Kommentar
13:56 Uhr, 21.02.2008

Zweitgrößter Öl-Fund seit 20 Jahren katapultiert Petrobras in die Top-Ten Liga der weltgrößten Ölkonzerne

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Brasilien, die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas, verwöhnt seine Anleger mit Traumrenditen. Brasilien hat sich zu einer der Top-Adressen bei internationalen Investoren und Institutionellen Anlegern gemausert. Das von Stefan Zweig in seinem Weltbestseller betitelte „Land der Zukunft“ besticht in den letzten Jahren durch eine imposante Erfolgsstory. Innerhalb von wenigen Jahren gelang es Staatspräsident Iñacio Lula de Silva durch seine erfolgreiche stabilitätsorientierte Wirtschafts- und Finanzpolitik, seinem Land große Gewinne zu bescheren mit Wachstumsraten im oberen einstelligen Bereich. Volkswirte rechnen damit, dass noch in diesem Jahr die Kreditwürdigkeit des Landes auf Investment Grade hochgestuft wird. Alleine im Jahr 2007 hat der brasilianische Börsenindex Bovespa fast 80 Prozent zugelegt. Auch die jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten hat die brasilianische Börse gut weggesteckt, der aktuelle Index-Stand von 62591 Punkten liegt bereits schon wieder in der Nähe des Allzeithochs von Dezember. Die imposante Performance des brasilianischen Aktienmarktes ist vor allem eine Aktie zurückzuführen: Das Papier des brasilianischen Öl- und Gaskonzerns Petroleo Brasileiro oder kurz Petrobras (WKN 615375) genannt.

Der mit Hauptsitz in Rio de Janeiro ansässige staatlich kontrollierte Energieriese engagiert sich in der Erkundung, Erschließung und Produktion von Öl und Erdgas in Argentinien, Angola, Bolivien, Kolumbien, Equador, Iran, Libyien, Mexiko, Mozambique, Nigeria, Paraguay, Peru, USA, Tanzania, Türkei, Uruguay und Venezuela. Dazu unterhält das Unternehmen eigene Raffinerien und ist ebenfalls in der Distribution von Öl und Gas tätig und betreibt ein umfangreiches eigenes Tankstellennetz. Auch im Bereich erneuerbarer Energien ist das Unternehmen äußerst aktiv. Brasilien spielt bei der Erzeugung und Benutzung umweltfreundlicher Kraftstoffe weltweit eine Vorreiterrolle. Laut Gesetz dürfen Kraftstoffhersteller in Brasilien in den nächsten acht Jahren dem normalen Diesel zwei Prozent Biodiesel beimischen. Der maximale Anteil von Biodiesel an Diesel-Treibstoff soll ab 2013 auf fünf Prozent erhöht werden. Petrobras plant bis zum Jahre 2012 die Erstellung zehn neuer Biodieselanlagen, das Unternehmen wir auch hier bis zum Jahr 2012 die Marktführerschaft mit einem jährlichen Output von 224 Millionen Biodiesel erklimmen. Auch im Ethanol-Geschäft hat Petrobras ehrgeizige Pläne. Der weltweit größte Ethanol Exporteur steigt in die Ethanolproduktion ein hat gerade in 20 neue Zuckerfelder investiert. CEO Sergio Gabrielli geht davon aus, dass Brasilien bis zum Jahr 2020 weltweit das erste Land sein wird, in dem mehr Biokraftstoff als normales Benzin aus den Zapfsäulen fließen wird.

Im November letzten Jahres sorgte Petrobras mit einem sensationellen Fund für Schlagzeilen, Präsident Luiz Inacio Lula da Silva spricht sogar von einem Geschenk Gottes. 250 Kilometer vor der Küste des Bundesstaates Sao Paulo hat das Unternehmen riesige neue Erdöl- und Gasvorkommen entdeckt mit einem geschätzten Vorkommen von 5 bis 8 Milliarden Barrel qualitativ hochwertigen leichten Öls, was etwa den Gesamtreserven Norwegens entspricht. Das Ölfeld mit dem Namen „Tupi“ gehört zu 65 Prozent Petrobras, zu 25 Prozent der britischen Gesellschaft BG und zu 10 Prozent dem portugiesischen Ölkonzern Petro-Galp Energia. Die Aktie von Petrobras machte einen Kurssprung von 26 Prozent, als der weltweit zweitgrößte Fund in 20 Jahren veröffentlicht wurde. Experten gehen davon aus, dass dies erst der Anfang sei und mehr Vorkommen in den Nachbarfeldern rund um das Santos Bassins folgen werden. Das Investmenthaus Morgan Stanley prognostiziert, dass der Neufund die Ölreserven von Petrobras um 55 Milliarden Barrel ansteigen lässt und dass das Unternehmen zu den zehn Ölriesen mit den weltweit größten Erdölreserven aufsteigen wird. Bear Stearns sieht für die Aktie ein Potential von 200 Dollar (New York Schlusskurs 15. Februar: 114,45 Dollar), falls die dort schlummernden Ölreserven 20 Milliarden Barrel übersteigen sollten.

CEO Jose Gabrielli rechnet damit, dass die Förderung ab dem Jahr 2010 beginnen könne. Bis zum Jahr 2015 soll dort nach Aussagen des Firmenchefs die tägliche Fördermenge bis auf 4,5 Millionen Barrel nach oben katapultiert werden. Weiter führt Gabrielli an, dass durch den Neufund die landeseigenen Ölreserven um zwei Drittel bereichert werden und Brasilien von einem kleinen Öl-Exporteur in die Liga der weltgrößten Erdöllieferanten wie die arabischen Staaten, Nigeria oder Venezuela aufsteigen werde. Der Firmenchef betont, dass die Produktion mit hohen Kosten und Investitionen im Bereich von über 112 Milliarden Dollar verbunden sind, da sich das schwarze Gold in einer Tiefe von über 5000 Metern befindet. Zusätzlich erwägt Gabrielli einen Beitritt in die OPEC.

Erst Anfang dieses Monats hat die britische BG Group seine Schätzung für die Ölreserven für das Tupi-Ölfeld in der Tiefsee des Santos-Bassins drastisch nach oben geschraubt. Der Ölkonzern, der einen Anteil von 25 Prozent an dem Ölfeld besitzt, erhöht seine Prognose von 1,7 bis 10 Milliarden Barrel auf 12 bis 12 bis 30 Milliarden Barrels. Laut dem Washingtoner Consulting-Unternehmen PFC Energy ist Petrobras in der von der Beratungsfirma herausgegebenen aktuellen Januar-Top 50 Rangliste der bedeutendsten Ölfirmen bereits zum sechstgrößten Ölkonzern der Welt aufgestiegen und hat bereits das französische Mineralölunternehmen Total S.A und den Ölmulti BP überholt.

In der großen Euphorie geht fast unter, dass Petrobras mit seinen Zahlen für das dritte Quartal unter den Erwartungen der Analysten lag. Für das dritte Quartal verzeichnet der Konzern einen Gewinn von 1,37 Dollar pro Aktie, ein Rückgang von fast 9 Prozent zu den im entsprechenden Vorjahresquartal erwirtschafteten Ertrag von 1,49 Dollar pro Aktie. Der Umsatz klettert gegenüber Vorjahr um 2,5 Prozent auf 26,02 Milliarden Dollar. Die Öl- und Gasproduktion erhöhte sich gegenüber Vorjahr um 0,4 Prozent. CFO Almir Barbassa führt die etwas enttäuschenden Zahlen auf den fallenden Dollar, hohe Investitionskosten für Material und Ausrüstung und höhere Pensionszahlen zurück. Rohstoffexperte Felipe Cunha vom Investmenthaus Brascan Corretora sieht das Unternehmen trotz der hervorragenden Langfristaussichten mit Problemen in der Kostenplanung konfrontiert.

Zusammenfassung und Ausblick

Unter Berücksichtigung des von uns erwarteten Gewinnwachstums für das Geschäftsjahr 2008 von knapp über 30 Prozent gegenüber Vorjahr auf 7,33 bis 7,35 Dollar pro Aktie ist die Aktie bei einem aktuellen Kurs von 114,45 Dollar mit einem 2008 KGV von 15 bereits ausreichend bewertet. Langfristig orientierte Anleger nutzen Kurskorrekturen zum Aufstocken von Positionen. Eine deutliche Korrektur des Ölpreises stellt ein Risiko für die Aktie dar. Nach dem Erreichen der 100 Dollar-Marke ist eine kurzfristige Korrektur in den Bereich von 80 Dollar nicht auszuschließen. Trotz der aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten rechnen wir mit einem soliden Wachstum für die Weltwirtschaft und für 2008 mit einem weltweiten Anstieg der Ölnachfrage von etwa 1,7 Prozent gegenüber Vorjahr. Das Investmenthaus UBS hat gerade sein Kursziel von 96,10 Dollar auf 133,80 Dollar erhöht. Gerade in Anbetracht der erfolgreichen Explorations- und Produktionsstrategie des Unternehmens und der riesigen Ölreserven für das Tupi-Ölfeld zählt das Papier zu den Top-Investments aus der Energiebranche.

Quelle: Rohstoff-Report

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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