Zinssenkungen – ja, wir sprechen über Zinssenkungen
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Die Anzeichen mehren sich, dass die Marktteilnehmer immer stärker auf eine Rezession setzen. Gestern deuteten sowohl fallende Staatsanleiherenditen, sich stark ausweitende Swap Spreads, einbrechende Ölpreise, schwache (europäische) Aktienmärkte wie auch der feste US Dollar in diese Richtung. Insbesondere die fallenden Ölpreise machen es unwahrscheinlich, dass Inflationssorgen und Zinsanhebungserwartungen als kurstreibende Faktoren kurzfristig den Weg zurück in die Märkte finden. Während wir in Europa noch auf die erste Leitzinsanhebung durch die EZB warten, gewinnt in den USA die Frage nach Zeitpunkt und Ausmaß von Leitzinssenkungen an Fahrt. Das Kurzprotokoll der FOMC-Sitzung von Anfang Juni, das heute Abend veröffentlicht werden wird, könnte in diesem Umfeld von den Anlegern als „veraltet“ betrachtet werden.
Nach einer kurzen Erholung am Montag setzten die Bundrenditen gestern ihren Sinkflug der vergangenen zwei Wochen fort. Die 10J Rendite fiel um 15 Bp auf 1,18 % und schloss damit auf dem niedrigsten Niveau seit Anfang Juni. Es war der zehnte Tag in Folge, an dem die 10J Bundrendite in einer Tagesbandbreite von mehr als 10 Bp handelte. Eine kräftige Ausweitung der Swap Spreads spiegelte wider, dass der gestrige Renditerückgang nicht nur durch gedämpfte Leitzinserwartungen, sondern auch von einer zunehmenden Risikofurcht getragen war. Der 10J EUR Swap Spread weitete sich um 5 Bp auf ein neues Hoch von 89 Bp aus, im 2j. Laufzeitbereich betrug die Ausweitung 4 Bp auf 78 Bp. In den USA ging die 10J UST-Rendite um 5 Bp auf 2,83 % zurück, nachdem sie zwischenzeitlich bis auf 2,78 % und damit das niedrigste Niveau seit Ende Mai gefallen war.
Andere Marktsegmente untermauerten den Eindruck, die gestrige Kursentwicklung würde zunehmende Rezessionsängste widerspiegeln. Allen voran signalisierte dies der Ölpreis, der um knapp 10 % auf 103 USD/bbl einknickte. Die europäischen Aktienmärkte gaben durch die Bank fast 3 % ab. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für den DAX rutschte erstmals seit März 2020 unter die Schwelle von 10, die entsprechenden Bewertungskennziffern für den Euro STOXX 50 und den STOXX Europe 600 fielen ebenfalls auf Niveaus, wie wir sie zuletzt kurz nach Ausbruch der Coronakrise gesehen hatten. Auch an den amerikanischen Aktienmärkten ging es anfänglich bergab. Am späten Nachmittag setzte jedoch eine Erholungsrallye ein. Der S&P 500 legte vom Tagestief um 2,4 % zu und die Big Tech Titel im NYFANG+ Index erholten sich gar um 5,5 %.
Die steile Erholung in den Tech-Werten könnte ein Indiz dafür sein, dass die Anleger nur mit einer kurzen Phase hoher Leitzinsen in den USA rechnen. Zwar preisen die Geldmärkte weiterhin einen steilen Zinsanhebungspfad der Fed ein, aber: Erstens wird die Spitze im Zinsanhebungszyklus mittlerweile bei nur noch 3,25 % gesehen (vor wenigen Wochen wurde noch ein Peak von mehr als 4 % eingepreist). Und zweitens implizieren die Forwards, dass bereits im Verlauf des ersten Halbjahrs 2023 mit einer ersten Leitzinssenkung zu rechnen sei. Historisch betrachtet wäre es nicht ungewöhnlich, wenn die US-Notenbank nach Erreichen eines Leitzinsgipfels relativ zügig wieder in die andere Richtung rudert. Bei sieben Zinsanhebungszyklen seit 1984 wurde das Maximalniveau im Leitzins nur zwei Mal länger als ein Jahr gehalten, bei den anderen fünf Episoden erfolgte die erste Zinssenkung im Schnitt bereits nach fünf Monaten.
Profiteur der gestrigen Risikoaversion im Markt war der US Dollar, der gegenüber sämtlichen anderen Hauptwährungen teils kräftig zulegen konnte. EUR-USD rutschte von 1,0450 auf Kurse um 1.0250, ein Niveau, welches wir zuletzt Ende 2002 gesehen haben. EUR-CHF fiel in den Vormittagsstunden wie ein Stein von 1,0020 auf 0,9930 und nistete sich im weiteren Tagesverlauf dort ein. Die allgemeine Risikoscheu stützt den US Dollar, spezifische europäische Risiken, vor allem die Gefahr ausbleibender Gaslieferungen, belasten den Euro.
Wie groß sind heute die Chancen auf eine Stimmungswende an den Märkten? Positive Überraschungen im amerikanischen Dienstleistungs-ISM oder bei dem JOLTS-Bericht (beide um 16 Uhr) könnten die Anleger zu der Einschätzung veranlassen, zuletzt vielleicht etwas zu pessimistisch gewesen zu sein. Andererseits beinhalten beide Berichte auch das Potenzial, die Anleger in ihren Befürchtungen zu bestätigen. Kritische Variable ist vermutlich der Ölpreis: Steigende Notierungen könnten die Inflationsfalken auf den Plan rufen, fallende Ölpreise wären hingegen Wasser auf die Mühlen der Rezessionspropheten…
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Der Beitrag Zinssenkungen – ja, wir sprechen über Zinssenkungen erschien zuerst auf onemarkets Blog (HypoVereinsbank - UniCredit Bank AG).