existiert. es weiß natürlich keiner, was da in unserem sonnensystem oder benachbart vor sich geht, es könnten auch morgen die lichter (die sonne) aus sein, aber wie wahrscheinlich ist das? ich denke, man kann auf 100 % runden. es gibt auch - wenn auch weit weniger naturgestzmäßig - ökonomische gesetze. hier spielt auch die mathematik mit rein, bei der man, zumindest hier auf unsere erde, wahrscheinlichkeiten von 100 % angeben kann (was damit als "sicher" gilt). ich glaub ich lehne mich nicht zu weit aus dem fenster, wenn ich sage, dass dieser schein-bullenmarkt mit 100%iger sicherheit nicht für immer weitergehen kann und dass wir ein paar extrem schwere jahre vor uns haben.

    danke für den artikel und die kritische betrachtungsweise beider seiten 👍

    11:43 Uhr, 16.11.2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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