Kommentar
09:32 Uhr, 16.05.2019

Aktienmärkte wieder auf Kurs - aber wie lange?

Der Zoll-Schock scheint schon wieder abgehakt, nachdem die Börsen weltweit zwei Tage in Folge kräftig zulegen konnten. Der Schein trügt.

Erwähnte Instrumente

  • S&P 500
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    Aktueller Kursstand:   (Cboe)
  • DAX
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    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

Erst Eskalation, jetzt plötzlich wieder Entspannung. So lässt sich die ganze Story des Handelskonflikts zusammenfassen. Es ist auch nicht das erste Mal, dass wir diesen Film sehen. Es ist ein bekanntes Muster. Die US-Regierung fühlt sich stark, unter anderem weil die Aktienkurse gestiegen sind, und eskaliert im Konflikt mit China.

Die Börse reagiert, die Kurse fallen. Aus heiterem Himmel wird wieder deeskaliert. So sollen die Verhandlungen bald weitergehen, Trump soll mit Xi am G20 Gipfel sprechen und Autozölle kommen vorerst wohl nicht. Gerade letzteres hat dem Markt zur Wochenmitte auf die Sprünge geholfen.

Mit dieser Deeskalation ist die Sache nicht aus der Welt und man fragt sich wie oft Anleger noch darauf hereinfallen. Dass Anleger irgendwann diese Posse nicht mehr mitmachen, ist nur eine Frage der Zeit. Konkret bedeutet das: wird das Thema nicht endgültig abgeschlossen, fällt der Markt trotz Deeskalation. Das ist ein Risiko, mit dem sich Anleger abfinden müssen.

Die Geschichte bleibt unvorhersehbar. Etwas anderes kann man jedoch gut vorhersehen. Das ist der Zustand der US-Wirtschaft. Das erste Quartal ist gut gelaufen, doch nun sind die Uhren wieder zurückgestellt und es sieht nicht gut aus. Im April fiel der Einzelhandelsumsatz überraschend.

Das Minus lag gegenüber März bei 0,2 %. Das klingt nicht gerade nach einer Schlagzeile. Es ist allerdings der Trend, der zählt. Der Trend zeigt derzeit bei den monatlichen Veränderungen klar nach unten (Grafik 1). Das ist durchaus bemerkenswert, denn nach einem Einbruch im Dezember konnten die Umsätze im Januar kräftig zulegen. Im April gab es sogar das größte Plus seit Herbst 2017.

Trotz dieser zwei guten Monate ist der Trend abwärts gerichtet. Das zeigt wie schwach die übrigen Monate waren. Der Konsum entwickelt sich damit so schwach wie seit über drei Jahren nicht mehr. Damals waren Anleger in heller Aufregung, die Fed setzte Zinserhöhungen aus und alle fürchteten eine Rezession.

Das Rezessionsgespenst wurde Anfang 2019 verdrängt. Kaum jemand spricht noch darüber. Der für die US-Wirtschaft extrem wichtige Konsum ist allerdings in desolatem Zustand. Die Jahreswachstumsrate konnte sich Anfang 2019 erholen. Es war ein dringend benötigter Rebound nach dem Schwächeanfall Ende 2018 (Grafik 2).

Der Rebound droht nun zu versiegen. Das Rückgrat der US-Wirtschaft ist schwach und droht noch schwächer zu werden. Der Handelskonflikt beeinflusst die Kurse gerade auf Tagesbasis. Mal geht es runter, nach dem nächsten Tweet wieder rauf. Das ist nicht das, worüber man sich ernsthafte Sorgen machen muss. Vielmehr ist es das Fundament der US-Wirtschaft, der Konsum, das bröckelt. Das sollte Sorgen bereiten.

Die nächsten Tage werden volatil bleiben - in welche Richtung auch immer. Mittelfristig steigen die Abwärtsrisiken.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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