Kommentar
16:32 Uhr, 12.07.2024

Wird die Fed doch noch politisch?

Einige Notenbanker warnen ausdrücklich vor zu frühen Zinssenkungen und befürworten Geduld, sehr viel Geduld. Einer der möglichen Gründe dafür ist politisch.

Derzeit preisen Anleger zwei Zinssenkungen ein. Der erste Zinsschritt soll im September erfolgen, der zweite im Dezember. Einige Investmentbanken halten noch immer drei Zinssenkungen für denkbar. Ein Grund ist die Vermutung, dass sich die Abkühlung der US-Wirtschaft in den kommenden Monaten beschleunigt. Dies soll die Notenbank zu drei Zinssenkungen ermuntern. Auch Powell spricht davon, dass eine Abkühlung am Arbeitsmarkt zu erkennen ist.

Demgegenüber stehen Notenbanker, die die Abkühlung des Wachstums zwar sehen, aber trotzdem vor zu frühen Zinssenkungen warnen. Grundsätzlich deutet nichts daraufhin, dass die Notenbank ihr Inflationsziel von 2% nicht erreicht. Woher kommt dann dieser Widerstand einiger Notenbanker? Was sehen sie, was wir nicht sehen?


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Auch wenn wir es nicht mit Sicherheit wissen, es gibt einen politischen Grund, der Notenbanker übervorsichtig sein lassen könnte. Gewinnen die Republikaner die Wahl, ist mit hoher Sicherheit von einer Erhöhung der Zölle auszugehen. Die Zölle, die unter Trump vor einigen Jahren eingeführt wurden, haben zu einer Erhöhung des Durchschnittszolls auf Warenimporte geführt. Biden behielt die Zölle bei und führte neue ein, doch der Durchschnittswert fiel.

China fand Wege, über Drittländer zu exportieren und einige Unternehmen verlagerten ihre Produktion. Der Zoll liegt noch immer höher als 2017, doch der Einfluss wurde relativiert (Grafik 1). Damit neue Zölle nicht umgangen werden können, muss es Zölle auf alle Einfuhren geben, egal woher sie kommen. Genau das ist der Plan. Ein Zoll von 10% auf alles ist angedacht. Für China sollen weiterhin höhere Zölle gelten.

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Die USA importieren Waren in der Höhe von drei Billionen Dollar. Werden diese Importe um ungefähr 10% teurer, erhöht dies die Inflationsrate. Bei einer Wirtschaftsleistung von annähernd 30 Billionen Dollar würde die Inflationsrate um einen Prozentpunkt ansteigen. Das Inflationsziel, welches bis Ende 2025 erreicht werden sollte, bleibt dann weiterhin unerreicht (Grafik 2).

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Kurz vor der Einführung neuer Zölle, die die Inflationsrate erhöhen, die Zinsen zu senken, erscheint riskant. Wer die Zinsen gerade erst gesenkt hat, um gleich darauf wieder einen Zinserhöhungszyklus zu beginnen, hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Dennoch ist zu hoffen, dass die Notenbank letztendlich nicht auf politische Entscheide wartet. Es ist nicht gesichert, dass die Zölle kommen.

Es entspricht geradezu politischem Selbstmord, die Zölle plötzlich auf 10% auf alle Importe zu erhöhen. Güter würden auf einen Schlag im Durchschnitt um 5% teurer. Das stellt den Inflationsschock 2022 in den Schatten. Es wäre der Auftakt zu einer großen Wahlniederlage bei den Zwischenwahlen in zwei Jahren.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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