Kommentar
06:35 Uhr, 16.01.2017

2017: Das Jahr der Euro-Aktien?

Man muss nicht lange auf die Charts blicken, um zu sehen, dass europäische Aktienmärkte den US-Indizes hinterherlaufen. Ist damit jetzt Schluss?

Es ist schon ein Trauerspiel: Wir sind in Europa inzwischen im neunten Jahr der Krise. Der große Befreiungsschlag bleibt aus. Das spiegelt sich auch in den Aktienkursen wider. Der deutsche Leitindex DAX ist einer der wenigen, die mit den US-Indizes mithalten können. Dax und S&P 500 haben sich seit den Tiefs 2009 jeweils ungefähr verdreifacht.

Vom spanischen Leitindex IBEX lässt sich das nicht sagen. Hier liegt das Plus gerade einmal bei 50 %. Ähnlich sieht es bei italienischen Aktien aus. Unter den Hauptkrisenländern, zu denen auch Irland gehörte, gibt es kein einziges Land, welches die Krise als abgehakt bezeichnen kann. Der irische Leitindex konnte sich zwar zwischen 2009 und 2016 ebenfalls verdreifachen, steht aber immer noch 30 % unterhalb des bisherigen Allzeithochs aus dem Jahr 2007.

Auf europäischer Ebene lässt sich das Dilemma recht kurz und knapp zusammenfassen: Es fehlt an Gewinnwachstum. Grafik 1 zeigt das Gewinnwachstum von US- und Eurounternehmen im Vergleich. Das Gewinnwachstum divergiert in einzelnen Jahren erheblich. Im Jahr 2001 brachen die Gewinne im Euroland um mehr als 30 % ein. In den USA gab es sogar noch ein kleines Plus.

1994 verhielt es sich anders. Euro-Unternehmen zeigten ein viel höheres Gewinnwachstum als US-Unternehmen. Drückt man das Gewinnwachstum als Index aus (ebenfalls Grafik 1), zeigt sich recht klar, dass die Entwicklung bis 2007 einigermaßen parallel verlief. Seither kann man das nicht mehr behaupten.

In der Eurozone sind die Gewinne noch immer rückläufig. Erst 2017 ist mit einem Turnaround zu rechnen. Damit bleiben die Gewinne allerdings immer noch unterhalb der Hochs aus dem Jahr 2007. In den USA sollte hingegen ein neuer Rekordwert erreicht werden können.

Immerhin zeigt sich so langsam Licht am Ende des Tunnels. Als Anleger kann man entsprechend die berechtigte Frage stellen, ob nun Euroaktien endlich einmal wieder outperformen können. Viele warten darauf schon seit Jahren und eine Outperformance von Euroaktien wurde schon mehrfach vorhergesagt.

Dieses Jahr ist die Ausgangslage etwas anders als in den Vorjahren. Es ist kein Hirngespenst, wenn man eine Outperformance für möglich hält. Den Grund dafür zeigt Grafik 2. Dargestellt ist die relative Gewinn- und Kursentwicklung von US-Aktien gegenüber Euroaktien. US-Unternehmen schreiben derzeit 1,9 Mal so viel Gewinn wie europäische Unternehmen. Der S&P 500 steht allerdings zweimal so hoch wie der Eurostoxx (alles relativ zueinander betrachtet).

Durch den extrem positiven Verlauf in den USA in den vergangenen Jahren sind US-Aktien im Vergleich zu europäischen Aktien nun überbewertet. Das sagt nichts darüber aus, ob die Bewertung per se sinnvoll ist. Es sagt lediglich aus, dass europäische Aktien im Durchschnitt und im Vergleich zu US-Aktien geringer bewertet werden. Das ist ungewöhnlich. Wie Grafik 2 zeigt, sind europäische Aktien im langfristigen Mittel höher bewertet als US-Aktien (blaue Linie unterhalb der orangenen Gewinnlinie).


Geht man von einer Rückkehr zum Mittel aus, dann sollten europäische Aktien in den kommenden Jahren die US-Indizes um bis zu 20 % schlagen. Das setzt die Rückkehr zum Mittel voraus. Diese findet letztlich nur statt, wenn sich die Einschätzung der Anleger nicht grundlegend verändert hat. Derzeit traut man den USA mehr Wachstum zu. Solange sich die Erwartungen diesbezüglich nicht wieder angleichen, bleibt es für Euroaktien schwierig, US-Aktien outzuperformen.

Clemens Schmale

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  • GeBa96
    GeBa96

    Alleine können die Europäer nichts. Sie warten immer darauf das die USA vorweggehen. Außerdem haben die USA das beste Börsensystem (Dividendenausschüttung quartalsweise) und im Internet gibt es alle Tools (Screener) usw., darum kaufe ich meistens US-Aktien. Da können die Europäer noch von lernen. Da US-Aktien schon stark gestiegen sind und EURUSD auch nicht weiß, wohin, habe ich mich für andere Länder entschieden. Beispielsweise Telefonica und Iberdrola, Deutsche Post, Flughafen Wien, SKANDINAVISKA ENSKILDA.

    09:46 Uhr, 16.01.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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