Kommentar
12:12 Uhr, 30.03.2022

2022 ist nicht 1994

1994 gilt für die Fed als Paradebeispiel, wie Zinserhöhungen auch ohne Rezession enden können. 2022 ist aber nicht 1994.

Trotz geldpolitischer Wende in vielen Teilen der Welt ist die Geldpolitik noch immer locker und es ist richtig, dass hohe Inflation genutzt wird, um das Zinsniveau anzuheben. Über die Folgen und die Geschwindigkeit lässt sich streiten. Der Fed schweben schnelle Zinserhöhungen vor. Bereits jetzt wird auf dem Zinsmarkt klar, dass mit einem geldpolitischen Fehler gerechnet wird.

Die Fed sieht das anders und vergleicht die Situation mit 1994. Der Leitzins wurde damals innerhalb von 14 Monaten von 3 % auf 6 % angehoben. Eine Rezession blieb aus. Genau dieses Kunststück soll auch jetzt gelingen. Die Argumente dafür bleibt die Fed schuldig. 2022 gleicht 1994 nicht einmal annähernd.

Ein offensichtlicher Unterschied ist die Inflationsrate. Diese lag bei durchschnittlich 2,6 %. Aktuell liegt sie beim Dreifachen. Die Inflation ist zwar überhaupt erst der Grund für die Zinsanhebungen, doch Inflation selbst, unabhängig vom Zinsniveau, hat negative Effekte auf die Wirtschaft.

Auch vor Kriegsbeginn war die Stimmung von US-Konsumenten sehr schlecht. Grund sind Preissteigerungen und bei schlechter Laune wird weniger eingekauft. Der Realkonsum stagniert seit knapp einem Jahr. Die Inflation bremst die Wirtschaft bereits. Nun kommen schnell höhere Zinsen hinzu. Eine solche Kombination führte seit dem Zweiten Weltkrieg bisher immer zu einer Rezession (Grafik 1).

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Nicht nur der Konsum leidet. Die Industrie braucht Energie, vor allem fossile Energie. Hohe Energiepreise belasten Unternehmen, führt zu Sparprogrammen und am Ende einer geringeren Produktion. Derzeit ist nicht nur Öl teuer. Öl ist noch einer der billigeren fossilen Brennstoffe. Der Preisanstieg bei Kohle und Erdgas war deutlich größer.

Der Effekt auf die Industrie ist absehbar. Es ist daher kein Zufall, dass ein hoher Ölpreis von Rezessionen gefolgt wurde (Grafik 2). 1994 und auch in den Folgejahren war der Ölpreis sehr niedrig. Das hilft der Industrie und dem Konsum. Heute könnte es kaum anders sein.

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Hohe Energiekosten lösen auch ohne Zinsanhebungen Rezessionen aus. Die Energieintensität der Wirtschaft ist zwar rückläufig, doch immer noch so hoch, dass die Logik gilt. Hohe Energiepreise und Zinsanhebungen in Kombination sind fast eine Garantie für einen Abschwung.

Die Fed glaubt, dass sie die Inflation drücken kann, ohne die Wirtschaft abzuwürgen. Tatsächlich gelang das noch nie, auch 1994 nicht. 1994 war Energie so billig wie zuletzt vor dem Ölembargo 1973. Die Wirtschaft hatte Rückenwind. Die Konsumentenstimmung war beinahe ausgelassen. Heute gilt das Gegenteil.

Es bleibt daher dabei, die Fed muss sich entscheiden. Entweder bekämpft sie die Inflation und würgt die Wirtschaft ab oder sie gewichtet Wachstum höher und lässt der Inflation freien Lauf. Wie sich die Fed entschieden hat, wissen wir. Langfristig ist es die richtige Entscheidung. Kurzfristig bedeutet es aller Wahrscheinlichkeit nach einen Abschwung.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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