Wissensartikel
13:20 Uhr, 28.02.2022

Moralische Bedenken bei bestimmten Aktien? Dies sollte man beachten!

Viele Anleger und Trader verzichten aus moralischen Gründen auf den Kauf bestimmter Aktien, zum Beispiel von Rüstungsfirmen. Diese Ansicht hat auf jeden Fall ihre Berechtigung. Allerdings sollte man sich auch vor einem Denkfehler hüten.

Der Krieg in der Ukraine ist sicher an vielen Orten aktuell das wichtigste Gesprächsthema. Das ist auch bei uns redaktionsintern nicht anders. Das menschliche Leid ist schockierend. Gleichzeitig haben die Geschehnisse auch konkrete Auswirkungen auf die Finanzmärkte, über die wir als Börsenportal auch berichten.

Viele Anleger und Trader lehnen es aus moralischen Gründen ab, zum Beispiel mit Aktien von Rüstungsfirmen zu handeln. Diese Ansicht hat auf jeden Fall ihre Berechtigung. Man sollte sich allerdings auch vor einem Denkfehler hüten, der bei vielen Menschen, die sich eher weniger mit der Börse beschäftigen, weit verbreitet ist.

Nicht wenige Menschen sind der Meinung, dass eine Firma finanziell unterstützt wird, wenn man deren Aktien kauft. Wenn dies der Wahrheit entsprechen würde, wäre es natürlich sehr naheliegend, den Kauf von Rüstungsaktien als unmoralisch einzustufen. Aber stimmt die Aussage überhaupt? Zwar kann es durchaus Fälle geben, in denen ein Unternehmen von der positiven Entwicklung seines Aktienkurses profitiert. In den meisten Fällen und vor allem kurzfristig betrachtet ist dies allerdings nicht der Fall.

An Börsen wird mit Wertpapieren gehandelt, die bereits zuvor ausgegeben wurden (sogenannter Sekundärmarkt). Kauft man die Aktie eines Rüstungsunternehmens an der Börse, so fließt damit kein Geld an das Rüstungsunternehmen. Vielmehr fließt das Geld an einen anderen Anleger, der die Aktie verkauft. Nur bei einer Kapitalerhöhung (z.B. im Rahmen eines Börsengangs) verkauft das Unternehmen eigene Aktien an Anleger und das Geld der Anleger fließt tatsächlich in das Geschäft des jeweiligen Unternehmens.

Indirekt und langfristig ist es allerdings tatsächlich möglich, dass ein Unternehmen von einer regen Nachfrage nach seinen Aktien finanziell profitiert. Denn ein höherer Aktienkurs macht es für das Unternehmen natürlich attraktiver und einfacher, über eine Kapitalerhöhung neues Geld bei Anlegern einzusammeln. Das gilt aber eben wie gesagt nur, wenn ein Unternehmen über eine Kapitalerhöhung überhaupt Geld bei Anlegern einsammeln will. Bei vielen profitablen und bereits seit längerer Zeit an der Börse notierten Firmen ist dies nicht der Fall.

Man kann also festhalten, dass der Kauf von Aktien eines Unternehmens an der Börse oder an einem außerbörslichen Handelsplatz dieses Unternehmen in der Regel finanziell nicht unterstützt. Bei moralischen Bewertungen sollte diese Tatsache zumindest beachtet werden. Wer Rüstungsaktien kauft, unterstützt damit nicht ein Rüstungsunternehmen finanziell, jedenfalls nicht direkt. Vielmehr fließt das Geld an einen anderen Anleger, der diese Rüstungsaktie zuvor besessen und verkauft hat.

Damit soll natürlich nicht gesagt werden (auch das hört man immer wieder), dass die Entwicklung des Aktienkurses nichts mit der realwirtschaftlichen Entwicklung des jeweiligen Unternehmens zu tun habe. Diese Aussage ist auf jeden Fall falsch. Wer Aktien eines Unternehmens kauft, der wird damit zum Miteigentümer eines Unternehmens und profitiert damit natürlich vom finanziellen Erfolg dieses Unternehmens. Aber die Umkehrung gilt deshalb noch lange nicht. Ein Unternehmen profitiert abgesehen von Kapitalerhöhungen nicht davon, wenn Anleger seine Aktien kaufen. Nicht die Kursentwicklung der Aktien wirkt sich auf die Geschäftsentwicklung des jeweiligen Unternehmens aus, sondern die Geschäftsentwicklung wirkt sich auf die Kursentwicklung aus. Jedenfalls in der Regel.

Wer Rüstungsaktien an einer Börse kauft, der profitiert damit zwar vom wirtschaftlichen Erfolg des jeweiligen Unternehmens, er unterstützt allerdings nicht den Erfolg dieses Unternehmens und das Unternehmen hat dadurch auch nicht mehr finanzielle Mittel zur Verfügung (z.B. für die Waffenproduktion). Dies sollte auch bei moralischen Abwägungen beachtet werden.


4 Kommentare

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  • Tüskendör
    Tüskendör

    Was für ein Geschwurbel.

    Natürlich bin auch ich als Aktionär Miteigentümer und für die Ausrichtung des Unternehmens mitverantwortlich. Dafür gibt es z.B. das Recht der Wortmeldung auf einer Hauptversammlung. Natürlich bestimmt auch mein Einkaufspreis in das Unternehmen den Wert des Unternehmens - und damit ggf. dessen Refinanzierung und dessen Gestaltungsraum. Damit unterstütze ich sehr wohl das Unternehmen und auch das, was das Unternehmen macht. Wenn es keine Käufer gäbe, sinkt der Börsenwert des Unternehmens eben zunächst gegen null.

    Bitte um gütige Nachsicht. Der Artikel fällt unter "whitewashing" für Realitätsverweigerer. Natürlich treffe ich die Entscheidung an welchem Unternehmen ich mich beteilige und ich bin in meinem Entscheidungsprozess niemals von dem befreit, was gemeinhin unter Moral verstanden wird.

    14:44 Uhr, 28.02. 2022
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Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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