Kommentar
13:40 Uhr, 18.06.2021

Aktienmarkt am Top? Was jetzt noch kommt, ist Zugabe

Der Markt ist zwar weniger stark überbewertet als viele glauben, dennoch ist alles, was jetzt noch obendrauf kommt, eine Zugabe.

Die Luft wird für den Aktienmarkt dünner. Das bedeutet nicht, dass die Kurse sofort nachgeben müssen. Der Aufwärtstrend ist intakt, und solange der Trend nicht gestört wird, fallen die Kurse nicht einfach so. Wenn der Trend einmal umkehrt, gibt es durchaus einen gewissen Korrekturbedarf. Egal, wie man den Markt bewertet, er ist hoch bewertet. Ob man das KGV auf Basis der zurückliegenden oder der kommenden 12 Monate betrachtet, ist eigentlich egal. Beide sind historisch hoch. Das gilt auch für das Kurs-Buchwert-Verhältnis, Preis-Umsatz-Verhältnis, Marktkapitalisierung zu BIP oder Tobins Q (Marktwert zu Wiederbeschaffungswert). Das alles hat Anleger bisher nicht gestört und wird es ohne einen aufrüttelnden Auslöser auch weiterhin nicht...

Das ändert nichts an der Tatsache, dass es aus fundamentaler Sicht einen gewissen Korrekturbedarf gibt. Vor einem Monat ist noch ein Warnsignal hinzugekommen.

Die reale Gewinnrendite ist in den negativen Bereich gefallen (Grafik 1). Negativer war sie nur einmal in den letzten 100 Jahren nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Während des Krieges wurden Preise festgelegt. Nach Ende des Krieges wurden die Preise in den USA wieder freigegeben, was zu einem starken Inflationsschub führte. Die Gewinnrendite nach Inflation war daher stark negativ.


In allen anderen, normaleren Zyklen, war ein Absinken in den negativen Bereich ein Signal, dem bald eine Korrektur folgte. Man muss sich heute die Frage stellen, ob wir einen normalen Zyklus sehen oder eine Ausnahmesituation wie nach dem Zweiten Weltkrieg. Wahrscheinlich liegen wir dazwischen.

Obwohl die Gewinnrendite stark negativ ist, kann sie kurzfristig auch noch weiter absinken, ohne sofort eine Korrektur zu provozieren. Das Risiko gehen einige Anleger nicht ein. Japanische Investoren kaufen gerne und viel im Ausland Aktien ein. Sie kaufen besonders viel, wenn die Kurse fallen und verkaufen in den Aufwärtstrend hinein (Grafik 2). Aktuell sind sie eher Verkäufer.


Das hat dem Markt bisher nicht geschadet. Darum geht es allerdings auch nicht, sondern vielmehr um das Anlageverhalten. Sie kaufen, wenn der Markt korrigiert und nehmen Gewinne mit, wenn die Kurse gestiegen sind. Das ist genau das, was man im Idealfall tun sollte.

Gewinnmitnahmen sind durchaus nicht von der Hand zu weisen. Der Aktienmarkt hat die Pandemie inzwischen abgehakt. Das Momentum, was aus dem Rebound entstanden ist, ist größtenteils aufgebraucht. Das gilt bei der Bewertung, die das Vorkrisenniveau längst überschritten hat, aber auch für die technische Verfassung.

Volatilität wird gerne als Angstindikator gesehen. Volatilität ist relativ. Man kann nicht sagen, dass der S&P 500 Volatilitätsindex VIX bei 16 oder 10 so niedrig ist, dass man verkaufen sollte. Man kann aber die Volatilität des VIX messen (VVIX Index). Setzt man beide ins Verhältnis, bekommt man Werte, mit denen man etwas anfangen kann (Grafik 3).


Technisch gesehen ist der Markt an einem Punkt angelangt, der dem Vorkrisenniveau nahekommt. Die Luft ist dünn, aber auch noch nicht ganz draußen. Persönlich nehme ich sehr langsam Gewinne aus den Käufen vom März 2020 mit. Von praktisch allen Gesichtspunkten erscheint jeder Kursgewinn, der jetzt noch kommt, eine Zugabe zu dem zu sein, was man erwarten durfte.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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