Kommentar
15:10 Uhr, 18.02.2021

Aktien, Kryptos, Rohstoffe: Ist die "Alles-Blase" eine Sorge für morgen?

Seit einiger Zeit wird von der Alles-Blase gesprochen. Es befindet sich dieser Betrachtungsweise nach einfach alles in einer Blase. Aber ist das eine akute Sorge oder eine für die Zukunft?

Ob Anleihen, Aktien, Immobilien oder Kryptos, sie alle werden von immer mehr Investoren als Teil der Alles-Blase gesehen. Wie der Name schon andeutet steigen die Preise von allem. Bestreiten kann man diesen Trend nicht. Aktien sind auf Allzeithochs. Die Zinsen sind so tief wie nie und die Anleihekurse damit so hoch wie nie. Wir haben wohl auch die erste Rezession in der Menschheitsgeschichte, in der Immobilienpreise schneller steigen als zu Zeiten des Aufschwungs. Kritiker der Theorie, dass alles in einer Blase ist, führen vor allem die Geldpolitik an. Ja, diese hat den Markt angeschoben, aber befindet sich deswegen alles in einer Blase? Nein, denn niedrige Zinsen rechtfertigen auch höhere Bewertungen. Anhänger der Theorie sehen das natürlich ganz anders. Niedrige Zinsen rechtfertigen zwar eine höhere Bewertung, aber eben auch nicht alles...

Selbst unter Berücksichtigung niedriger Zinsen ist der Markt weit gelaufen. Es ist daher nur eine Frage der Zeit bis alles implodiert. Im Vergleich zu früheren Krisen hat der Staat dieses Mal zu Helikoptergeld gegriffen. Konjunkturprogramme sind im Vergleich zur globalen Finanzkrise heute im den Faktor 5 bis 10 höher. Das ist keine Geldschwemme, das ist ein regelrechter Tsunami.

Das führt zu Inflation, die wiederum zu höheren Zinsen führt. Allein das reicht aus, um die Bewertung des Aktienmarktes auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Ob aus einer Bewertungskorrektur mehr wird und wir gleich vor der nächsten Krise stehen, müssen wir abwarten. Persönlich gehe ich eher von einer Bewertungskorrektur aus. Der Markt wird dann eben nicht mehr mit einem KGV von 30, sondern mit 20 bewertet.

Viele halten das für unmöglich. Fällt der Markt, wird die Notenbank schon wieder eingreifen. Das ist ein Irrtum. Die Notenbank rettete den Aktienmarkt in der Finanzkrise und 2020 nicht, weil dieser fiel. Die Notenbank rettete 2008 das Bankensystem und 2020 den Anleihemarkt. Als Nebeneffekt stiegen auch Aktien. Fällt nur der Aktienmarkt, funktioniert die Wirtschaft aber ansonsten normal, wird die Notenbank nicht zur Hilfe springen.

Das wird sie in der nächsten Krise tun, aber eine Aktienmarktkorrektur ist keine Krise. Das wird gerne vergessen. Sollte die Alles-Blase platzen, ist die Notenbank sicherlich bereit. Das Problem an dieser Blase ist, dass der Eingriff der Notenbank nicht mehr hilft. Diese Blase platzt nämlich, wenn das Vertrauen in Papiergeld verlorengeht. In diesem Fall hilft das Geld der Notenbank nicht mehr.

Persönlich sehe ich die Gefahr, dass die Alles-Blase platzt, für gering. Stattdessen kommt es zu einer mehr oder minder geordneten Bewertungskorrektur. Bewertung ist das Stichwort, um das es eigentlich geht. Aufgrund der heutigen Bewertung dürfte der S&P 500 in den kommenden 10 Jahren immer weniger Rendite abwerfen. Blickt man im Jahr 2031 zurück, sollte der Index pro Jahr lediglich 4 % abwerfen (Grafik 1). Die tatsächliche Rendite ist heute höher als vor 10 Jahren prognostiziert. Das bedeutet, dass der Index am Ende über die nächsten 10 Jahre kaum steigt.


Ist das nun aber ein Thema, um das man sich sofort Sorgen machen muss oder kann man mit den Sorgen warten? Man kann warten. Die heutige Bewertung erklärt die zukünftige Rendite so gut wie kaum ein anderer Indikator. Die Prognosekraft ist allerdings im kurzfristigen Zeitfenster gering. Selbst bis 2024 wird weniger als ein Drittel der Rendite durch die heutige Bewertung erklärt (Grafik 2).

Die Prognosekraft und Zuverlässigkeit steigt, je weiter man in die Zukunft blickt. Anfang der 30er Jahre lässt sich 80 % der Performance durch die Bewertung erklären, die wir heute haben. Das ist zugegebenermaßen etwas kompliziert: Die Bewertung heute erklärt die Performance, wenn wir in 10 Jahren zurückblicken.

Das finden nicht alle intuitiv. Das erklärt vermutlich auch, weshalb Anleger immer wieder von einer neuen Ära sprechen und glauben, dass Bewertung keine Rolle spielt. Das ist ein Irrtum. Sie spielt eine Rolle, nur eben nicht heute, sondern erst über Jahre. Die gute Nachricht ist immerhin, dass man die Sorgen auf morgen bzw. die zweite Hälfte der 20er Jahre verschieben kann.

Clemens Schmale


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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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