Kommentar
12:56 Uhr, 07.10.2020

Aktien USA: Ist das die letzte Phase der Übertreibung?

US-Aktien laufen nicht nur in diesem Jahr besser als europäische. Der Trend hält seit Jahren an. Nichts hält aber ewig...

Erwähnte Instrumente

  • S&P 500
    ISIN: US78378X1072Kopiert
    Kursstand: 3.360,95 Pkt (CME) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • S&P 500 - WKN: A0AET0 - ISIN: US78378X1072 - Kurs: 3.360,95 Pkt (CME)

Mit US-Aktien konnte man in den letzten Jahren und Jahrzehnten wenig falsch machen. Im Gegensatz zu vielen anderen Märkten gelingt dem US-Markt kontinuierliches Wachstum. Auch der US-Markt war immer wieder von Übertreibungen geprägt, allerdings überstand der Markt diese Spekulationsblasen besser. Manche Märkte erholen sich nie wieder. Bestes Beispiel ist Japan. Der Nikkei steht immer noch fast 50 % unter seinem Allzeithoch, das vor 30 Jahren erreicht wurde. Ein Ende der Stagnation ist nicht absehbar. Japans Schicksal könnte auch Europas werden. Die Schulden tendieren höher, die Bevölkerung wird im Durchschnitt älter und die im Vergleich zu US-Unternehmen gelingt kein so hohes Wachstum im Ausland. Bisher näherten sich europäische und US-Aktien immer wieder aneinander an. Seit der Finanzkrise geht die Schere immer weiter auseinander. Die Finanzkrise hatte in Europa ähnliche Folgen wie das Platzen der Immobilienblase in Japan. Die Aufräumarbeiten dauern viele Jahre und werden wohmöglich niemals abgeschlossen.


Bisher setzte sich der US-Markt von europäischen Aktien aufgrund von Übertreibungen ab. Im 19. Jahrhundert war es die Eisenbahn-Euphorie. Diese setzte am Aktienmarkt in Europa später ein. So zeigte zunächst der US-Markt eine Outperformance, dann der europäische (Grafik 2).

Das zweite Mal setzten sich die USA in den goldenen 20er Jahren ab. Der Aktienmarkt verlor während der Großen Depression über 80 %. In Europa war es in den meisten Ländern nicht ganz so schlimm. Die Outperformance der USA wurde wieder korrigiert.

In den 60er und 70er Jahren kamen dann die Nifty 50. Es handelte sich um Unternehmen, die als stabile uns sichere Wetten galten. Aktien von Unternehmen wie Johnson & Johnson verzehnfachten sich innerhalb eines Jahrzehnts. Die Bewertung war ab einem bestimmten Punkt einfach zu hoch. Es dauerte bis Mitte der 80er Jahre bis die Übertreibung abgehakt werden konnte.

Aktuell hebt sich der US-Markt wieder ab. Diesmal sind es die FANG+ Aktien. Die Zusammensetzung der FANG Aktien ändert sich bisweilen. Generell handelt es sich jedoch um Megacaps aus dem Technologiebereich. Der US-Markt hat mit der aktuellen Übertreibung ein so hohes relatives Bewertungsniveau erreicht wie noch nie.

Historisch betrachtet kehrten sich solche Übertreibungen immer wieder um. Europa wächst aber nicht mehr wie vor 30 Jahren und die Schuldenkrise ist noch lange nicht vorüber. Es ist zwar der gefährlichste Satz an der Börse, doch diesmal könnte tatsächlich alles anders sein. Europäische Aktien könnten noch für weitere Jahrzehnte hinterherhinken. Unter normalen Umstände müsste man die letzte Phase der Übertreibung ausrufen. Das fällt angesichts der Probleme in Europa schwer.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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