Ab 2023 schon wieder sinkende US-Zinsen?
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Die Renditedifferenz zwischen 10- und 2-jährigen US-Anleihen (Zinskurve) ist in den vergangenen Wochen sehr schnell kleiner geworden. Je größer die Differenz ist, desto mehr Wachstum wird erwartet. Zu Beginn eines Aufschwungs ist die Differenz groß. Am Ende eines Aufschwungs wird sie immer kleiner, bis sie sogar in den negativen Bereich vordringt, 2-jährige Anleihen also eine höhere Rendite ausweisen als 10-jährige.
Renditen vor Anleihen mit kurzer Laufzeit sind stark vom Leitzins geprägt. Liegt der Leitzins z.B. bei 2 %, würde niemand eine Anleihe mit kurzer Laufzeit zu geringeren Zinsen zeichnen. 2 % kann man risikolos erhalten. Die Rendite der kurzlaufenden Anleihen muss also zumindest minimal höher sein.
Bei Anleihen mit langer Laufzeit spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Der Leitzins ist nur einer von vielen Aspekten. Schwerer als der Leitzins wiegen die Inflationserwartungen. Da bisher niemand langfristig eine Inflationsrate von 5 % erwartet, ist die Rendite 10-jähriger Anleihen mit weniger als 2 % nach wie vor moderat. Die Renditen kurzlaufender Anleihen stiegen hingegen sehr schnell an. Die Zinsdifferenz verkleinert sich.
Es macht auch keinen Sinn eine wesentlich höhere Rendite bei langlaufenden Anleihen zu fordern, wenn man davon ausgeht, dass der Leitzins nach einem Zinserhöhungszyklus bald wieder fällt. Genau das scheint momentan der Fall zu sein. Kurzfristig wird ein steigender Leitzins erwartet, mittelfristig schon wieder ein fallender.
Ein fallender Leitzins wird erwartet, wenn die Konjunktur stottert und die Notenbank gegensteuern muss. Daher ist die Zinskurve ein sehr guter Indikator für die Konjunktur. Da die Zinsdifferenz sinkt, wird eine Abschwächung des Aufschwungs erwartet. Betrachtet man die gleiche Differenz, allerdings auf Basis von Zinsswaps, kann man sozusagen in die Zukunft blicken. Dieser Blick zeigt, dass im kommenden Jahr bereits eine invertierte Kurve erwartet wird.
Eine Rezession folgt einer solchen Invertierung mit wenigen Quartalen Abstand und erzwingt förmlich einen sinkenden Leitzins. Eine Rezession ist für den Aktienmarkt nie gut. Entsprechend hoch ist die Korrelation von Aktien und Zinskurve (Grafik 1). Der Trend und Blick in die Zukunft beinhaltet nicht nur eine schlechte Nachricht (Rezession möglicherweise viel näher als gedacht).
Solange die Zinskurve fällt und noch nicht invertiert ist, geht es dem Aktienmarkt gut. Rücksetzer sind genau das, Rücksetzer und keine Bärenmärkte. Auf dem Papier hat der Bullenmarkt noch Luft und zumindest 2022 noch eine Gnadenfrist.
Aller Wahrscheinlichkeit nach befindet sich der Markt in einer Korrektur und nicht am Anfang eines Bärenmarktes. Dies gilt vor allem für Aktienmärkte außerhalb der USA. Persönlich habe ich mich noch nicht entschieden, ob ich den Restbestand an US-Aktien verkaufe. Andere Regionen bleiben im Depot und für US-Aktien kommt es darauf an, was die Fed nun tatsächlich vorhat.
Die Zinskurve impliziert, dass die Fed zu stark auf die Bremse tritt und eine Rezession herbeiführt. Die Zinswende nach unten müsste dann bereits 2023 starten. Die Meinungen innerhalb der Fed gehen über das Tempo der Zinswende jedoch weit auseinander. Es besteht immer noch die Chance auf eine langsame Zinswende. Die Zinskurve, die die Erwartungen der Anleger widerspiegelt, liefert in diesem Fall dann aktuell ein falsches Signal. Derzeit wirkt die mittelfristige Zukunft des Marktes einem Münzwurf.
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