Kommentar
09:57 Uhr, 13.12.2016

Zinsentscheid der Fed: Darauf kommt es an!

Die US-Notenbank wird am Mittwoch die Zinsen anheben. Darauf kommt es aber gar nicht an. Etwas ganz anderes steht im Vordergrund.

Es besteht inzwischen kein Zweifel mehr, dass die Notenbank die Zinsen anheben wird. Alles andere wäre eine Überraschung sondergleichen und würde wohl zu hohen Volatilität an den Märkten führen. Es ist also nicht der eigentliche Zinsentscheid, auf den es ankommt.

Die Notenbank veröffentlicht vierteljährlich ihre Einschätzung zur zukünftigen Entwicklung der Wirtschaft. Dazu gehört das Wirtschaftswachstum ebenso wie eine Inflationsprognose und Einschätzung zur Entwicklung der Arbeitslosenrate. Die letzten Projektionen stammen aus vergangenem September. Ein Update wird es am Mittwoch geben.

Dieses Update dürfte sehr viel mehr Aufmerksamkeit erfahren als der Zinsentscheid, denn nun suchen alle nach Hinweisen, wie die Notenbank die neue Administration um Donald Trump einschätzt. Die Notenbanker selbst lehnen sich im Vorfeld der Sitzung nicht aus dem Fenster. Recht einstimmig ist zu hören: Es ist noch zu früh, um die Effekte der neuen Politik zu beurteilen.

Rein fachlich haben die Notenbanker Recht. Noch ist nichts geschehen. Bisher gab es nur Getöse im Wahlkampf und Andeutungen danach. Es gilt zwar als ausgemacht, dass Steuern sinken werden, doch in welchem Ausmaß und für wen genau, das steht noch in den Sternen. Erst müssen Fakten geschaffen werden, bevor die Notenbanker den Einfluss beurteilen können.

Ohne unterschriebene Gesetze handelt es sich um reine Spekulation, wenn die Notenbank nun schon von einer höheren Inflationsrate ausgeht, nur weil ein Konjunkturprogramm angekündigt wurde. Die Prognosen vor der Tatsache anzupassen, macht wenig Sinn. Und trotzdem kommt die Notenbank wohl nicht darum herum eine Aussage zu treffen.

Es ist so gut wie unmöglich die Pläne der neuen Regierung – und seien sie noch so vage – in den Prognosen nicht zu berücksichtigen. Der Markt hat bereits darauf reagiert und das, was an den Märkten vorgeht, beeinflusst letztlich auch die Einschätzung der Notenbank. Der Markt geht inzwischen von einer schneller steigenden Inflation aus. Grafik 1 zeigt dazu die Inflation in den letzten Jahren und die letzte Vorhersage der Notenbank.

Die Notenbank sieht eine gemächliche Rückkehr zu ihrer Zielmarke von 2 %. Der Markt hält mehr für möglich. Er geht inzwischen fest davon aus. Auch wird das Wirtschaftswachstum vom Markt inzwischen höher eingeschätzt. Nun wird sich am Mittwoch zeigen, ob sich die Notenbank davon beeinflussen lässt und ihre Prognose anpasst.

Auf diese Anpassungen werden alle warten. Sieht die Notenbank eine höhere Inflation in den kommenden Jahren, dann lässt sich die bisherige Zinsprognose kaum halten (Grafik 2). Noch im September wurde die Prognose nach unten angepasst. Nun wird es darauf ankommen, ob es dabei bleibt oder die Prognose wieder nach oben verschoben wird.

Die Zinsentwicklung hängt letztlich von der Arbeitslosenrate ab, die ein maßgeblicher Faktor für die Inflation ist. Die Anpassung einer der Datenreihen bedingt automatisch auch die Anpassung von anderen. Kommt zu vom Markt unerwarteten Neueinschätzungen, ist es das, was für Unruhe sorgen kann. Der Markt geht nach wie vor von einer langsamen Zinserhöhung im kommenden Jahr aus.

Grafik 3 zeigt die Zinsentwicklung und nimmt die Anhebung am Mittwoch vorweg. Bis Ende 2017 erwartet die Fed nach aktuellem Stand zwei weitere Zinsschritte. Der Markt impliziert bisher nur eine Anhebung. Das ist keine dramatische Divergenz. Da gab es in den letzten Jahren ganz andere Situationen.

Bemerkenswert ist die Einschätzung des Marktes, dass es 2017 nur einen Zinsschritt geben wird, weil gleichzeitig von stärker steigender Inflation ausgegangen wird. Indirekt gehen Anleger also davon aus, dass höhere Inflation nicht automatisch zu steigenden Zinsen führt. Das bestätigt auch die Differenz zwischen inflationsgebunden und herkömmlichen Anleihen. Anleger sehen so gut wie keinen Realzinsanstieg.

All diese Vermutungen und Aussagen des Marktes können am Mittwoch gekippt werden, wenn die Notenbank ihre Prognose „falsch“ anpasst. Die Sitzung in dieser Woche gilt zwar als unspektakulär, doch das ist sie nicht. Die Sicherheit, in der sich der Markt mit seiner Meinung derzeit wägt, kann komplett auf den Kopf gestellt werden.

Clemens Schmale

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4 Kommentare

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  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    https://dailyreckoning.com/revealing-real-rate-inf...

    Die real Inflation ist schon viel höher

    13:40 Uhr, 13.12. 2016
  • einfach
    einfach

    an german2

    ein kleiner hinweis am rande, alle großen geschäftsteilnehmer hier auf dem vertrauens kapitalmarkt arbeiten zum großen teil im hedgefond modus.

    das heißt erstens sie verdienen geld in beide richtungen long und short und zweitens um in beide richtungen geld zu verdienen braucht der markt volatilität.

    diese volatilität wird durch übertreibungen und nachrichten gesteuert.

    die werte der kurse spielen bei dieser art und weise geld zu verdienen eine untergeordnete rolle, es kommt hauptsächlich auf die mögliche gewinndifferenz zwischen dem wert des einstiegs in den handel und dem ausstieg aus dem handel an.

    es bringt überhaupt nichts, sich über dieses spel aufzuregen.

    das einzige was jeder marktteilnehmer in diesem spiel machen kann, ist, sich in die volatilität einzuklinken und sich über die differenzen von einstieg bis ausstieg zu freuen.

    11:39 Uhr, 13.12. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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