Kommentar
14:45 Uhr, 17.10.2006

ZEW-Konjunkturerwartungen - Warten auf die Bodenbildung

1. Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland gaben im Oktober zum neunten Mal in Folge auf nunmehr -27,4 Punkte nach. Von Bloomberg befragte Volkswirte hatten im Mittel (Median) mit einem Anstieg auf -20 Punkte gerechnet, wir hatten sogar eine Verbesserung auf -15 Punkte prognostiziert. Die Lagebeurteilung hat sich nochmals um 4 Punkte auf 42,9 Punkte verbessert.

2. Woher resultiert der unerwartete erneute Rückgang? Ganz mechanistisch lässt er sich folgendermaßen erklären. Die Konjunkturerwartungen werden auf Sicht von sechs Monaten ermittelt, also für den April 2007. Konkret wird gefragt, ob sich die Konjunktur bis dahin verbessert, verschlechtert oder gleich bleibt. Wenn das Konjunkturbild der befragten Analysten für das laufende Quartal 2006 sehr gut ist und die wirtschaftliche Entwicklung im zweiten Quartal 2007 aus ihrer Sicht damit noch nicht Schritt halten kann, ist der erneute Rückgang zu rechtfertigen. Gestützt wird diese Schlussfolgerung durch die starke Lagebeurteilung.

3. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn für das zweite Quartal 2007 kann man mit einer Belebung der weltwirtschaftlichen Entwicklung rechnen. Davon künden letztlich auch die verbesserten Konjunkturerwartungen für die USA und Japan. Da sich die Stimmung in Deutschland trotz erster Hoffnungen für die USA und Japan erneut verschlechtert hat, liegt der Schluss nahe, dass es möglicherweise auch hausgemachte Gründe sind, die die Finanzmarktanalysten noch vorsichtig stimmen. Die Nachfrageausfälle nach den Vorzieheffekten infolge der Mehrwertsteuererhöhung können das nur bedingt erklären, denn sie fallen zum überwiegenden Teil in das erste Quartal 2007. Was könnte es also sonst noch sein? Das ZEW selbst bringt an dieser Stelle die missglückte Gesundheitsreform ins Spiel. Darüber hinaus könnte für die Stimmungseintrübung aber auch das gesamte fiskalische Maßnahmenbündel verantwortlich sein, das neben den Preiserhöhungen infolge der Mehrwert- und Versicherungssteuererhöhung auch zusätzliche Steuererhöhungen (Kürzung von Sparerfreibetrag und Pendlerpauschale, Reichensteuer) oder steigende Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge bringt. Alles in allem, wird den Haushalten netto deutlich Kaufkraft entzogen. Möglicherweise treten diese Belastungen, die bei der Diskussion um die Mehrwertsteuererhöhung kaum thematisiert wurden, nun in den Vordergrund. Dass die Finanzmarktanalysten zudem trotz der Jahreshöchststände an den Aktienmärkten und der Jahrestiefststände des Ölpreis nicht zuversichtlicher nach vorne blicken, unterstreicht den „hausgemachten“ Pessimismus.

4. Wie geht es weiter mit der Stimmung in Deutschland? Für die ZEW-Konjunkturerwartungen ist in nächster Zeit mit einer Bodenbildung zu rechnen. Nach dem freien Fall in den letzten Monaten, hat sich dieser zuletzt etwas abgebremst. Auch das tiefe Niveau (rund 1,7 Standardabweichungen unter dem langjährigen Mittelwert) lässt darauf hoffen. Schließlich kommt die Konjunktur im Verlauf des Jahres in ruhigeres Fahrwasser, was eine bessere Beurteilung rechtfertigt. Das ifo Geschäftsklima wird hingegen noch weitere Rückgänge aufweisen. Gemessen an dem von uns ermittelten ZEW-Klima ist es noch viel zu hoch. So liegt es noch deutlich (1,8 Standardabweichungen) über seinem langjährigen Mittelwert.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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