Kommentar
18:41 Uhr, 25.10.2013

Zucker: Gegen den Trend

Die meisten Rohstoffpreise fallen und fallen. Zucker fällt hier vollkommen aus der Reihe. Zucker hat im dritten Quartal einen Boden ausgebildet und seitdem 20% gewonnen. Mittelfristig könnten es noch einmal 20% werden.

Die meisten Rohstoffpreise fallen und fallen. Zucker fällt hier vollkommen aus der Reihe. Zucker hat im dritten Quartal einen Boden ausgebildet und seitdem 20% gewonnen. Mittelfristig könnten es noch einmal 20% werden.

Zucker – nicht nur süß

Zucker hat eine lange und äußerst bewegte Geschichte, die sich im Preis deutlich wiederspiegelt. Der Rohstoff bewegt sich regelmäßig in Bereichen, die einer Blase ähneln. Von 1973 bis 1974 verachtfachte sich der Preis und stürzte danach fast genauso schnell wieder ab, um gleich darauf eine Rally von über 500% zu beginnen. Seit diesem extrem volatilen Rohstoffjahrzehnt ist es etwas ruhiger geworden. Dennoch sind regelmäßige Verdopplungen und Halbierungen des Preises an der Tagesordnung. Zuletzt halbierte sich der Preis zwischen 2010 und 2013. Vor einigen Wochen stoppte der Kursverfall bei 16 USD Cents pro Pfund. 16 Cents sind dabei eine Unterstützung bzw. ein Widerstand, der seit 30 Jahren Bestand hat.

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Für die extremen Kursschwankungen gibt es vor allem eine fundamentale Erklärung. In den vergangenen Jahren lag die Produktion meist deutlich über dem Konsum. Besonders ausgeprägt war das in den Jahren 2010 bis 2012. Der Kursrutsch hatte also eine gute fundamentale Story. 2012 lag die Produktion noch immer deutlich über dem Konsum. Für 2013 wird allerdings geschätzt (laut US Agrarministerium), dass die weltweite Produktion nur knapp über dem Konsum liegen dürfte. 2014 wäre sogar eine Umkehr des Trends möglich, sodass der weltweite Konsum die Produktion leicht übersteigt.

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Eine Verknappung des Angebots ist Grundvoraussetzung für weiter steigende Preise. Wie die Versorgung 2014 aussehen wird, lässt sich nur grob abschätzen. Brasilien, als weltgrößter Zuckerproduzent, erwartet eine stabile Ernte. Die letzte Schätzung zur Ernte 2013/14 lag bei einem leichten Minus zur ersten Schätzung. Insgesamt sollte allerdings mehr Zuckerrohr geerntet werden können als 2012/13. Zuckerrohr wird nicht zu 100% zu Zucker als Lebensmittel verarbeitet. In Brasilien geht ein Großteil in die Produktion von Ethanol als Biotreibstoff. So soll am Ende die Menge von Zucker zum Verzehr lediglich um 0,3% im Vergleich zum Vorjahr steigen, während die Produktion von Ethanol um 17% zulegen soll.

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Diese Doppelfunktion von Zucker, als Lebensmittel und Grundlage für die Erzeugung von Biotreibstoff, ist äußerst wichtig. Bis 2010 ging die gesteigerte Produktion in Brasilien hauptsächlich in die Ethanolproduktion. Nach dem Einbruch der Erzeugung 2011 sollte 2014 der Wert wieder in der Höhe des bisherigen Rekordjahres 2008 steigen. Die enorme Steigerung der Ethanolproduktion ist interessanterweise eine Folge der niedrigen Preise von Zucker. Auf dem aktuellen Preisniveau ist es profitabler Ethanol herzustellen. Die Margen sind hier deutlich höher. In Brasilien kommt noch hinzu, dass Biotreibstoff 35% günstiger ist als herkömmliches Benzin. Die Nachfrage steigt hier rapide an. Die insgesamt steigende Zuckerproduktion in Brasilien dürfte auf dem Weltmarkt gar nicht erst ankommen. Wird die Ethanolproduktion zudem noch weiter hochgefahren, könnte die Versorgung des Weltmarktes aus Brasilien sinken. Da Brasilien fast ein Viertel der weltweiten Produktion ausmacht, wird sich das auch auf dem Weltmarkt bemerkbar machen.

Auf zu alten Hochs?

Die Rally der vergangenen Wochen wurde vor allem durch die Meldungen aus Brasilien ausgelöst, dass die Ernte etwas schwächer ausfällt, als zunächst erwartet. Andere Produzenten vermelden allerdings Rekordernten in diesem Jahr. Dabei spielt jedoch nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität eine Rolle. Für 2013 sieht es demnach danach aus, als würde das Überangebot tatsächlich stark schrumpfen. Von Knappheit kann jedoch noch nicht gesprochen werden. Die weltweiten Zuckervorräte liegen bei gut 40% der jährlichen Nachfrage. Eine nachhaltige, lange Rally ist also eher nicht zu erwarten.

Ein weiterer Aspekt, den man nicht unterschätzen sollte, ist die Währungskomponente. Die Hauptproduzenten von Zucker sind Entwicklungsländer. Deren Währungen verloren in den vergangenen Monaten stark gegenüber dem USD. Obwohl der Trend kurz- bis mittelfristig unterbrochen ist (bedingt durch den Schuldenstreit, der spätestens im Januar wieder die Märkte bewegen wird und die wahrscheinlich doch noch länger anhaltenden Anleihekäufe der Fed), sind schwächere lokale Währungen ein Anreiz mehr zu exportieren, um zumindest das Niveau der Einnahmen zu halten. In den kommenden Jahren ist entsprechend mit einer Ausweitung der Produktion zu rechnen.

Die preisliche Entwicklung 2014 wird davon abhängen wie die ersten Ernteschätzungen Anfang des Jahres aussehen und wie viel Ethanol produziert wird. Die Produktion stagnierte hier seit 2010 (Grafik zeigt Millionen Gallonen = ca. 3,8 Liter). Die Nachfrage steigt nach einem kleinen Einbruch 2011 weiterhin rasant an.

Es bestehen Chancen, dass der Preis von Zucker nicht sofort wieder unter Druck gerät, wenn die Ethanolnachfrage wie erwartet weiter steigen kann. Insgesamt ist aber das Angebot groß genug, um die Nachfrage zu befriedigen. Gründe für einen rasanten und längerfristigen Anstieg des Zuckerpreises sehe ich nicht. Vielmehr ist zu erwarten, dass die kommenden Wochen bis ins erste Quartal 2014 weiterhin steigende Preise zeigen, sich dann aber bereits wieder ein Top ausbildet. Ab 24 Cents/Pfund wird die Luft für weitere Zuwächse dünn. Ohne besondere Gründe wie einer außergewöhnlich schlechten Ernte sollten die Preise dann wieder fallen.

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Viel Erfolg

Clemens Schmale

PS: Seit einer Woche finden Sie mich auch auf meinem eigenen Desktop (http://go.guidants.com/#c/clemens_schmale) mit aktuellen technischen und fundamentalen Markteinschätzungen und exotischen Trades. Ich freue mich auf spannende Diskussionen.

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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