Zum 10-jährigen Todestag des Neuen Marktes
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Viele Menschen dürften wie ich zu Zeiten des Neuen Marktes an die Börse gespült worden sein. Und was waren das für Zeiten! Das in Anlehnung an die US-Technologiebörse eingeführte deutsche Tech-Segment mit Namen Nemax war Ende der 90er-Jahre der Traum eines jeden Börsianers. Aktien, die an einem Tag nicht zweistellig zulegten, galten bereits als schlecht. Um IPO-Gewinne einzufahren, wurden in zahlreichen Banken Depots eröffnet, damit bessere Chancen auf eine Aktienzuteilung bestanden. Unternehmen, die zum Teil kein Geschäftsmodell, aber dafür hippe Namen mit den Endungen .com oder .de aufwiesen, eroberten das Börsenparkett und viervielfachten innerhalb weniger Wochen ihren Wert. Kurzum: Es herrschte Goldgräberstimmung.
Wie jede Blase platzte allerdings auch die Nemax-Bubble, und die Folgen waren schwerwiegend. Eine Vielzahl an Unternehmen ging Konkurs, Anleger verloren ihre Ersparnisse, und der Neue Markt verschwand so schnell, wie er gekommen war. Gerade einmal gut sechs Jahre nach der Gründung am 10. März 1997 stellte die Börse das Börsensegment Neuer Markt am 5. Juni 2003 ein. Der im Juli 1999 als Premiumsegment gegründete Nemax 50 ging in den TecDAX 30 über. Das so neu geschaffene Kurssegment kann seitdem performancetechnisch durchaus überzeugen (siehe Chart).
Kursverlauf von 1999 bis 2013 (log. Kerzendarstellung / 1 Kerze = 1 Monat)
An dieser Stelle soll auf einen Abgesang auf alte, mittlerweile in der Versenkung verschwundene Börsenstars, wie beispielsweise Solarworld, die frühere GPC Biotech (heute Agennix) oder auch Medigene verzichtet werden. Vielmehr steht die charttechnische Analyse von ehemaligen Nemax-Werten, die sich seither sehr positiv entwickelt haben und damit aus der Masse hervorstechen, im Mittelpunkt.
Bertrandt: Vom Nemax in den SDAX
Der Automobil- und Luffahrtdienstleister Bertrandt war neben Mobilcom ein Gründungsmitglied des Nemax, findet sich heute aber nicht im TecDAX, sondern im Smallcap-Segment SDAX wieder. Und die Performance seit dem Börsengang kann sich sehen lassen. Von Kursen unter 8,00 Euro hat sich der Wert mehr als verzehnfacht. Ein langfristiges Kaufsignal entstand allerdings erst im Jahr 2010, als die Aktie aus ihrer zuvor ausgebildeten mehrjährigen Seitwärtsrange nach oben ausbrach. Das bisherige Allzeithoch wurde bei 97,00 Euro ausgebildet. Seither korrigiert der Wert. Die Mai-Monatskerze mahnt aufgrund des langen Dochtes zur Vorsicht und könnte für den Sommer eine Fortsetzung der Konsolidierung mit sich bringen. Innerhalb eines steilen Aufwärtstrendkanals hätte die Aktie durchaus noch Korrekturpotenzial bis auf die 70,00-Euro-Marke. Hier befindet sich aus Chance-Risiko-Gesichtspunkten ein gutes Einstiegsniveau. Kursziele liegen am alten Hoch bei 97,00 Euro, der runden 100,00-Euro-Marke wie auch der 150,00-Euro-Marke. Letzteres Ziel ergibt sich aus einer langfristigen Trendkanalprojektion. Erst unterhalb von 50,50 Euro wäre die langfristige Reihe ansteigender Tiefpunkte bei dem SDAX-Titel unterbrochen und damit der Aufwärtstrend beendet.
Kursverlauf von 1996 bis 2013 (log. Kerzendarstellung / 1 Kerze = 1 Monat)
Morphosys: Die rühmliche Biotech-Ausnahme
Eine der bekanntesten deutschen Biotech-Aktien ist zweifelsohne Morphosys. Das Papier flog im Zuge des Biotech-Hypes am Neuen Markt förmlich durch die Decke. Doch anders als viele Branchenkollegen ist das Unternehmen im Anschluss nicht in der Versenkung verschwunden, wenngleich der Kurs dies zwischenzeitlich andeutete. Der Grund: Das Morphosys-Management hatte das Geschäftsmodell früh diversifiziert. Morphosys operiert sowohl als Dienstleister für die Pharmaindustrie als auch als Eigenentwickler. Ein Ausfalls eines Forschungsprojekts würde aufgrund der breiten Pipeline von über 70 Medikamentenkandidaten nicht, wie bereits einige Male bei börsennotierten deutschen Biotech-Firmen gesehen, die Existenz der gesamten Firma bedrohen. Bereits seit vielen Jahren schreibt die im TecDAX notierte Biotech-Firma operativ Gewinne. Die Fortschritte in der Medikamentenentwicklung wie auch die solide Kapitalbasis schlagen sich positiv auf den Kursverlauf nieder.
Im vergangenen Jahr konnte die Aktie endlich aus einer langen Seitwärtsphase ausbrechen und den Widerstand bei 20,00 Euro nachhaltig hinter sich lassen. Zügig ging es in der Folge bis an den Widerstand bei 30,50 Euro. Hier verschnaufte der TecDAX-Titel etwas und peilt mittlerweile bereits das nächste Etappenziel bei 40,00 Euro an. Ein Anstieg über diese technische Hürde würde zunächst Potenzial bis auf 51,00 Euro und im Anschluss bis auf 66,00 Euro freimachen. Diese Widerstände rühren allesamt aus den Jahren 2000 und 2001 her und markierten signifikante Hochs und Tiefs innerhalb der Abwärtsbewegung während des Neuer Markt-Crashs. Das Allzeithoch aus der Aktie stammt ebenfalls aus dem Jahr 2000 und notiert bei 143 Euro (Börse Frankfurt). Auf Sicht mehrerer Jahre, so deuten die inneren Strukturen der Abwärtsbewegung von 2000 bis 2002 wie auch der Aufwärtsbewegung seit dem Dezember 2012 an, hat die Aktie sehr gute Chancen, diese Marke wieder zu erreichen. Erst ein Rückfall unter die Marke von 30,50 Euro würde das positive Chartbild des Titels eintrüben.
Kursverlauf von 1999 bis 2013 (log. Kerzendarstellung / 1 Kerze = 1 Monat)
Bechtle: Der stille TecDAX-Gewinner
Wofür die Morphosys-Aktie voraussichtlich noch einige Jahre Zeit benötigen wird, das hat die Aktie von Bechtle in diesem Jahr bereits geschafft: Sie hat ihren Höchststand aus dem Jahr 2000 bei 37,90 Euro (Börse Frankfurt) überwunden. Der IT-Dienstleister fristet an der Börse eher ein Schattendasein, die Performance kann sich aber, vielleicht auch gerade deshalb, mehr als sehen lassen.
Aus technischer Sicht folgte einer ersten Aufwärtsstrecke in den Jahren 2002 bis 2007, bei der der Aktie kurz vor ihrem Allzeithoch die Luft ausging, eine scharfe Korrektur. Seit dem Oktober 2008 geht es aber wieder aufwärts mit dem TecDAX-Titel. Bis zum Mai stand das Kursgeschehen in diesem Jahr ganz im Zeichen einer Konsolidierung um das Allzeithoch. Mit der sehr positiven Mai-Monatskerze gelang der Bechtle-Aktie aber endlich der Ausbruch über diese Hürde. Einem Kursanstieg in der zweiten Jahreshälfte und darüber hinaus steht folglich nichts mehr im Weg. Anhand zweier Trendkanalprojektionen lassen sich für die kommenden Monate und Jahre Ziele bei 60,00 und 80,00 Euro ableiten. Erst unterhalb des Tiefs bei 26,00 Euro von Ende 2012 müssten sich die Bullen Gedanken machen. In diesem Fall könnte der Titel bis auf die seit dem Jahr 2002 etablierte Aufwärtstrendlinie und damit unter die 20,00-Euro-Marke durchgereicht werden.
Kursverlauf von 2000 bis 2013 (log. Kerzendarstellung / 1 Kerze = 1 Monat)
Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.
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