Kommentar
12:25 Uhr, 21.02.2006

Aktienmärkte in Europa freundlich

Der jüngste Wochenverlauf gleicht dem der Vorwoche: Die Aktienmärkte in den USA und Europa steigen, während die Kurse in Japan sinken. Diesmal ging es im Nikkei um weitere drei Prozent abwärts.

USA: Freundliches Konjunkturbild

Amerikanische Dividendentitel legten in der zurückliegenden Woche weiter kräftig zu und verhalfen so dem Dow Jones Industrial Average über die 11.000-Punkte-Marke, die er bereits Mitte Januar für einen Moment überspringen konnte. Der Wochenschluss von 11.115 Zählern ist der höchste Stand seit knapp fünf Jahren. Verantwortlich für die jüngste Dynamik waren zum einen die Einzelhandelsumsätze im Januar, die unerwartet stark zugelegt hatten. Zum anderen tendierte der Ölpreis (WTI) weiter nach unten. Nach seinem Hoch Ende Januar bei 69 USD stand er zuletzt unterhalb von 60 USD. Beides spricht für eine relativ gute Stimmung unter den so wichtigen US-Konsumenten, auch wenn der neueste Verbrauchervertrauensindex der Universität Michigan überraschend eine leichte Eintrübung anzeigte. Darüber hinaus wurde der FED-Bericht vor dem Kongress wohlwollend aufgenommen. Notenbank-Chef Bernanke rechnet mit einem weiterhin robusten Wirtschaftswachstum, im laufenden Jahr soll das BIP um 3,5 Prozent zulegen. Für das nächste Jahr erwartet er einen Zuwachs zwischen 3,0 und 3,5 Prozent. Die Preisentwicklung bezeichnete Bernanke als stabil, schloss aber weitere Zinserhöhungen nicht aus. Zwar hatten die Aktieninvestoren insgeheim auf eine solche Botschaft gehofft, das Ausbleiben sorgte aber nur kurz für nachgebende Kurse. Ebenfalls nur kurzzeitige Verunsicherung ging von der im Januar rückläufigen Industrieproduktion und der stärker als erwartet gestiegenen Erzeugerpreisen aus. Aus dem Unternehmenssektor kamen nur wenige Meldungen. Hewlett-Packard übertraf sowohl die Prognosen für den Gewinn im abgelaufenen Jahr als auch die Analystenerwartungen zum Ausblick. Mit einem Wochenplus von 8,1 Prozent war die Aktie der Champion im Dow Jones, dicht gefolgt von Home Depot mit plus 6,7 und Honeywell mit plus 6,4 Prozent. Home Depot erhielt Rückenwind von den robusten Einhandelsumsätzen und einer behördlichen Akquisitionsfreigabe, Honeywell bestätigte die Prognosen für den laufenden Turnus. Der im Januar begonnene Abwärtstrend von Google stoppte vorerst mit einem Mini-Sell-off. Ein renommiertes US-Finanzmagazin hob auf die starke Such-Konkurrenz ab und prophezeite Google einen empfindlichen Kursrückgang. Außerdem verlangt ein US-Gericht in einem Prozess zum Schutz Minderjähriger Unterlagen, die nach Googles Meinung einer Preisgabe der Suchtechnologie gleichkämen.

Euroland: Grundsätzlicher Optimismus

Eurolands Aktienmärkte haben in der vergangenen Woche den eingetrübten Konjunkturdaten getrotzt und ihren Aufwärtstrend fortgesetzt. In Deutschland stagnierte die Wirtschaft im vierten Quartal, während sie in Frankreich nur um 0,2 Prozent und im gesamten Euroraum nur um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal zunahm. Hemmschuh bleibt der private Verbrauch. Darüber hinaus hat mit dem ZEW-Konjunkturerwartungsindex ein viel beachteter Frühindikator an Schwung verloren. Nach der Serie von Anstiegen fiel er im Februar leicht um 1,2 auf 69,8 Punkte. Was verlieh dem Markt also seine Kraft? Ein Mix aus grundsätzlichem Optimismus unter den Investoren, guten amerikanischen Vorgaben, rückläufigem Ölpreis und die erneute Schwäche des Euro waren die Haupttreiber. Der grundsätzliche Optimismus basiert vor allem auf den vielen positiven Unternehmensmeldungen. Paradebeispiel dafür ist VW, wo die bereits vor einer Woche erfolgte Ankündigung eines harten Restrukturierungsprogramms immer noch den Kurs anschob. Zum damaligen Wochenplus von 11,4 Prozent kamen jüngst weitere 8,3 Prozent hinzu. Diese Performance färbt übrigens auch auf Porsche ab, die erst seit kurzem mit knapp 20 Prozent an VW beteiligt sind. Die Porsche-Vorzugsaktie befestigte sich in den vergangenen zehn Handelstagen um 10,6 Prozent. DaimlerChrysler erlebten hingegen zuletzt ein Wechselbad der Gefühle. Im Vorfeld der Bilanzbekanntgabe legte die Aktie gut vier Prozent zu, was sie allerdings nach Veröffentlichung prompt wieder abgab. Die Eckdaten waren eher enttäuschend: rückläufiger Operating Profit im Konzern, Mercedes operativ in den roten Zahlen. Zudem blieb der Ausblick so vage wie nur irgend möglich. Die europäischen Banken haben dagegen im Jahr 2005 prächtig verdient und legen zurzeit überwiegend goldgeränderte Bilanzen vor. Das zieht die gesamte Branche nach oben: Société Générale (Aktie im Wochenverlauf plus 6,8 %), Allied Irish Banks (plus 5,8 %), UniCredito (plus 4,1 %), BSCH (plus 2,8 %), ABN Amro (plus 2,4 %). Der Telekomsektor setzte ebenfalls positive Impulse. Bei Nokia (plus 5,1 %) honorierten die Investoren die Absatzziele und Produktankündigungen für 2006. France Télécom (plus 3,1 %) gewann mit seinen Geschäftszahlen 2005 und der Dividendenerhöhung einen Teil des vor einigen Wochen verlorenen Terrains zurück. In der deutschen Solarbranche ist derweil wieder Ruhe eingekehrt, wobei der Markt bei Q-Cells (minus 14,7 %) und ErSol (minus 10,0 %) die vergangene Woche zur Korrektur der kürzlich zu beobachtenden Übertreibungen nutzte.

Japan: Kräftiger BIP-Zuwachs ohne Wirkung

Japans Aktien fielen die zweite Woche in Folge gegen den weltweiten Trend mit Verlusten auf. Hauptgrund sind Mittelabflüsse ausländischer Anleger, die zurzeit offensichtlich lukrativere Möglichkeiten in den USA oder Europa sehen. Dabei ist die japanische Volkswirtschaft nach vorläufigen Zahlen im vierten Quartal äußerst dynamisch gewachsen. Gegenüber dem Vorquartal legte das BIP 1,4 Prozent zu (zur Erinnerung: Eurolands BIP in Q4 plus 0,3 Prozent), woraus sich eine Jahresrate von 5,5 Prozent errechnet. Am Aktienmarkt löste das allerdings nur begrenzt positive Stimmung aus. Die größten Belastungen hatten zuletzt Unternehmen aus den Sektoren Rohstoffe und Immobilien hinzunehmen. Autowerte wie Toyota (plus 5,9 %), Nissan (plus 3,3 %) und Honda (plus 1,3 %) konnten dagegen dem schwachen Umfeld trotzen. Ihnen kam der wieder etwas schwächere Yen zu Gute.

Ausblick: DAX-Unternehmen erstatten Bericht

Für die DAX-Unternehmen ist nun Berichtssaison. Ein Viertel der 30 Gesellschaften legt in der laufenden Woche Rechenschaft ab. Und auch im europäischen Ausland werden Berichte am laufenden Band veröffentlicht. Dazu kommen wichtige Konjunkturdaten wie am Mittwoch die Inflationsentwicklungen in Deutschland für Februar bzw. in den USA für Januar. Außerdem steht am Donnerstag der Ifo-Geschäftsklimaindex auf der Agenda. Mit Blick auf die Tendenz beim ZEW-Index ist auch beim Ifo mit einer Stabilisierung auf den hohen Niveaus zu rechnen.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 122 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende Dezember 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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