Wissensartikel
10:30 Uhr, 05.05.2014

2.5. Trading - Shortselling von Aktien

Mit Shortselling bezeichnet man den aktiven Handel bzw. die Positionierung auf fallende Kurse. Dieses Kapitel behandelt das klassische, direkte Shorten von Aktien, wie es an den großen Finanzplätzen in den USA gehandhabt wird.

Grundsätzlich gilt, dass ein guter Trader immer in der Lage sein sollte, den Markt von beiden Seiten zu spielen, das heißt nicht nur steigende sondern auch fallende Aktienkurse auszunutzen. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der aktuellen Tradingmärkte in den großen Indices, in denen wir es mit einer permanenten Sektorenrotation zu tun haben.

Die Begrifflichkeit Short-Selling steht für den Leerverkauf von Aktien insbesondere in den USA. Übergeordneter ist der Begriff Shorting zu sehen. Shorting bezeichnet alle Möglichkeiten, mittels eines Tradingvehikels (Futures, Optionen, Devisen, CFDs oder Hebelprodukte) an fallenden Kursnotierungen zu partizipieren.

Beim Short-Selling (in Deutschland auch kurz „Shorten“ genannt) versucht man, von einem fallenden Aktienkurs zu profitieren.

In mancherlei Beziehung stehen beim Shorten die üblichen Vorgänge auf dem Kopf. Beispielsweise verkauft der Short-Seller die Aktie zuerst zu einem möglichst hohen Preis, um sie später zu einem niedrigen Preis wieder zurückzukaufen. Er vertauscht dabei eine hohe Gewinnmöglichkeit mit einem hohen Verlustrisiko, denn beim Short-Selling ist das Verlustrisiko unbegrenzt.

Shorten an einem Beispiel erklärt

Doch bevor man auf die Details dieser Technik eingehen kann, wird kurz an einem Beispiel erläutert, wie das Shorten in der Praxis aussieht. Stellen Sie sich vor, eine bestimmte an US-Märkten gehandelte Aktie notiert zurzeit bei $100. Der Short-Seller erwartet, dass diese Aktie fallen wird. Aus diesem Grund leiht er sich von seinem Broker eine bestimmte Stückzahl dieser Aktie aus, um sie auf dem Markt wie gewohnt zu verkaufen. So könnte er sich beispielsweise aus dem Depotbestand des Brokers 100 Aktien ausleihen und diese zu $100 pro Stück veräußern. Damit erzielt er sofort Einnahmen in Höhe von $10,000, ist aber verpflichtet, die geborgten Aktien zu gegebener Zeit wieder an seinen Broker zurückzugeben. Das heißt, der Short-Seller muss die Aktie irgendwann auf dem freien Markt zurückkaufen. Das abschließende Kaufen wird „covern“ (eindecken oder glattstellen) genannt. Es ist von den anderen Marktteilnehmern nicht von einem normalen Kauf zu unterscheiden.

Fällt die Aktie wie erwartet, zum Beispiel auf $80, dann müsste der Short-Seller für den Rückkauf nur $8,000 aufbringen - es bliebe für ihn also ein Brutto-Gewinn von $2,000. Steigt die Aktie jedoch auf $120, dann müsste er für den Erwerb der 100 Aktien $12,000 aufwenden – $2000 mehr, als er anfangs erhalten hat. Er würde also einen entsprechenden Verlust machen.

Um sich Aktien von einem US-Broker für das Shorten auszuleihen, bedarf es keines besonderen Verhandlungsgeschicks, denn das Shorten ist in den USA ein völlig normaler Vorgang, der in den meisten Fällen automatisiert ist. Wer zum Beispiel über einen Online-Broker handelt, der gibt in der Regel einfach einen Verkaufsauftrag ein. Wenn die Aktien nicht im Depot vorhanden sind, dann wird der Server den Auftrag als Short-Sell (Leerverkauf) buchen.

Natürlich sind US-Broker keine Philantropen, die, ausschließlich um das Wohl ihrer Kunden besorgt selbstlos teure Aktien ausleihen. Auch sie haben Vorteile von den Geschäften der Short-Seller. Zunächst fallen nämlich auch beim Shorten die üblichen Provisionen an, und das eingenommene Geld erhöht die Liquidität des Brokers, die er einsetzen kann, um Effektenkredite bereitzustellen. Und nicht zuletzt bietet er seinen Kunden einen weiteren Service, der ein ausschlaggebender Faktor bei der Entscheidung für einen bestimmten Broker sein kann.

Die Quelle für die ausgeliehenen Aktien befindet sich im Übrigen hauptsächlich direkt bei den Brokern. Sie verwalten diverse Sammeldepots, aus denen sie Aktien verleihen können. Sie müssen nur darauf achten, dass jeder Aktienbesitzer jederzeit uneingeschränkte Verfügungsgewalt über seine Stücke hat. Das lässt sich durch ein geschicktes Depot-Management sicherstellen. Als Anleger werden Sie nie bemerken, dass Ihre Aktien ausgeliehen wurden. Genau genommen besitzen Sie in einem Sammeldepot immer nur das Anrecht an einer bestimmten Stückzahl des Gesamtbestands. Und dieser Anteil wird immer vorhanden sein.

Größere Broker-Häuser bieten im Allgemeinen eine größere Zahl von Aktien an, die sich shorten lassen, da sie auf größere Bestände zurückgreifen können. Üblicherweise erteilt man dem Broker beim Eröffnen eines sogenannten Margin-Accounts oder Margin-Kontos, auf noch näher eingehen wird, das Recht, sich Aktien auszuleihen. Wer unter allen Umständen einen Verleih der eigenen Aktien ausschließen will, sollte nur ein normales Depot eröffnen und darauf achten, dass der Vertrag keine Vereinbarung über das Verleihen enthält beziehungsweise dieses eindeutig ausschließt. Vorteile hat man dadurch allerdings kaum.

Normalerweise kommt es sehr selten vor, aber wenn der Broker die ausgeliehenen Aktien zurückverlangen sollte, muss der Short-Seller diese umgehend zurückgeben, indem er sie notfalls zu jedem Preis erwirbt. Und dagegen kann er sich nicht wehren.

Eine Aktie – zwei Besitzer, Dividenden und Kapitalmaßnahmen

Betrachtet man den Vorgang des Leerverkaufs genau, stellt man fest, dass es danach zwei Besitzer ein- und derselben Aktie gibt, die beide sämtliche Rechte daran besitzen: sowohl derjenige, der die Aktie an den Short-Seller ausgeliehen hat als auch der Käufer, der sie von ihm erworben hat. Beide wissen unter Umständen gar nicht, dass sie an einer solchen Transaktion beteiligt waren.

Zahlt ein Unternehmen Dividende, so geht diese direkt an den letzten Käufer. Damit der Verleiher nicht leer ausgeht, muss der Short-Seller für ihn die Dividende übernehmen. Demzufolge empfiehlt es sich, sich bei einem größeren Short-Engagement die letzten Dividendenzahlungen anzusehen, damit es zu keiner bösen Überraschung kommt. Der Short-Seller ist an allen Kapitalmaßnahmen beteiligt. Splittet ein Unternehmen beispielsweise im Verhältnis 2:1, dann muss der Short-Seller die doppelte Anzahl Aktien zurückgeben. Da bei einem Split in diesem Verhältnis jedoch auch der Preis der Aktie halbiert wird, macht es für den Short-Seller kaum einen Unterschied. Auch wenn die Details zunächst einen verwirrenden Eindruck hinterlassen, ist Shorten im Prinzip nicht sehr schwierig. Es unterliegt jedoch weiteren Einschränkungen und Besonderheiten, die man unbedingt kennen sollte, bevor man das erste Mal short geht.

Unbegrenztes finanzielles Risiko

Wer auf fallende Kurse setzt, hat eine maximale Gewinnerwartung von 100 %. Dieser Gewinn tritt nämlich genau dann ein, wenn das Unternehmen Pleite geht und der Handel eingestellt wird - das heißt, der Short-Seller die Aktien nicht covern muss. Die Verlustmöglichkeiten sind dagegen nahezu unbegrenzt, denn eine Aktie kann im Prinzip grenzenlos an Wert gewinnen.

Wenn beispielsweise die eingangs erwähnte Aktie von $100 auf $200 steigt, dann hätte der Short-Seller seinen gesamten Einsatz verloren. Steigt sie sogar noch weiter, dann verliert er mehr als er eingesetzt hat. Bei einer normalen Aktienposition (auch Long-Positionen genannt) beträgt das Verlustrisiko dagegen maximal 100 %, während die Gewinnaussichten unbegrenzt sein können. Der Begriff „Verlust des eingesetzten Kapitals“ ist beim Shorten natürlich etwas konstruiert, denn genau genommen setzt der Short-Seller ja zunächst überhaupt kein Kapital ein, sondern erzielt ausschließlich Einnahmen. So könnte ein Short-Seller, der nur $10,000 in seinem Depot hat, eine Million Aktien zu $100 leerverkaufen und käme so auf einen realen Depotstand von über 100 Millionen Dollar. Ginge die Sache gut, beispielsweise indem die Aktie auf $80 fällt, hätte er mit minimalem Aufwand ein Vermögen gemacht. Ginge sie jedoch schief, dann wäre er für den Rest seines Lebens ruiniert und sein Broker ebenfalls schwer geschädigt. Damit solche Katastrophen nicht eintreten, lassen die Broker jeden Klienten nur so viele Aktien shorten, dass ein Rückkauf auch unter extremen Bedingungen sichergestellt ist. In der Praxis heißt das: Der Short-Seller darf zunächst nur Aktien vom doppelten Wert seines Bargeldbestands leerverkaufen.

Margin Account

Um Leerverkäufe tätigen zu können, muss der Kunde über einen sogenannten Margin-Account (Einschusskonto) verfügen. Dessen besonderes Merkmal ist, dass es sich überziehen lässt, und zwar um Aktien auf Kredit zu kaufen und um zu shorten. Die Bestimmungen zur Eröffnung eines Margin-Accounts werden von dem Federal Reserve Board, der amerikanischen Notenbank in Zusammenarbeit mit der NASD (National Association of Securities Dealers) und der NYSE (New York Stock Exchange) reguliert.

Kauft der Anleger auf seinem Margin-Account mehr Aktien als er sich leisten kann, so erhält er automatisch einen Effektenkredit. In den USA ist es üblich, dass der Kunde mit einem solchen Konto für jeden Dollar, den er deponiert, für zwei Dollar Aktien kaufen kann. Dies bedeutet zugleich, dass er eine Bringschuld in Höhe von 50 % gegenüber dem Broker hat. Die tatsächlichen Konditionen sind jedoch von Broker zu Broker unterschiedlich. Für das Einrichten eines Margin Accounts sind keine besonderen Einkommensnachweise erforderlich, denn der Broker behält als Sicherheit die Aktien im Depot und kassiert natürlich Überziehungszinsen.

Margin Rules

Der Kunde darf ein bestimmtes Verhältnis von geliehenem Geld zu Aktienbuchwert (Margin Ratio) nicht längerfristig unterschreiten, sonst fordert ihn der Broker per „Margin Call“ auf, sein Konto wieder in Ordnung zu bringen. Die Formel zur Berechnung des Margin Ratio finden sie im folgenden:

Margin Ratio = (Long Stock Value + Short Stock Value + Real Cash) / (Long Stock Value + Abs(Short Stock Value)) x 100 %

wobei:

Long Stock Value: der gegenwärtige Buchwert aller Aktien im Depot, die „marginable“ sind Short Stock Value: der gegenwärtige Buchwert aller leerverkauften Aktien im Depot. Dieser Wert ist negativ

Real Cash der Bargeldbestand – dieser Wert ist negativ, wenn das Konto überzogen wurde. Einnahmen aus Leerverkäufen erscheinen hier positiv.

Abs(Short Stock Value) der absolute Buchwert aller leerverkauften Aktien im Depot; dieser Wert ist positiv

Die Margin Ratio verändert sich also während der Börsenöffnungszeiten kontinuierlich, da es von den Aktiennotierungen abhängig ist. Natürlich muss der Kunde diesen Wert nicht selbst ausrechnen, sondern wird in seiner Account-Übersicht darüber informiert. Wenn man die Konditionen eines ausgewählten US-Brokers zu Grunde legt, dann würde die Entwicklung des Margin Ratio in der Praxis folgendermaßen aussehen:

Ein Kunde eröffnet beispielsweise ein Depot mit $10,000. Der Broker ermöglicht es seinen Kunden, bei bestimmten Aktien bis zum Doppelten des Bargeldbestands zu kaufen. Ein Margin Call wird ab 30 % fällig. Der Broker behält sich das Recht vor, Aktien unmittelbar zu verkaufen, wenn das Margin Ratio unter 10 % fällt. Um einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen, kauft der Kunde nun für $20,000 Aktien zum Stückpreis von $100. Er hat damit zwar seinen Effektenkredit bis zum Anschlag ausgenutzt, aber sein Margin Ratio ist noch im grünen Bereich: (20,000-10,000) / 20,000 = 50 %.

Die Aktie darf durchaus ein Stück abrutschen, bis der Kunde eingreifen muss. Steigen seine Aktien nun beispielsweise auf $120, dann steigt die Ratio auf rund 5 %. Fällt die Aktie dagegen auf $80, dann verschlechtert sich das Margin Ratio auf 37,5 %. Konkret heißt das, der Kunde hat sich $10,000 ausgeliehen, kann diesen Kredit jetzt aber nur noch mit $16,000 Aktienbuchwert absichern. Hält der Kursschwund an, dann wird er ab rund $71 (30 %) einen Margin Call erhalten. Jetzt muss er entweder Geld nachschießen, um auf das notwendige Ratio zu kommen oder er muss zumindest einen Teil der Aktien verkaufen. Reagiert der Kunde nicht innerhalb kurzer Zeit auf diese Aufforderung oder fällt der Aktienwert bis unter 56 Dollar (10 %), wird der Broker von sich aus eingreifen und Aktien aus dem Depot des Kunden verkaufen.

Diese Betrachtungen gelten zunächst nur für Long-Positionen in einem Margin Account. Ein Kunde, der sein Konto nicht überzieht, muss sich auch keine Gedanken um einen margin call machen. Er kann jeden Verlust beliebig lange aussitzen, denn er hat nur sein eigenes Geld eingesetzt und kann nur dieses Geld verlieren.

Anders verhält es sich beim Short-Seller:

Selbst wenn er für jeden Dollar in seinem Konto nur für einen Dollar short geht, muss er das Short Ratio beachten, denn seine Position kann mehr als 100 % Verlust machen. Beispiel: Der Kunde mit einem Account von $10,000 shortet 200 Aktien zum Preis von je $100. Er hat jetzt einen Bargeldbestand von $30,000, da er aus dem Leerverkauf $20,000 erzielt hat. Er muss allerdings sicherstellen, dass er mit diesem Geld jederzeit die 200 ausstehenden Aktien zurückkaufen kann. Auch er hat zunächst die maximale Anzahl Aktien geshortet, denn er darf für jeden Dollar, denn er im Depot hat, zwei zusätzliche Dollar einnehmen. Sein Margin Ratio beträgt anfangs 50 % = (-20,000 + 30,000) / 20,000. Läuft die Sache nun schief, weil der Kurs wider Erwarten steigt, dann fällt sein Margin Ratio. Schon bei rund $115 wird ihn der Margin Call erreichen. Bei $136 dürfte der Broker die Short-Positionen covern. Normalerweise sollte jede einzelne Short-Position im Depot nur einen geringen Teil des Depotbestands ausmachen, sodass diese Position nicht das gesamte Portfolio gefährden kann. Einzelne Positionen können dafür aber auch um mehr als 100 % in den Verlust gehen. Mit dem Margin Ratio will der Broker nur sicherstellen, dass ihm keine Verluste entstehen. Wie sich der Kunde ruiniert, dürfte ihn jedoch nur wenig interessieren.

Welche Aktie darf geshortet werden? Die Short-Sale-Liste

Weil das US-amerikanische Gesetz vorsieht, sowohl den Broker als auch den Kunden zu schützen, erstellt das Federal Reserve Board (FED) eine an aktuelle Risikobedingungen geknüpfte Liste von Aktien, die von ihr zum Short-Sale freigegeben wurden. Um eine Aktie überhaupt shorten zu können, muss sie von der FED als „marginable“ bezeichnet sein, also auch zum Kauf auf Kredit freigegeben sein, und sie muss darüber hinaus "shortable“ sein. Ob eine bestimmte Aktie für das Shorten freigegeben ist, erfährt man normalerweise aus einer Liste, die man auf Anfrage vom Broker erhält beziehungsweise direkt mittels einer Online-Abfrage. Selbst wenn die Aktie im Prinzip zum Shorten freigegeben ist, muss der Broker beim realen Auftrag die gewünschte Stückzahl vorrätig haben oder beschaffen können.

Im Allgemeinen völlig ausgeschlossen vom Shorten sind Aktien, die unter fünf Dollar notieren und die erst innerhalb der letzten 30 Tage an die Börse gekommen sind. Diese Tagesanzahl ist lediglich eine inoffizielle Zahl, die für einige Broker von Bedeutung ist. Somit kann es durchaus auch sein, dass sie beispielweise ein junges IPO bereits nach 20 Tagen shorten können, vorausgesetzt sie handeln über einen guten Broker. Manche Broker haben sich mit bestimmten sehr volatilen Aktien bereits massiv die Finger verbrannt, weil Konten ihrer Kunden geplatzt sind, für die sie anschließend gerade stehen mussten. So musste der Internet-Broker Ameritrade Ende 1998 rund 1,6 Millionen Dollar abschreiben, weil einige seiner Kunden mehr Geld verloren haben, als die Konten hergaben. Aus diesem Grunde standen derzeit bestimmte ausgewählte Aktien bei Datek beispielsweise ganz oben auf der schwarzen Liste. Denn sie waren nach Ansicht von Datek in der Lage, mit gigantischen Kurssprüngen die Konten reihenweise auszuhebeln. Dies galt insbesonders für die Internet-Aktien, die mit ihren atemberaubenden Kurssteigerungen den Brokern, aber auch der Börsenaufsicht Sorgen machten. Demzufolge hoben die meisten großen US-Broker die Anforderungen an die Margin-Accounts bereits Ende 1998 an, weil Internet-Aktien völlig unberechenbar geworden waren.

Clearing

Eine weitere wichtige Instanz neben der FED und dem Broker ist das Clearinghouse. Obwohl Sie persönlich nicht direkt mit dem Clearing in Berührung geraten, hat das Clearing einen direkten Kontakt zu ihrem Account. Das Clearing ist für die Überwachung der Kundenkonten verantwortlich und stellt sicher, dass die Margin-Limits eingehalten werden. Zudem stellt das Clearinghouse aufgrund der Vorgaben der FED die Short Sale-Liste zusammen, die dann an den Broker weitergegeben wird. Die Short Sale-Liste des Clearings muss nicht unbedingt mit den Vorgaben der FED identisch sein, sondern kann durchaus kürzer sein, auf keinen Fall aber darf sie den Restriktionsgrad der FED überschreiten. Der Broker wiederum kann diese Liste nach Risikoaspekten noch weiter einschränken, darf jedoch selbst keine weiteren Aktien hinzufügen.

Tick Rules an NASDAQ und NYSE/AMEX

Angeblich um zu verhindern, dass Short-Seller stark fallende Aktien erbarmungslos unter Druck setzen, ist das Shorten nur bei steigenden Kursen erlaubt. Hier müssen wir Leerverkäufe an der NASDAQ von denen an der NYSE, AMEX unterscheiden.

Bei einem Leerverkauf an der NASDAQ gilt die sogenannte Uptick-Rule. Diese Regel schreibt vor, dass der Geldkurs (Bid) höher sein muss als der vorausgegangene Kurs. Für Market Maker hingegen gilt diese Uptick-Rule nicht.

Wollen Sie Aktien an der NYSE, AMEX leerverkaufen, dann gilt die sogenannte Zero-Plus Tick-Rule. Diese Regel schreibt zwei Bedingungen vor: Zum einen können Sie bei einem Uptick des Geldkurses (Bid) einen Short-Sale in das System geben, zum anderen muss die Aktie zuvor einen höheren Geldkurs gebildet haben und seitdem auf dem derzeitigen Briefkurs (Ask) gehandelt werden, ohne dass sie sich bewegt hat. Die Uptick Rule gilt nicht innerhalb des vor- und nachbörslichen Handels, jedoch stellen sich Transaktionen in der Regel in diesen Phasen mit einem erhöhten Risiko dar, da der Markt zum einen „enger“ ist und somit schon relativ kleine Orders für Kurssprünge sorgen können und zum anderen, weil Bid- und Ask-Kurse einen größeren Spread (Spanne) bilden.

Short-Squeeze

Für den Short-Seller zeigt sich die Entwicklung von Gewinn- und Verlustpositionen völlig anders als für den klassischen Anleger. Eine Gewinnposition verzeichnet bei konstant fallendem Kurs immer geringere Gewinnzuwächse, während eine Verlustposition bei konstant steigendem Kurs immer höhere Verluste produziert. Gerade diese Eigenschaft macht das Shorten gefährlich. Shorts lassen sich nicht ohne weiteres Aussitzen. Man sollte den Begriff „Short“ also wörtlich nehmen, denn er bedeutet sowohl „knapp bei Kasse“ als auch „kurzfristig“. Da sich die meisten Short-Seller dieser Problematik sehr wohl bewusst sind, sind sie auch sehr schnell bereit, eine Verlustposition aufzugeben, indem sie durch Käufe ihre Short-Positionen covern.

Jeder Kauf trägt seinerseits dazu bei, dass der Kurs weiter ansteigt, was weitere Short-Seller zum Covern bewegt. Da die Short-Seller praktisch aus der Aktie herausgepresst werden, nennt man das Ganze „Short Squeeze“. Manche Trader und Anleger suchen ganz gezielt nach Kandidaten für Short-Squeezes. Sie erwarten von Aktien, die besonders intensiv geshortet wurden, dass sie eine große Chance besitzen, wieder stark zu steigen. Hilfestellung bei der Suche bieten die Statistiken der US-Börsenaufsicht, die monatlich zu einem bestimmten Stichtag die Anzahl der ausstehenden Leerverkäufe auflisten lässt.

Short-Kandidaten

Das wichtigste Motiv, Aktien zu shorten, dürfte jedoch der Wunsch sein, unmittelbar von einem Kursrückgang zu profitieren. Short-Selling ist eine Trading-Variante und keine Anlagestrategie. Die Frage, welche Aktien besonders für das Shorten geeignet sind, lässt sich genauso schwer beantworten wie die Frage nach der besten Anlage. Der Short-Seller wird sich jedoch immer Aktien in Extremsituationen suchen.

Wenn die Fantasie mit den Anlegern durchgeht, dann werden sich die Short-Seller das zu Nutze machen. Beispielsweise neigen Pharmawerte oder Biotechtitel bei Forschungserfolgen oder Zulassungen dazu, um teilweise mehrere 100 % zu steigen. Selbst wenn die Gewinnerwartungen real sind, setzt sich im Allgemeinen sehr schnell die Erkenntnis durch, dass die Gewinne erst in einigen Jahren zu erwarten sind. Die Kurse bröckeln daraufhin sehr schnell ab. Ein Short-Seller, der den Mut aufbringt, solche Aktien zum Höhepunkt der Euphorie leerzuverkaufen, kann einen ansehnlichen Gewinn erzielen. Wenn er sich jedoch verrechnet hat, weil er eine kurzzeitige Verschnaufpause beim Aufstieg für eine Trendwende gehalten hat, dann könnte es bei fehlendem Positions-Management hingegen teuer für ihn werden. Grundsätzlich sollte man gemäss dem Konzept der Relativen Stärke vorgehen, um schwache Aktien zu shorten. Während der Anleger üblicherweise unterbewertete Aktien sucht, fahndet der Short-Seller nach überbewerteten Aktien. Weder für den Kauf noch für das Shorten gibt es jedoch Patentrezepte.

„Shorties“ – unbeliebte Marktteilnehmer

Short-Seller (in Deutschland abfällig auch „Shorties“ genannt) gehören neben den Market Makern (US-Kursmakler) wohl zu den unbeliebtesten Marktteilnehmern überhaupt. Das hat hauptsächlich psychologische Gründe. Niemand kann ernsthaft bestreiten, dass erfolgreiche Short-Seller sich sehr gut mit den Aktienmärkten und den Unternehmen auskennen müssen, von denen sie einen Kursrückgang erwarten. Sonst wären sie auf Grund des hohen Risikos sehr schnell bankrott. Daher müssten sie eigentlich als Spezialisten angesehen sein. Wenn solche Fachleute Aktien shorten, sollte das für einen Anleger ein sicheres Signal sein, über einen Verkauf zumindest nachzudenken.

Doch das Gegenteil ist der Fall: Statt dieses Know-how zu nutzen, werden Short-Sellern grundsätzlich eigennützige Motive unterstellt. Ihre Aussagen beruhten nicht auf Recherche, sondern sollten ausschließlich den Kurs drücken. Dabei erwartet niemand ernsthaft von irgendeinem Marktteilnehmer, dass dieser uneigennützig handelt. Schließlich ist auch jeder Anleger auf seinen Profit aus. In der Wahrnehmung des Investors macht sich der Short-Seller jedoch besonders verdächtig, weil er schlecht über die Aktien redet, von denen der Investor überzeugt ist und von denen er sich einen weiteren Kursanstieg erhofft. Und das nimmt niemand auf die leichte Schulter.

Auch hier stehen die Verhältnisse Kopf. Selbst wenn der Short-Seller seinen Sachverstand durch eine hohe Trefferquote unter Beweis stellt, wird er wenig Anerkennung finden, denn er hat sich abfällig über die Aktien der anderen Anleger geäußert. Man gibt ihm die Schuld am Kursrückgang und nicht etwa dem miesen Management, der dahinsiechenden Konjunktur oder der hoffnungslosen Überbewertung der Aktie.

Gurus, Stock-Promoter und Hypester haben es dagegen einfacher: Wenn sie auch nur bei einem von zehn 'Tipps' richtig liegen, wird ihnen Sachverstand bescheinigt. Bei den neun Flops hätten sie sich ja immerhin bemüht. Ähnliches gilt für die Profis. Gibt ein Investmenthaus eine Kaufempfehlung in der Nähe des Höchstkurses heraus und ändert es dieses nach einer Halbierung des Kurses auf „Halten“, dann rümpft der eine oder andere Anleger zwar die Nase, würde aber kaum von mangelnder Professionalität und Sachverstand sprechen.

Fazit

Das Short-Selling in den USA ist eine interessante Trading-Möglichkeit für den erfahrenen Marktteilnehmer. Es ist viel risikoreicher als die normale Anlage, da die Verluste deutlich über das eingesetzte Kapital gehen können. Dafür ermöglichen Shorts auch bei fallenden Aktienkursen Gewinne. Wer das Shorten bei seinem US-Broker ausprobieren möchte, sollte zunächst mit kleineren Beträgen beginnen und möglichst nur intraday handeln.

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