Zinswende: Alles schon eingepreist?
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Der Aktienmarkt ist mit einem sehr schwierigen Umfeld konfrontiert. Keiner weiß, wie sich der Ukrainekrieg weiter entwickeln wird. Gleichzeitig ist die Inflation bereits jetzt schon hoch und dies sorgt für eine Umverteilung von Vermögen und Gewinnen. Rohstoffunternehmen boomen und können sich vor Marge kaum noch retten. Die meisten anderen Unternehmen erleben das Gegenteil. Die Margen schrumpfen.
Ist die Inflation hoch, sollte die Bewertung des Marktes grundsätzlich fallen. Die Umverteilung begünstigt wenige und trifft den Großteil der Marktkapitalisierung hart. Auch höhere Zinsen sollten die Bewertung senken. Dies gilt nicht nur wegen höherer Discountfaktoren zukünftiger Cashflows, sondern auch weil straffere Geldpolitik Liquidität abschöpft.
Es ist daher kein Zufall, dass der Chicago Fed National Financial Conditions Index (eine Art Stressindex für das Finanzsystem) negativ mit dem Aktienmarkt korreliert (Grafik 1). Ist viel Stress im System vorhanden, tendieren Aktien zu Korrekturen oder Bärenmärkten.
Der Index steigt seit einiger Zeit an, nicht erst seit Beginn des Ukrainekriegs. Die Aktienmarktkorrektur trifft mit diesem Anstieg zum Teil zusammen. Allerdings dürfte nicht Stress im System der Auslöser gewesen sein, sondern der Krieg. Eine Eintrübung der Aussichten für das Finanzsystem ist noch nicht eingepreist.
Noch kann der Markt die schlechter werdenden Rahmenbedingungen verkraften. Im Vergleich zum Pandemiebeginn, Finanzkrise oder Crash 1987 sind die Bedingungen gut. Die Notenbank wird im Gegensatz zur letzten Zinswende aber weniger behutsam vorgehen. Es kommt zu schnellen Zinserhöhungen und einer schnelleren Reduktion der Bilanzsumme.
Die Verschlechterung des Umfeldes steht erst am Anfang, nicht am Ende. Das gilt auch für den Anleihemarkt. Die Zinsdifferenz zu sicheren Staatsanleihen (Spread) steigt über alle Bonitätsklassen hinweg (Grafik 2). Auch hier hat der Trend bereits im vergangenen Jahr begonnen und es steht noch eine langanhaltende Verschlechterung bevor.
Die Rahmenbedingungen und geringere Liquidität sind aktuell noch kein Problem. Das Problem ist vielmehr, dass der Trend noch am Anfang steht und sich die Lage schnell eintrüben kann. Eine Korrektur aufgrund der strafferen Geldpolitik steht dem Markt noch bevor.
Wie das aussehen kann, zeigt ein längeres Zeitfenster des Stressindex (Grafik 3). Die Fed befindet sich in einer ähnlichen Lage wie in den 70er Jahren. Die Inflation ist hoch und die Einstellung der Fed, dass sich höhere Inflation nicht festgesetzt hat, ist eine monumentale Fehleinschätzung, die mit der ursprünglichen Fehleinschätzung (Inflation ist vorübergehend) vergleichbar ist.
Im Gegensatz zu damals wird der Leitzins nicht auf mehr als 10 % steigen. Das muss er auch nicht, um den gleichen Effekt zu erzielen. Die Schulden sind höher als damals, das potenzielle Wirtschaftswachstum viel niedriger. Ein Leitzins von 3 % heute ist vergleichbar mit 10 % vor über 40 Jahren. Zusätzlich wird nicht nur der Zins erhöht, auch die Bilanzsumme wird verkleinert.
Kurzfristig muss man wegen der Zinswende keine Angst haben. Noch sind die Rahmenbedingungen positiv, doch schon jetzt ist absehbar, dass sich dies mittelfristig ändern wird. Nur weil der Anfang der Zinswende verkraftet wurde, muss das nicht auch für das Ende gelten. Anleger sollten das nicht vergessen und bei Kursen in der Nähe der bisherigen Allzeithochs über Verkäufe nachdenken.
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