Kommentar
09:00 Uhr, 28.03.2017

Wohin sind die Arbeiter verschwunden?

In den USA sind in diesem Aufschwung Millionen an Arbeitern „verschwunden.“ Jetzt ist klar, wo sie sind.

Die regionale Notenbank von Dallas hat durch eine Studie geklärt, wohin die Arbeiter verschwunden sind. Die Sache beschäftigt seit langem die Notenbanken und die Politik. Es geht dabei im Kern um die Partizipationsrate. Vor der Krise arbeiteten insgesamt 62,8 % der Bevölkerung. Während der Krise sank dieser Wert auf 58 % und hat sich seither auf 60 % erholt.

Die Erholung der Partizipationsrate ist sehr langsam und bleibt hinter früheren Aufschwüngen zurück. Es wird gerätselt, woran das liegt, denn ohne eine korrekte Erklärung lässt sich auch keine sinnvolle Politik gestalten, die dem Trend entgegenwirkt.

Der Rückgang der Partizipationsrate hat mehrere Gründe. Dazu gehört auch der demographische Wandel. Die Baby Boomer Generation geht in Rente. Dadurch gehen überproportional viele Menschen in Rente, während weniger junge Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten. In der Folge sinkt die Partizipationsrate.

Der demographische Wandel erklärt jedoch nicht die gesamte Veränderung. Das wäre zu schön und einfach. Die Sache ist etwas komplexer. Die Dallas Fed hat, um der Sache weiter auf den Grund zu gehen, die Bevölkerung nach Bildungsstand untersucht. Das war ein wichtiger Schritt für das Verständnis, denn bisher ist man davon ausgegangen, dass vor allem Menschen mit wenig oder keiner Bildung dem Arbeitsmarkt fernblieben und so die Partizipationsrate senkten. Das ist nicht der Fall.

Die Grafik zeigt die Ergebnisse der Studie der Notenbank. Die Grafik ist dabei so zu lesen: die blauen Balken zeigen die Partizipationsrate wie sie 2008 vor Beginn der Krise war, aufgeteilt nach Bildungsstand. Die orangenen Balken zeigen, wie hoch die Partizipationsrate 2016 hätte sein müssen, wenn sich nach 2008 bis auf einen Faktor (Demographie) nichts geändert hätte. Die orangenen Balken berücksichtigen also nur den demographischen Wandel.

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Die Partizipation von Männern mit Bachelorabschluss lag 2008 bei 82,7 %. 2016 hätte sie bei 79,2 % liegen müssen, wenn sich außer der Demographie nichts geändert hätte. Tatsächlich liegt die Rate nun aber bei 79,7 % (grauer Balken). Das bedeutet: wenn man die Demographie außen vorlässt, ist die Partizipation unter Männern mit einem Bachelor Abschluss (oder höher) im Vergleich zu 2008 sogar gestiegen.

Die Anzahl der Personen, in diesem Beispiel 153.000, ist die Zahl, die durch die Veränderung der Partizipationsrate zusätzlich auf dem Arbeitsmarkt sind. Die Anzahl an Personen, die in diesem Aufschwung zusätzlich am Arbeitsmarkt partizipieren, ist bei Frauen und Männern mit höherem Bildungsabschluss seit der Krise gestiegen.

Ebenso sind mehr Menschen mit gar keinem Abschluss stärker auf dem Arbeitsmarkt vertreten. Das ist eine überraschende Erkenntnis, denn bisher sind viele davon ausgegangen, dass gerade Geringqualifizierte dem Arbeitsleben fernbleiben. Das ist nicht der Fall.

Vielmehr ist die Partizipation unter denjenigen gesunken, die einen Schuldabschluss haben oder auf dem College waren. Hier haben sich seit 2008 über 2,5 Mio. Menschen vom Arbeitsmarkt verabschiedet. Mit dem Zuwachs in den anderen beiden Gruppen kann man sagen, dass sich heute 2,2 Mio. Menschen weniger am Arbeitsmarkt beteiligen als 2008. Das ist eine ganze Menge.

Die Studie zeigt, wo diese „verschwundenen“ Arbeiter zu finden sind. Sie sagt wenig über die Gründe aus. Ein wenig rätselhaft bleibt die Angelegenheit. Es wäre intuitiv verständlich, wenn z.B. Menschen ohne jegliche Ausbildung dem Arbeitsmarkt fernbleiben, weil sie keinen Job finden. Das ist aber nicht der Fall. Es sind genau jene mit mittlerem Bildungsniveau, die dem Arbeitsmarkt fernbleiben.

Das untermauert die Vermutung, dass in den USA eine zunehmende Polarisierung der Arbeit stattfindet. Es gibt ausreichend Jobs für Geringqualifizierte und Hochqualifizierte. Die typischen Mittelklassejobs hingegen werden rarer und rarer.

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11 Kommentare

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  • 280a
    280a

    Schade dass auf dieser sogenannten "Finanzseite" noch keiner bemerkt hat, dass Aurelius heute über 30% gefallen ist!

    13:16 Uhr, 28.03. 2017
    1 Antwort anzeigen
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Security( hier in Kambodscha 50-60$ im Monat) ist ueberall ein Hungerjob. Wie gesagt Arme schuetzen schon heute zu Millionen Reiche vor Armen.

    12:14 Uhr, 28.03. 2017
  • jazzfan
    jazzfan

    Ich vermute, daß wieder mehr Paare, evtl. sogar Familien, mit einem Alleinverdiener auskommen (müssen?).

    k_traxler: ist ja fast egal, denn die ANZAHL der Höhergebildeten gleicht die im Artikel konstantierten Rückgänge im mittleren Bereich nicht annähernd aus- wenn ich das richtig interpretiere.

    12:14 Uhr, 28.03. 2017
  • k_traxler
    k_traxler

    Ich stimme dem Kommentar von Marktbegleiter vollends zu. Was dem obigen Schwund betrifft: es könnte (in den USA) auch sein, dass ein Teil der Bevölkerung den Schulabschluss nicht mehr schaffen (wollen) und ein Teil sich eine höhere Bildung angeeignet haben - im Lauf dieser Jahre bzw. bei der jüngeren Generation. Hat es in den USA unter Obama vielleicht neue Programme gegeben, um an höhere Abschlüsse zu gelangen?

    10:27 Uhr, 28.03. 2017
  • 1 Antwort anzeigen
  • Fuzzi
    Fuzzi

    Mit der "Industrie 4.0" - also der zunehmenden Roboterisierung- dürfte sich der Trend verschärfen, auch in Deutschland. Es werden (relativ wenige) Hochqualifizierte benötigt für die Hard-und Software, für die mit mittlerem und geringem Bildungsabschluss bleibt da nur noch, die Maschienen zu ölen und die Hallen zu fegen.

    10:02 Uhr, 28.03. 2017
    3 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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