Zwischen Fed-Wende und Trumps Handelsschwenk
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London (GodmodeTrader.de) - Präsident Trump hat seine Twitter-Drohung wahr gemacht und die Zölle auf chinesische Importe in die USA angehoben. Für die Finanzmärkte, die ein Handelsabkommen zwischen Washington und Peking erwartet und dieses nahezu vollständig eingepreist hatten, war das ein Schock, wie Seema Shah, Senior Global Investment Strategist bei Principal Global Investors, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.
„Die Risiken für das Wirtschaftswachstum – insbesondere in Asien und Europa – haben sich deutlich vergrößert und damit den jüngsten Kursentwicklungen den Boden entzogen“, sagt Shah. Der Einsatz von Handelszöllen sei nun ein fester Bestandteil des Werkzeugkastens politischer Entscheidungsträger und dürfte noch längere Zeit die Märkte beschäftigen.
Shah sieht zwar weiterhin die Möglichkeit einer Einigung beider Seiten. Keines der beiden Länder strebe einen langen Handelskrieg an, der das Wirtschaftswachstum beschädige. „Die gute wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Monate hat allerdings sowohl in Washington als auch in Peking den Glauben an eine vermeintliche Position der Stärke für die Verhandlungen genährt“, so Shah.
China werde einer Demontage seines wirtschaftlichen Entwicklungsmodells kaum zustimmen – und sei möglicherweise nicht einmal dazu in der Lage. Daher werde Präsident Xi den Eindruck vermeiden wollen, dem US-Druck nachzugeben, während gleichzeitig eine wachsende Zahl von Stimmen in der US-Regierung der Meinung seien, dass Trump nicht ausreichend Zugeständnisse von Peking erreiche. „Präsident Xi zielt darauf, die Verhandlungen über die US-Wahlen im Jahr 2020 hinauszuzögern. Das kann sich Trump nicht erlauben, da sich der wirtschaftliche Schaden verheerend auf die Chancen seiner Wiederwahl auswirken könnte“, sagt Shah. Die USA und China stünden sich damit in jeglicher Hinsicht diametral gegenüber.
„Diese völlig verfahrene Situation kann nur eine deutliche Marktreaktion auflösen, die beide Seiten dann zu einem Abkommen bewegt“, argumentiert die Ökonomin. Der Markt habe bis vor kurzem auf einem zerbrechlichen Gleichgewicht geruht, weswegen der Schlag in die Magengrube des globalen Wirtschaftssentiments aus Sicht Shahs schnell spürbar sein dürfte. „Die meisten Prognosen, die von einer wirtschaftlichen Erholung ausgehen, ruhen auf der Grundannahme eines stärkeren chinesischen Wirtschaftswachstums. Alles, was diese Annahme infrage stellt, wirkt sich disruptiv auf Risikoanlagen aus – insbesondere diejenigen mit hohem Exposure gegenüber China“, warnt Shah.
Indes sei eine Stärkung des US-Dollar eine wahrscheinliche Folge der Eskalation. Investoren würden unweigerlich seine wahrgenommene Sicherheit suchen. Ein weiterer sicherer Hafen – der japanische Yen – habe bereits deutlich an Wert zugelegt. Es gebe auch dann einen Aufwärtsdruck auf den US-Dollar, wenn die chinesische Regierung ihre Konjunkturmaßnahmen verstärke, um den Auswirkungen der Handelszölle entgegenzutreten. Die People’s Bank of China (PBC) werde zwar eine weitere Abwertung des Yuan tolerieren, aber davor zurückschrecken, das als Vergeltungsmittel einzusetzen. „Das würde nicht nur den Zorn Präsident Trumps nach sich ziehen, sondern auch riskieren, Kapitalabflüsse auszulösen“, sagt sie.
Ein Wachstumseinbruch in China sowie die Stärkung des US-Dollar könnten laut Shah zu Turbulenzen für die Schwellenländer führen. Ein starker Greenback setze zwar auch die US-Wirtschaft unter Druck, jedoch werde die Stärke des US-Binnenmarktes einige dieser negativen Tendenzen wettmachen. Selbst wenn sich die Stimmung deutlich verschlechtere und die Negativauswirkungen eines starken US-Dollar zu greifen begännen, sei eine geldpolitische Antwort der Fed wahrscheinlich.
Von allen Branchen werde der Technologiesektor aller Voraussicht nach die Auswirkungen der Handelseskalation am stärksten spüren. Rund 60 Prozent der Umsätze im S&P 500 Tech Sector erfolgten außerhalb der USA. Der Sektor sei mit diesem Anteil am stärksten auf globales Wachstum angewiesen. Hingegen könnten defensive Sektoren wie Immobilien, Versicherungen, Telekommunikation und Versorgungsunternehmen vergleichsweise besser abschneiden. „Sie erzielen nur wenige Einnahmen außerhalb der USA“, so Shah. „Zudem werden Risikoanlagen in den kommenden Wochen zu kämpfen haben. Doch es wird auch interessierte Käufer geben. Viele Investoren suchen noch immer nach Anlagemöglichkeiten für ihr Kapital.“
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