Zinserhöhungen: ja, nein, vielleicht?
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EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat sich angesichts der explodierenden Inflation und ihrer bisherigen Festlegung, die Leitzinsen im aktuellen Jahr trotzdem nicht anzuheben, um Schadensbegrenzung bemüht.
Auf einer Diskussionsveranstaltung des Weltwirtschaftsforums schloss Lagarde Zinserhöhungen nicht explizit aus. Gleichzeitig blieb sie allerdings bei ihrer Einschätzung, dass die Bedingungen für Zinserhöhungen derzeit nicht erfüllt seien.
Die wirtschaftliche Erholung sei "atemberaubend" verlaufen und man sei angesichts der starken Reaktion auf die Krise auch "Opfer des eigenen Erfolges", sagte Lagarde. Wenn man einen Anstieg der Inflationsrate auf 5,0 Prozent wie im Dezember in der Eurozone sehe, müsse man hinter die Daten blicken und sich fragen, wodurch dieser Anstieg ausgelöst worden sei und ob es bei der hohen Inflation bleiben werde oder nicht.
"Wir versuchen, herauszufinden, wie lange es andauern wird", sagte Lagarde mit Blick auf die hohe Inflation. Denn dies sei entscheidend für die geldpolitische Reaktion. Ein Großteil des Anstiegs der Inflation sei den Energiepreisen geschuldet, die nicht nur wegen der wirtschaftlichen Erholung, sondern auch aus geopolitischen Gründen gestiegen seien. Einige Basiseffekte, die für das Explodieren der Inflation verantwortlich seien, würden bereits im kommenden Monat verschwinden.
"Wir werden neue Projektionen in einigen Monaten haben, die möglicherweise anders aussehen." Lagarde bekräftigte allerdings, dass drei Kriterien, die sie erstmals im Juli 2021 benannt hatte, vor einer möglichen Zinserhöhung erfüllt sein müssten. Demnach müsste die EZB nicht nur davon überzeugt sein, dass die Inflationsrate auf über zwei Prozent steigt (was längst geschehen ist), sondern auch davon, dass die Inflationsrate bis zum Ende des EZB-Prognosezeitraums (der aktuell bis Ende 2024 läuft) nicht mehr unter zwei Prozent fällt. Außerdem muss auch die zugrunde liegende Inflation (also die Inflation ohne alle temporären Effekte) sich dauerhaft bei zwei Prozent stabilisieren können und nicht darunter zurückfallen.
Wenn die drei Kriterien erfüllt seien, werde man handeln, sagte Lagarde. Derzeit seien diese aber nicht erfüllt. Durch das zweite Kriterium hat Lagarde das Kriterium der Preisstabilität effektiv in eine Inflationsuntergrenze verwandelt. Die Inflation darf auf Sicht mehrerer Jahre nach den EZB-Prognosen nicht mehr unter zwei Prozent fallen, sonst ist das Kriterium nicht erfüllt. Außerdem liegt es letztlich allein im Ermessen der EZB, was sie für die kommenden Jahre prognostiziert.
Lagarde betonte zwar auch heute wieder die "Datenabhängigkeit" der EZB-Geldpolitik, durch die von ihr benannten Kriterien beziehen sich diese "Daten" allerdings nicht mehr in erster Linie auf die tatsächliche Inflationsrate (die im Dezember bei 5,0 Prozent und damit extrem weit über dem EZB-Ziel von zwei Prozent lag), sondern auf die Prognosen der EZB, die sich offenkundig immer mehr im luftleeren Raum bewegen und mit den realen Inflationsdaten immer weniger zu tun haben.
Immerhin verwies Lagarde darauf, dass man sich in den kommenden Monaten die Erwartungen bis zum Ende des Prognosezeitraums ansehen werde und dass sich diese Erwartungen verändern könnten. Ein Umsteuern ist also nicht mehr völlig ausgeschlossen. Es wäre durchaus möglich, dass die EZB in den kommenden Monaten zu der Überzeugung gelangt, dass die Inflationsrate bis Ende 2024 nicht mehr unter zwei Prozent fällt, womit auch wieder Zinserhöhungen möglich würden. Zunächst allerdings läuft Ende März wie geplant das EZB-Pandemie-Kaufprogramm PEPP aus, was allerdings durch eine temporäre Erhöhung der regulären Anleihenkäufe der EZB teilweise kompensiert wird.
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