Fundamentale Nachricht
10:34 Uhr, 17.08.2018

Zinsen rauf, seitwärts oder runter?

Die Anleihemärkte stehen nach Einschätzung von Peter de Coensel, CIO Fixed Income bei Degroof Petercam AM, vor einer ungewissen Zukunft – Angst sei dennoch unangebracht.

Erwähnte Instrumente

Brüssel (GodmodeTrader.de) - Seit etwa einem Jahr befindet sich der Bund-Future im Seitwärtstrend. Der Indikator für den deutschen Rentenmarkt reflektiert demnach eine Kursentwicklung, die unter starken Schwankungen zu unveränderten bzw. leicht niedrigeren Renditen bei Bundesanleihen geführt hat. Bei genauerer Betrachtung scheint sich also die von vielen Marktteilnehmern bereits ausgerufene Zinswende noch nicht durchgesetzt zu haben, wie Peter de Coensel, CIO Fixed Income bei Degroof Petercam AM, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Denn wer mit Staatsanleihen der EU-Kernländer Geld verdienen möchte, gehe im Schnitt bei Anleihen mit einer Laufzeit von unterhalb fünf Jahren nominal nach wie vor leer aus bzw. zahle teilweise sogar drauf. Dabei müssten Anleger unter Berücksichtigung der Inflation mindestens 1,4 Prozent Rendite einfahren, um die Kaufkraft ihrer Anleiheinvestition zu erhalten, heißt es weiter.

Für de Coensel sind die fetten Jahre an den Rentenmärkten zwar grundsätzlich vorbei, Angst hält er dennoch für unangebracht: „Bei einem kurzfristigen Anlagehorizont erscheinen einzelne Staats- und Unternehmensanleihen der Eurozone wenig attraktiv. Doch betrachtet man den gesamten Markt für Euro-Staatsanleihen sowie in Euro begebene Investment Grade und High Yield-Unternehmensanleihen, sieht der Blick in die Zukunft schon vielversprechender aus. Und wenn man das Spektrum noch auf die globalen Anleihemärkte und Fremdwährungen erweitert, lassen sich die Möglichkeiten deutlich erweitern und Anleiheportfolios mit attraktiveren Rendite-Risiko-Profilen konstruieren.“

Seine Ansicht untermauert der Rentenexperte mit Zahlen: In Szenarien vorübergehend schwankender Zinsen und Credit Spreads sollten Investoren möglichst geduldig und ohne Market Timing agieren. Dies vorausgesetzt betrage die durchschnittliche Duration, die dem kürzesten Anlagehorizont entsprechen sollte, bei europäischen Staatsanleihen 7,5 Jahre, bei einem erwarteten Bruttoertrag von 1,8 Prozent. Für Euro-Unternehmensanleihen lägen diese Werte bei drei Jahren bzw. 2,0 Prozent. Berücksichtige man den durchschnittlichen Ausfall von Euro-High Yield-Bonds über fünf Jahre, so liege der erwartete Return für dieses Anleihesegment bei knapp unter zwei Prozent, heißt es weiter.

„Sucht man außerhalb der Eurozone nach Diversifikatoren, lassen sich interessante Kombinationen zusammenstellen“, sagt de Coensel. „US-Staatsanleihen zum Beispiel handeln bei einem erwarteten Return von 3,1 Prozent und einer Duration von 8 Jahren sowie US-Unternehmensanleihen bei 4,8 Prozent bzw. 7,5 Jahren. Das Rendite-Risiko-Profil lässt sich weiter abrunden mit in Lokalwährungen begebenen Staatsanleihen der Schwellenländer, deren erwartete Rendite bei 5,6 Prozent liegt.“

Vorhersagen zu treffen, wie sich die Märkte entwickeln, sei immer schwierig – häufig komme es dann anders. Den verschiedenen Szenarien für die internationalen Rentenmärkte lägen Annahmen an eine Konjunktur zugrunde, die entweder gleich bleibe oder sich beschleunige bzw. verlangsame. Entsprechende Erwartungen bestünden dann hinsichtlich der Marktzinsen, heißt es weiter.

„Das aktuelle Grundszenario berücksichtigt den aktuellen nominellen Wachstumspfad der Weltwirtschaft mit reflationären Tendenzen und dementsprechenden Erwartungen an steigende langfristige Zinsen. Dieses Umfeld kann für Anleiheinvestments Kursverluste bedeuten und fordert Anlegern eine hohe Wachsamkeit ab. Pendelt sich das globale Wachstum hingegen auf dem vorherrschenden Niveau ein, werden die langfristigen Zinsen im Durchschnitt niedrig bleiben. In einem solchen Umfeld bleiben vor allem solche Rentenanlagen attraktiv, die breit diversifiziert sind und auf die Erzielung solider Erträge abzielen“, so de Coensel.

Verlangsamt sich gar das weltweite Wachstum, stiegen erneut die Rezessions- und Deflationsrisiken. Notenbanken würden wieder zu quantitativen Maßnahmen greifen, um die langfristigen Zinsen möglichst niedrig zu halten. Dieses Szenario würde den Druck auf die Bondrenditen wieder erhöhen, während die Anleihekurse gleichzeitig anzögen, heißt es weiter.

Mit Blick auf das zweite Halbjahr 2018 kommentiert Peter de Coensel: „Welches Marktszenario auch immer eintritt, am besten gerüstet sind Investoren mit einem maximal diversifizierten Anleiheportfolio. Denn Diversifikation ist der einzige ‚Free lunch‘ an den Kapitalmärkten, also die einzige Komponente, die kein Risiko beinhaltet.“ Ein weltweit breit gestreutes Bondportfolio sei deshalb der Schlüssel für die Anleihemärkte von morgen.

„Bei Degroof Petercam AM konstruieren wir ein ‚Most Diversified Portfolio‘ derzeit mit den Komponenten ‚Globale Staatsanleihen‘, ‚Globale Inflationsindexierte Anleihen‘, ‚Schwellenländerstaatsanleihen in Lokalwährung‘ sowie Liquidität. Abgerundet wird dieser Mix durch ein globales Unconstrained-Portfolio, in dem Anleihen nach hoher Überzeugung völlig frei von Vorgaben und unabhängig einer Benchmark selektiert werden. Solange die Fixed Income-Komponente gut diversifiziert ist, wird sie auch zukünftg zum Kapitalwachstum beitragen können und zudem eine Absicherung bieten, wenn die Aktienkomponente eines Vermögens in Bedrängnis kommt“, so der Fondsmanager.

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

Mehr Experten