Kommentar
11:10 Uhr, 28.08.2024

Wieso das Ausbleiben einer Rezession wahrscheinlicher ist

Nicht nur die US-Notenbank sorgt sich um den Arbeitsmarkt, auch Verbraucher sind pessimistisch. Trotzdem ist das Ausbleiben einer Rezession wahrscheinlicher als ein Abschwung.

Spätestens seit letzter Woche ist es offiziell: Die US-Notenbank sorgt sich um den Arbeitsmarkt und gewichtet dessen Lage nun höher als etwaige Risiken bei der Inflation. Die Zinsen werden deswegen im September sinken. Für die Stimmung kommt dieser Schritt nicht zu früh, eher zu spät.

Die Stimmung von US-Verbrauchern ging im August deutlich zurück. Der Wert, der die aktuelle Lage widerspiegelt, fiel auf 60,9 Punkte. Im Vergleich zum Durchschnitt aller Werte seit Erhebungsbeginn vor über 70 Jahren ist das ein sehr tiefer Wert. Der Durchschnitt liegt bei 95,4 Punkten. 60,9 Punkte liegt auf Rang neun der tiefsten je gemessenen Werte und davon gibt es immerhin 646. Anders formuliert: Die Lage wird in 98,6 % der Fälle besser eingeschätzt. Das ist düster, richtig düster.


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Sinken die Lagewerte so schnell und so tief wie jetzt, deutete dies in der Vergangenheit den Beginn einer Rezession an (Grafik 1). Es gibt Ausnahmen. Eine davon war 2022. Die Wirtschaft schrumpfte zwar in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen, doch eine offizielle Rezession wurde nicht ausgerufen. Zuletzt war der Rückgang in den 60er-Jahren so groß, bei ausbleibender Rezession. Es wirkt also so, als ob eine Rezession unausweichlich wäre.

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Das ist nicht der Fall. Was bei der katastrophalen Lageeinschätzung vergessen wird, sind die Erwartungen. Diese hellen sich auf. Sie stehen bei 72,1 Punkten. Im Durchschnitt liegen Erwartungswerte bei 78,8 Punkten. Wichtig ist nicht nur, dass die Werte nicht sonderlich schlecht sind, sondern vor allem, dass sie ansteigen. Verbraucher schätzen die Lage schlecht ein, aber erwarten eine Verbesserung.

Die Börse folgt den Erwartungswerten (Grafik 2). Gemessen am Anstieg der Erwartungen hätte der US-Aktienmarkt sogar besser performen dürfen als er es in diesem Jahr getan hat. Grundsätzlich können Anleger davon ausgehen, dass der Trend positiv bleibt. Zinssenkungen unterstützen den Trend. Schon jetzt sinken Marktzinsen, z.B. für Anleihen und Immobilienkredite. Das hebt die Stimmung bei vielen Verbrauchern, die entweder eine Immobilie besitzen oder eine kaufen wollen.

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Eine Garantie für eine ausbleibende Rezession gibt es nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine ausbleibt, ist aber höher als der umgekehrte Fall. Die Präsidentschaftswahlen Anfang November könnten den nächsten Impuls geben. Die Stimmung von Demokraten und Republikanern folgt der Politik. Seitdem Biden ersetzt wurde, steigt die Stimmung von Demokraten wieder (Grafik 3).

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Würde Harris im November gewinnen, wäre bei Republikanern eine regelrechte Depression denkbar. Das kann auf den Konsum wirken, wenn es die Erwartungen beeinflusst. Das bleibt abzuwarten. Bis zu den Wahlen jedenfalls geht es der Wirtschaft gut und das sollte auch für Aktien gelten.

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2 Kommentare

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  • masi123
    masi123

    Klar ist, dass die Regierung vor einer Wahl alles versuchen wird, die Stimmung oben zu halten bzw. zu verbessern. Ansonsten schließe ich mich der Meinung von frankwug an, besonders was die schuldenbasierten massiven Konjunkturprogramme (z. B. inflation reduchtion act) anbelangt. Zweifellos wird das Schulden machen, als gäbe es kein Morgen, nicht "ewig" funktionieren - aber wahrscheinlich zumindest bis nach der nächsten Wahl. Auch die Inflation wird nicht nachhaltig bekämpft werden können, da das Decoupling von China und die weiter explodierenden Rüstungsausgaben (und kriegerische Konflikte) hochinflationär wirken. Die Notenbanken haben sich (und die Gesellschaft) mit ihrer "whatever it takes" Politik im Zuge der Finanzkrise in eine sehr missliche Lage manövriert. Es ist eben keine (nachhaltige) Lösung, eine Blase mit einer noch größeren Blase bekämpfen zu wollen.

    15:29 Uhr, 28.08.
  • frankwug
    frankwug

    Stimme dem Kommentar ein einem nicht zu: Wenn die Börsen ja immer den Erwartungen folgen, hätten sie zuvor fallen müssen, da die Erwartungen sanken. Und der Kommentar preist nur das positive ein. Weshalb Zinsen fallen (und es ist nicht die Inflation, da sie in den USA wie die Arbeitsmarktzahlen nachweislich gefälscht sind...), das wird wenig beachtet! Die FED muss die Zinsen wegen der Schuldenorgie der Regierung senken. Und die US Wirtschaft wuchs und wächst auch nur wegen der Schuldenorgie. Pro 3 Dollar Schulden, bleiben mittlerweile nicht einmal mehr 1 Dollar im BIP... Mathe ist nicht so schwer

    12:54 Uhr, 28.08.

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Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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