Kommentar
10:29 Uhr, 19.12.2018

Zehn Überraschungen des Jahres 2019

Wie in jedem Jahr gibt es als letzte Ausgabe meines Kommentars zehn nicht ganz ernst gemeinte Überraschungen für das Jahr 2019. Ich verabschiede mich für 2018 und komme wieder am 9. Januar 2019.

  • Im zu Ende gehenden Jahr gab es erneut mehr Überraschungen als zuvor. Vermutlich werden es 2019 noch einmal mehr werden.
  • Hier zehn – nicht immer ganz ernst gemeinte – Entwicklungen im Marktumfeld im kommenden Jahr, mit denen heute kaum jemand rechnet.
  • Es sind keine Prognosen. Sie sind die berühmten "schwarzen Schwäne", die zeigen sollen, was in dieser verrückten Welt alles möglich ist.

An Überraschungen hat es im letzten Jahr weiß Gott nicht gefehlt. Das hängt nicht zuletzt mit dem amerikanischen Präsidenten zusammen und seiner Neigung, vorzugsweise das zu tun, was Märkte und Öffentlichkeit gerade nicht von ihm erwarten. Viele mögen das nicht. Vieles war auch wirk­lich schlecht. Aber nicht alles. Die Steuerreform und die De­regulierungen etwa haben zeitweise zu erheblichen Kursge­winnen an den US-Aktienmärkten geführt.

Ich vermute, dass wir 2019 eher noch mehr Überraschun­gen erleben werden. Es gibt immer mehr "kleine Trumps" in der Welt, die sich durch Unerwartetes profilieren wollen. Im Folgenden ein paar Beispiele, was im Umfeld der Kapital­märkte alles passieren könnte.

Erstens: Nach dem Chaos beim Brexit setzt Ernüchterung im Vereinigten Königreich ein. Vielleicht war es doch nicht so klug alles alleine machen zu wollen. Es kommt die Idee auf, eine "Alternative EU" (AEU) zu gründen. Die britische Premierministerin nimmt Gespräche mit nordeuropäischen Ländern und mit Irland über eine stärkere Zusammenarbeit auf. Brüssel ist "not amused".

Zweitens: Die Regierung in Rom erkennt, dass das Volk weder den Euro noch die EU verlassen will. Sie denkt über Alternativen nach, wie sie das Land aus dem wirtschaftli­chen und politischen Tal führen kann. Eine Idee: Sie macht einen radikalen Schnitt bei den Staatsschulden. Danach geht es den Banken wieder besser, die Maastricht-Kriterien werden erfüllt, der Staat kann wieder aus dem Vollen wirt­schaften und es kommt zu der gewünschten Umverteilung von oben nach unten. Italien wird mit einem Mal der Muster­staat im Euro, sehr zum Ärger der anderen Mitglieder.


Es gibt immer mehr "kleine Trumps" in der Welt, die sich durch Unerwartetes profilieren wollen.


Drittens: In Deutschland öffnet sich die SPD nach links, weil sie einsieht, dass die CDU ihr in der Mitte Wähler weg­nimmt. Es kommt zu Gesprächen mit Sahra Wagenknecht und ihrer Bewegung "Aufstehen". Da die bisherige Vorsit­zende der SPD Andrea Nahles wenig Fortune hatte, bietet sich Wagenknecht als neue Vorsitzende an. Teile der Grü­nen, vielleicht auch der AfD, schließen sich an.

Viertens: Die Proteste gegen die Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten nehmen zu. Der Verkehrsminister bringt einen neuen Vorschlag: Ein Parkverbot für Diesel-Autos. Sie dürfen zwar in die Innenstädte fahren, dürfen dort aber weder halten noch parken. Begründung: Beim Parken ist die Emission von Schadstoffen am Höchsten.

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Fünftens: Endlich gelingt ein Durchbruch in der Altersvor­sorge: Ältere Menschen verkaufen ihre Häuser an die Ban­ken. Sie erhalten dafür nicht nur ein lebenslanges Wohn­recht, sondern auch eine lebenslange Rente, mit der sie ihre sonstigen Altersbezüge aufbessern können. Das ruft Proteste der Enkelgeneration hervor. Sie gründen den Bun­desverband der geschädigten Enkel (BdgE).

Sechstens: Die Deutschen gelten vielfach als Miesepeter und Könige der schlechten Laune. Die Glückforscher haben ermittelt, dass das nicht richtig ist. Deutschland befindet sich mit seinem Glücksempfinden vielmehr genau im Durch­schnitt der EU. Seine Bürger fühlen sich – so die Statistiker – sogar wohler als etwa die Amerikaner. Mit zunehmendem Alter werden sie auch nicht unglücklicher, sondern zufriede­ner. Die Regierung plant, diese Ergebnisse stärker publik zu machen. Das erspart ihr Änderungen bei der Politik.

Siebtens: Die Europäische Zentralbank fasst sich ein Herz und erhört die Klagen von Wirtschaft und Banken. Sie schafft, trotz der konjunkturellen Schwäche, die Nullzinsen schon im Frühjahr 2019 ab. Das gibt zunächst einen Riesenkrach an den Finanzmärkten, weil viele auf dem fal­schen Fuß erwischt werden. Als die Beteiligten aber erken­nen, dass dies für die Währung und für sie selbst langfristig das Beste ist, dreht sich die Stimmung. Die Aktienkurse in Europa gehen wieder nach oben. Es wiederholt sich das berühmte "Conundrum", das es vor 15 Jahren schon einmal in Amerika gab.

Achtens: Rettung der Deutschen Bank. Weil die Wirtschaft nicht an die von der Regierung geplante Fusion mit der Commerzbank glaubt, andererseits aber dringend eine gro­ße und starke Bank braucht, kommt ein neuer Gedanke auf. Ein Konsortium aus Industrieunternehmen erwirbt die Mehr­heit an der Deutschen Bank, setzt ein neues Management ein und trimmt die Bank auf Erfolg. Erfahrung in Finanzdin­gen haben die Unternehmen durch ihre eigenen Banken schon.

Neuntens: Der Ärger mit den verdammten Targetsalden geht vorbei. Die Europäische Zentralbank und die Bundes­bank stellen die Veröffentlichung der jeweiligen Zahlen ein. Zunächst geht ein Aufschrei durch das Land, weil wichtige Informationen nicht mehr veröffentlicht werden. Das beru­higt sich aber nach einer gewissen Zeit. Die Targetsalden hat ohnehin niemand verstanden. Sie wurden nur durch Zu­fall von Professor Sinn entdeckt. Niemandem geht es schlechter, seit die Öffentlichkeit nicht mehr weiß, wie groß die Salden sind.

Zehntens: Demokratie in Europa. Nach einem heftigen Kampf der Spitzenkandidaten bei der Wahl des Europäi­schen Parlaments, beschließen die Staats- und Regierungs­chefs, keinen von ihnen zum Kommissionspräsidenten zu wählen. Sie ernennen vielmehr Christine Lagarde, die bis­herige Chefin des Internationalen Währungsfonds. Sie be­kommt den Auftrag, sich besonders für mehr Demokratie in Europa einzusetzen.

Für den Anleger

Dies ist der letzte Wochenkommentar in diesem Jahr. Ich danke allen Lesern, die mir die Treue gehalten haben, mir immer wieder schrieben und mich mit neuen Gedanken an­geregt haben. Ich freue mich, dass 2018 wieder viele Leser dazu gekommen sind.

Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Weihnachtsfest und ein gutes, friedfertiges Neues Jahr.


Anmerkungen oder Anregungen? Ich freue mich auf den Dialog mit Ihnen: martin.huefner@assenagon.com.

Dr. Martin W. Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management S.A.

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