Kommentar
12:42 Uhr, 12.04.2022

Wirtschaft im Sinkflug: Die Stagflation ist da

Der wöchentliche Aktivitätsindex der Bundesbank zeigt fast in Echtzeit, wie es um die deutsche Wirtschaft bestellt ist. Die Stagflation ist längst Realität.

Der wöchentliche Aktivitätsindex (WAI) der Bundesbank soll die Entwicklung der deutschen Wirtschaft annähernd in Echtzeit abbilden. Neben traditionellen Datenreihen wie der monatlichen Industrieproduktion sowie dem vierteljährlichen Bruttoinlandsprodukt (BIP) fließen in den WAI verschiedene Indikatoren ein, die ohne große zeitliche Verzögerung in wöchentlicher Frequenz zur Verfügung stehen. Dazu gehören unter anderem der Stromverbrauch, das Passantenaufkommen in Einkaufsstraßen, die Anzahl der weltweiten Flüge, Fahrten von Lkws in Deutschland, Google-Suchanfragen zum Beispiel nach Arbeitslosigkeit sowie die Anzahl von Kreditkartentransaktionen in Deutschland.

Der WAI ist so konstruiert, dass sein langfristiger Mittelwert bei null liegt. Der WAI entspricht der trendbereinigten Wachstumsrate der wirtschaftlichen Aktivität in den letzten 13 Wochen (ungefähr ein Quartal) gegenüber den vorangegangenen 13 Wochen. Ein Wert von größer null bedeutet eine überdurchschnittlich stark steigende Aktivität in der Realwirtschaft, ein Wert unter null eine überdurchschnittlich stark sinkende Aktivität.

Die hohen Energiepreise sowie Lieferengpässe infolge des Ukraine-Kriegs erweisen sich inzwischen als starke Belastung für die Wirtschaft, wie der WAI zeigt. In den vergangenen drei Wochen der Wert des WAI bei minus 0,6. Der Indexwert bedeutet, dass die trendbereinigte Wirtschaftsaktivität auf Sicht der vorangegangenen 13 Wochen um 0,6 Prozent geschrumpft ist. Ohne Trendbereinigung dürfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt in den vergangenen 13 Wochen um 0,9 Prozent geschrumpft sein, wie der WAI nahelegt. Dies bedeutet, dass die Wirtschaftsleistung derzeit mit einem annualisierten (aufs Gesamtjahr hochgerechneten) Tempo von 3,6 Prozent schrumpft.

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Mit Blick auf die WAI-Daten steckt Deutschland inzwischen mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer Stagflation, also einer Kombination aus hoher Inflation und stagnierender Wirtschaftsleistung. Die Inflationsrate betrug im März 7,3 Prozent und lag damit so hoch wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr, wie das Statistische Bundesamt am Morgen im Rahmen der zweiten Veröffentlichung bestätigte. Der WAI wiederum zeigt, dass die Wirtschaftsleistung derzeit mit einem annualisierten Tempo von 3,6 Prozent schrumpft.

Fazit: Die deutsche Wirtschaft ist in der Stagflation angekommen. Das aktuelle wirtschaftliche Umfeld aus hohem Preisdruck und schrumpfender Wirtschaftsleistung unterscheidet sich radikal von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der vergangenen Jahrzehnte. Stimulierende Maßnahmen von Notenbanken und Regierungen helfen nun nicht mehr aus der Misere. Denn einerseits heizen sie die Inflation nur weiter an, andererseits lassen sich fehlende Rohstoffe eben nicht wie Geld mit der Druckerpresse erzeugen. Nicht nur Notenbanken und Regierungen, sondern auch Anleger werden umdenken müssen. Viele scheinbare Gesetzmäßigkeiten der vergangenen Jahre und Jahrzehnte könnten ihre Gültigkeit verloren haben.


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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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