Wissensartikel
17:50 Uhr, 18.02.2022

Wie reagiert der Aktienmarkt auf einen Krieg?

Ein Blick in die Geschichte zeigt: Kriegerische Auseinandersetzungen können den Aktienmarkt kurzzeitig belasten. Doch meistens gibt es eine schnelle Erholung.

Kriege gibt es leider immer wieder. Auch an den Börsen können Kriege und bewaffnete Auseinandersetzungen ihre Spuren hinterlassen. Kriege können einerseits reale Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Sie sind aber vor allem auch ein Unsicherheitsfaktor, und haben deshalb einen psychologischen Effekt auf die Anleger und damit auf die Kursentwicklung.

Blickt man in die Geschichte, so zeigt sich, dass die Börsen auf kriegerische Auseinandersetzungen meist weitaus schwächer reagieren, als man gemeinhin annehmen könnte. Der Dow Jones Industrial Average etwa reagierte seit dem Jahr 1940 nur insgesamt fünf Mal mit einem prozentual zweistelligen Kursverlust auf kriegerische Entwicklungen, wie die folgende Tabelle zeigt.

Ereignis Jahr Dauer des Kurseinbruchs in Tagen Stärke des Kurseinbruchs Performance nach 6 Monaten ggü. Tief
Frankreichfeldzug 1940 13 -17,1 % 7,0 %
Korea-Krieg 1950 20 -12,0 % 19,2 %
US-Bombardierung von Kambodscha 1970 27 -14,4 % 20,7 %
Invasion des Iraks in Kuwait 1990 21 -13,3 % 16,3 %
Anschläge vom 11. September 2001 5 -16,0 % 30,0 %

Der stärkste Einbruch ereignete sich dabei im Jahr 1940 angesichts des Angriffs von Nazi-Deutschland auf Frankreich (Frankreichfeldzug bzw. Westfeldzug). Damals brach der Dow Jones Industrial Average innerhalb von 13 Tagen um 17,1 Prozent ein und konnte sich auch längere Zeit nicht erholen. Der Angriff auf Pearl Harbor Ende 1941, der zum Kriegseintritt der USA führte, ließ den Dow Jones hingegen nur um rund 6,5 Prozent fallen und führte damit nicht einmal zu einem prozentual zweistelligen Kursverlust.

Betrachtet man den gesamten Zweiten Weltkrieg, so sanken die Aktienkurse in den USA zwar ab 1939, konnten sich in der zweiten Hälfte des Krieges, als sich ein Sieg der Alliierten immer deutlicher abzeichnete, aber sukzessive erholen. Am Ende des Zweiten Weltkriegs stand der Dow Jones Industrial Average höher als beim Kriegsausbruch.

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Ganz anders natürlich die Situation in dem vom Krieg völlig zerstörten Deutschland. Deutsche Aktien verloren durch den Zweiten Weltkrieg real ganze 96 Prozent ihres Werts.

Der zweitstärkste Einbruch des Dow Jones wegen einer kriegerischen Entwicklung ereignete sich angesichts der Anschläge vom 11. September 2001, als der Dow Jones Industrial Average innerhalb von fünf Tagen um 16,0 Prozent einbrach. Die Verluste wurden allerdings auch hier schnell wieder aufgeholt: Nur rund zwei Monate später notierte der Dow Jones bereits wieder höher als vor den Anschlägen.

Viele andere Kriege führten nicht zu prozentual zweistelligen Kursverlusten, so etwa auch die Kriege in Afghanistan oder Jugoslawien.

Interessant ist auch ein Blick in die jüngere Vergangenheit: Der Krieg in der Ukraine 2014 belastete die US-Börsen kaum. Der DAX reagierte zwar etwas stärker und mehrfach mit kleineren Kursverlusten auf die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine und den Einmarsch Russlands auf der Krim, aber auch hier waren die Kursverluste jeweils nur von kurzer Dauer und nach wenigen Wochen bis Monaten schon wieder vergessen.

Zusammenfassend kann man also feststellen, dass Börsen nur selten mit großen Kursverlusten auf kriegerische Auseinandersetzungen reagieren und sich in der Regel auch schnell wieder erholen. Anders sieht es natürlich aus, wenn der Krieg in einem Land zu großflächigen Zerstörungen führt, so wie der Zweite Weltkrieg in Europa.

Natürlich gibt die Geschichte nur begrenzt Auskunft darüber, wie sich der Aktienmarkt bei künftigen Kriegen verhalten dürfte. Sollte sich etwa der Ukraine-Konflikt zu einem größeren bewaffneten Konflikt zwischen Russland und dem Westen ausweiten, könnten die Folgen nicht nur an der Börse verheerend sein. Dies gilt ganz besonders, weil beide Seiten über Atomwaffen verfügen und sich ein Atomwaffeneinsatz zu einer der größten Katastrophen der Menschheitsgeschichte entwickeln könnte. Ähnliches gilt für das Szenario eines Dritten Weltkriegs zwischen den USA und China. Diese Entwicklungen wären dann allerdings so verheerend, dass die Börsenentwicklung auch für Anleger keine große Rolle mehr spielen dürfte.


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4 Kommentare

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  • hokuspokus
    hokuspokus

    Oliver, da ist ja wirklich jede Einschätzung Spekulation. Von Mensch-Ärger-Dich-Nicht Rumschubsen bis 3. Weltkrieg, würde ich als professioneller Zuschauer sagen. Also alles auf die 24?

    22:20 Uhr, 18.02. 2022
  • Sneisanc
    Sneisanc

    Eben, Putin spielt mit dem Westen, ist Amerika/Europa short und Erdöl/Gas long - und freut sich diebisch an diesem Spielchen!!!

    20:55 Uhr, 18.02. 2022
  • angola_murksel
    angola_murksel

    Es gibt keinen Krieg. Jedenfalls nicht zwischen Ukraine und Rußland. Das die Börsen fallen hängt mit den Zinsen zusammen. Öl fällt gerade - Krieg sieht anders aus.

    17:58 Uhr, 18.02. 2022
    1 Antwort anzeigen

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Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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