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07:37 Uhr, 30.10.2015

Aktienmärkte: Bullenmarkt bis April 2016?

Die Jahresendrally läuft bereits seit Anfang Oktober. Bemerkt wurde es erst vergangene Woche, als die EZB Indizes weltweit nach oben katapultierte. Wie lange hält das nun an?

Die Jahresendrally findet seit Jahrzehnten satt. Im Detail habe ich das Thema in einem früheren Artikel untersucht. Hier soll es nun nicht nur um die Jahresendrally von Oktober bis Jahresende gehen, sondern um den 6-Monatszeitraum von Oktober/November bis März/April. Diesem Halbjahr wird nachgesagt, dass es das beste des Jahres ist. Wer in diesen 6 Monaten investiert ist, kann im Prinzip von Mai bis Oktober Urlaub machen.

Die Outperformance des Winterhalbjahres gegenüber dem Sommerhalbjahr ist nicht nur von der Jahresendrally getrieben. Nach den besten 3 Monaten des Jahres folgt meist ein sehr guter Start ins neue Jahr. Im Januar kommt der Januar-Effekt zum Tragen. Dieser lässt sich nur ansatzweise erklären. Statistisch gesehen ist der Januar ein sehr guter Börsenmonat. Dies wird auf erhöhte Kaufbereitschaft zurückgeführt, die unter anderem durch den Beginn eines neuen Steuerjahres begründet wird.

Anleger und Investoren realisieren zu Jahresende bei Einzeltiteln Verluste, die die zu versteuernden Gewinne reduzieren. Im Januar wird wieder gekauft. Andere Erklärungen führen die Käufe zu Jahresbeginn auf die Auszahlung von Boni zurück. Anleger haben nach Bonuszahlungen auf einen Schlag relativ viel Geld zur Verfügung, welches sie zu einem Teil anlegen.

Ob die Erklärungen gut genug sind, um den Januar-Effekt zu begründen, sei dahingestellt. Es ist auch nicht so wichtig, woher der Effekt kommt. Wichtig ist für Anleger lediglich, dass es ihn gibt. Für die gute Performance im Februar und März gibt es kaum sinnvolle Erklärungen. Dennoch ist gegenüber anderen Monaten eine gute Performance zu beobachten. Das Winterhalbjahr ist die lukrativste Periode für Anleger.

Das Phänomen gibt es seit vielen Jahrzehnten und Anleger können trotz der allgemeinen Bekanntheit des Phänomens davon profitieren. Obwohl sehr viele Anleger wissen, dass das Winterhalbjahr das beste des Jahres ist, ist das Phänomen noch nicht verschwunden. Es hält sich beharrlich. Das bedeutet jedoch nicht, dass das auch in Zukunft immer so sein wird, denn auch in der Vergangenheit war das nicht immer so.

Grafik 1 zeigt die Durchschnittsperformance von US Aktien auf Sicht von 3 und 6 Monaten seit 1790. Demnach ist nicht der Zeitraum von Oktober bis April das beste Halbjahr, sondern jenes von Februar bis August oder September. In der Grafik zeigt der blaue Balken für Februar (6-Monatsperformance) die Performance für das Halbjahr beginnend im Februar. Das zweitbeste Halbjahr beginnt im Oktober.

Bei der Quartalsperformance zeigt sich ein sehr interessantes Bild. Der beste Anfangsmonat, um ein Quartal lang investiert zu sein, ist der Mai, obwohl es heißt „sell in may and go away.“ Oftmals ist da etwas dran, doch im Durchschnitt gilt das nicht. Das muss nicht bedeuten, dass diese Börsenweisheit Unsinn ist. Es bedeutet vor allem, dass sich das Wesen der Börsen verändert hat.
Grafik 2 zeigt die 6-Monatsperformance für jeden einzelnen Monat aufgeteilt nach Jahrhunderten. Das Winterhalbjahr – beginnend im Oktober – war im 18. Und 19. Jahrhundert nicht überdurchschnittlich gut. Das hat sich im 20. Und 21. Jahrhundert geändert.

Der Mai war im 18. Und 19. Jahrhundert ein guter Monat, um Aktien nicht weiter zu halten. Im 20. Jahrhundert war der Mai dafür für einen Einstieg gar nicht so schlecht. Seit 2000 ist das im Durchschnitt wieder anders. Das Halbjahr beginnend im Mai gehört zu den schlechtesten überhaupt.

Die bekannten Börsenweisheiten haben momentan noch Gültigkeit. Die langen Zeitreihen zeigen jedoch, dass das nicht immer so war. Daraus lässt sich ableiten, dass es auch nicht immer so bleiben muss.

Grafik 3 zeigt diese Veränderungen über einzelne Jahrzehnte. Es ist dabei der 10-Jahresdurchschnitt für die Halbjahre beginnen im September/Oktober und April/Mai dargestellt. Das Sommerhalbjahr war bis in die 1930er Jahre nicht systematisch schlechter als das Winterhalbjahr. Erst seit den 1940er Jahren ist das anders. Das Winterhalbjahr zeigt seit 60 Jahren eine bessere Performance als das Sommerhalbjahr.

Das wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern. Solange es die Tendenz zum „Window Dressing“ gibt wird es bei dieser Outperformance bleiben. Window Dressing findet vor allem zu Jahres- und Quartalsende statt. Fondsmanger verkaufen verlustreiche Aktien zu Ende des Quartals und kaufen Aktien, die gut gelaufen sind. Diese können dann in den Quartalsberichten als gehaltene Positionen aufgeführt werden. Es wirkt natürlich besser, wenn Gewinneraktien in den Berichten stehen als Verlustbringer.

Solange es Window Dressing gibt wird es auch eine Outperformance im Winterhalbjahr geben, da sich dieses Phänomen zur Jahresendrally und zum Januar-Effekt hinzugesellt. Wie lange Window Dressing noch einen positiven Effekt haben wird hängt vor allem davon ab, ob Fonds langfristig komplett von ETFs abgelöst werden. In der passiven Anlage braucht es kein Window Dressing. Momentan gibt es noch ausreichend viele aktive Manager, sodass man sich keine ernsthaften Sorgen um die Outperformance des Winterhalbjahres machen muss.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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