Kommentar
16:09 Uhr, 11.01.2007

2006 - ein gutes Jahr mit kleinen Schönheitsfehlern

1. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt nahm im Jahr 2006 um 2,5 % zu. Dies ist der drittstärkste Anstieg, seit es gesamtdeutsche Daten gibt. Bereinigt um Arbeitstageeffekte lag die Zuwachsrate sogar bei 2,7 %.

2. Was war los im vergangenen Jahr? Zunächst einmal: Der Erfolg war nur möglich, weil das Wachstum nicht nur auf einer Schulter lastete, der Außenwirtschaft, sondern auch die Binnennachfrage ansprang. Hierbei gab es Licht wie auch ein wenig Schatten:

• Das Comeback des Jahres feierte die Bauwirtschaft. Mit einem Anstieg der Bauinvestitionen um 3,6 % war dies das beste Jahr seit 1994. Drei Dinge zeichneten hierfür verantwortlich: Erstens hat sich das Überangebot an Bauten, das mit der ausufernden Subventionierung in der ersten Hälfte der Neunzigerjahre aufgebaut wurde, in weiten Teilen wieder normalisiert. Zweitens wurde begonnen, die Baugenehmigungen abzuarbeiten, die noch vor der Abschaffung der Eigenheimzulage zum 1.1.2006 erteilt wurden: Viele Haushalte hatten sich in einer Art Vorzieheffekt noch die Eigenheimzulage für ihre Bauvorhaben gesichert. Drittens kam es im Rahmen der angekündigten Mehrwertsteuererhöhung zu Vorzieheffekten, sowohl beim Bau als auch beim Ausbau von Immobilien.
• Die Investitionen in Ausrüstungen setzten ihren guten Kurs der Vorjahre fort. Mit einem Anstieg um 7,3 % war 2006 das beste Investitionsjahr seit dem Superjahr 2000. Noch erfreulicher als das Wachstum der Investitionen ist deren Zusammensetzung. Dominierten am Anfang des Investitionszyklus noch die Ersatzinvestitionen, so spielen jetzt Investitionen in die Erweiterungen der Produktionskapazitäten eine wichtige Rolle. Diese Investitionen sind in der Regel auch mit einem Aufbau von Arbeitsplätzen verbunden.
• Weniger erfreulich war die Konsumentwicklung. Trotz des gewaltigen Rückenwinds einer Belebung am Arbeitsmarkt und der gewaltigsten Mehrwertsteuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik, kam nicht mehr als ein Anstieg der privaten Konsumausgaben um 0,6 % heraus. Das ist zwar die höchste Zunahme seit 2001, doch man muss sich schon fragen, was noch passieren muss, damit der Konsument wieder zu dem unbeschwerten Konsumverhalten der Neunzigerjahre zurückfindet. Damals stiegen die privaten Konsumausgaben im Durchschnitt jährlich um 1,9 %.
• 2006 war mit einem Zuwachs um 12,4 % das zweitbeste Exportjahr seit der Wiedervereinigung. Erstaunlich dabei ist, dass es Deutschland bislang im zweiten Halbjahr 2006 gelang, sich den globalen Abschwächungstendenzen zu entziehen. Unabhängig davon ist der Exporterfolg der deutschen Unternehmen das Ergebnis, ihrer harten Restrukturierungen, der Lohnzurückhaltung der Arbeitnehmer und der hochwertigen Produktpalette.
• Dass bei einer starken Binnennachfrage und einem hohen Exportwachstum die Importe ebenfalls kräftig anziehen müssen, liegt auf der Hand. Mit einer Zunahme um 12,1 % blieb das Importwachstum aber hinter dem Exportwachstum zurück, sodass aufgrund des höheren Gewichts der Exporte ein hervorragender Wachstumsbeitrag des Außenbeitrags von 0,7 % übrig blieb. Damit war er einmal mehr der Wachstumstreiber Nummer Eins.

3. Die heutige erste Schnellschätzung ist mit Blick auf das Schlussquartal 2006 vorsichtig zu interpretieren. Insbesondere Rückschlüsse auf das vierte Quartal sind schwierig, erstens weil dem Statistischen Bundesamt selbst noch nicht alle Daten für das vierte Quartal vorlagen und zweitens weil es zu Revisionen gekommen sein kann, die dazu führen, dass die ersten drei Quartale anders aussehen als in den nach wie vor gültigen „alten“ Quartalszahlen. Und es spricht in der Tat einiges dafür, dass es zu Revisionen der Vorquartale kam, denn die Erwerbstätigkeit wurde schon spürbar nach oben revidiert. Welche Blüten das einfache Abziehen der ersten drei Quartale vom Gesamtjahresergebnis bringen kann, zeigt der Blick auf die privaten Konsumausgaben: Um mit den „alten“ Quartalswerten auf den Jahresdurchschnitt zu kommen, müssten die privaten Konsumausgaben im vierten Quartal gesunken sein. Bedenkt man aber die Rekordzuwächse bei den Pkw-Neuzulassungen im November und Dezember oder das Weihnachtsgeschäft, so scheint dies kaum realistisch.

4. Nach Verlautbarungen des Statistischen Bundesamtes betrug das Wachstum im vierten Quartal 0,5 % qoq. Das kommt für viele unerwartet. So lag der Bloomberg-Consensus bei einem Plus von 0,7 % qoq, wobei die Spannweite der Prognosen von 0,5 % qoq (DekaBank) bis 1,1 % qoq reichte. Wir sahen schon seit langem das vierte Quartal als das schwächste des Jahres 2006 an.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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