Kommentar
14:22 Uhr, 07.12.2004

ZEW-Index steigt - aber keine Trendwende

1. Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland haben sich im Dezember geringfügig um 0,5 Punkte auf 14,4 Punkte verbessert. Damit wurden die Erwartungen der von Bloomberg befragten Volkswirte (Median: 10,0 Punkte) wie auch unsere etwas zuversichtlichere Prognose von 11,0 Punkten übertroffen. Gleichzeitig hat sich die Lagebeurteilung deutlich verschlechtert, sie sank von -57,8 auf -64,2 Punkte Bloomberg und DekaBank: -58,0 Punkte).

2. War das die Trendwende? Einige Überlegungen sprechen dagegen. Zunächst muss man festhalten, dass das offizielle Vormonatsergebnis (13,9 Punkte) nach unten verzerrt ist. Es kam vor allem deshalb zustande, weil rund 80% der Umfrageteilnehmer ihre Antworten vor der Veröffentlichung der überraschend guten US-Arbeitsmarktdaten abgegeben hatten. Die verbleibenden 20 % der Antworten hätten im Durchschnitt zu einem Indikatorstand von 28 Punkten geführt. Wenn man annimmt, dass ein guter Teil der vorzeitigen Meldungen mit diesen Informationen ebenfalls optimistischer ausgefallen wäre, dann wäre der Vormonatsstand deutlich höher gelegen. So gesehen ist der heute gemeldete leichte Anstieg eher als ein faktischer Rückgang zu werten. Bestätigung findet diese Sichtweise in der Tatsache, dass der Anteil derjenigen, die eine konjunkturelle Verschlechterung erwarten, sogar leicht angestiegen ist. Ferner zeigt der Blick in die Historie dieses Indikators, dass eine Trendwende frühestens nahe der Nulllinie oder darunter erfolgte. Bis dahin verbleibt noch Raum, der angesichts der belastenden Momente für die Konjunktur wohl auch genutzt werden wird. Schließlich zeigt sich für alle anderen abgefragten Länder der ZEW-Umfrage (Frankreich, Italien, EU12, Vereinigtes Königreich, USA und Japan) eine Verschlechterung der Konjunkturerwartungen. Dies deutet auf eine Fortsetzung der schwachen Exportentwicklung hin.

3. Der Rückgang der Lagebeurteilung war unerwartet stark und reflektiert die schlechten Konjunkturindikatoren in den vergangenen (!) Monaten. Es zeigt sich nämlich, dass die ZEW-Lagebeurteilung – gemessen an der Kreuzkorrelation – der Produktion (im Vorjahresvergleich) durchschnittlich rund vier Monate hinterherläuft. Und allein in den Zeitraum seit der letzten ZEW-Umfrage fallen eine Reihe schlechter Nachrichten: angefangen bei der geringen Zunahme des Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal (Veröffentlichung einen Tag nach der ZEW-Umfrage für November) bis hin zu den schlechten Einkaufsmanagerindizes für Dezember, die letzte Woche veröffentlicht wurden.

4. Deutschland befindet sich in einer Konjunkturdelle. Es stellt sich nun die Frage, wie lange diese anhält. Gemessen an der Vorjahresveränderung der Produktion haben die ZEW-Konjunkturerwartungen einen beachtlichen Vorlauf von fünf Monaten, wobei die Erklärungskraft anderer Indikatoren höher ist (höhere Korrelationskoeffizienten signalisieren einen stärkeren Zusammenhang). Tendenziell müssen wir uns also noch auf einige Monate einer gedämpften gesamtwirtschaftlichen Entwicklung einstellen. Doch die Chancen stehen gut, dass diese Schwächephase nur den Anlauf zu einem neuen Aufschwung darstellt. Trotz unserer Skepsis für das Jahr 2005 (0,9 % Wachstum) blicken wir daher zuversichtlich auf das Jahr 2006 (1,9 % Wachstum).

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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