Wie wirkt sich die Energiewende auf die Anleihemärkte aus?
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
London (GodmodeTrader.de) - Die Energiewende wirkt sich bereits sichtbar auf die globalen Energiemärkte aus. Erneuerbare Energien und die globalen Anstrengungen, weniger abhängig von fossilen Brennstoffen zu sein, beeinflussen sowohl das Energieangebot als auch die -nachfrage. Angetrieben von disruptiven Kräften neuer Technologien, koordinierten politischen Maßnahmen und Umweltbedenken gewinnt diese langfristige Transformation immer mehr an Fahrt, wie Ariel Bezalel, Head of Strategy, Fixed Income und Fondsmanager des Jupiter Dynamic Bond und Hilary Blandy, Head of Credit Research, bei Jupiter Asset Management, in einem aktuellen Kommentar schreiben.
„Während unser Research-Team für Unternehmensanleihen vornehmlich Unternehmen auf Einzelfallbasis analysiert, sind wir uns der möglichen Auswirkungen dieses langfristigen Themas für unsere Kunden sehr wohl bewusst. Unsere Sektoranalysten berücksichtigen, wie wir auf die Energiewende blicken und wie sie sich auf verschiedene Sektoren auswirken könnte“, so die Jupiter-Experten.
Weltweit fielen die Erzeugungskosten erneuerbarer Energien so stark, dass Wind- und Solarenergie bald die kosteneffektivsten verfügbaren Optionen werden könnten. Hinzu komme eine starke aufsichtsrechtliche Unterstützung für Projekte im Bereich erneuerbarer Energie, die oftmals von staatlichen Zuschüssen und gesicherten Stromabnahmeverträgen profitierten. Zudem erhöhe der wirtschaftliche Wandel das Risiko, dass Vermögenswerte im Bereich fossiler Brennstoffe in den kommenden Jahren zu „Stranded Assets“ würden. Das heiße, sie seien nicht mehr verwertbar, wenn das Angebot an erneuerbaren Energien schneller als erwartet wachse, heißt es weiter.
„Im Stromsektor ist der strukturelle Rückgang von Kohle verglichen zum Wachstum der erneuerbaren Energien ein wichtiges Thema bei unserer Titelauswahl. Kraftwerkskohle stehen wir negativ gegenüber, selbst in Schwellenländern, in denen sie derzeit noch dominiert. Wir finden auch dort die gleichen strukturellen Herausforderungen, nur dass sie noch etwas in der Zukunft liegen. Dem entgegen sehen wir bedeutende Anlagechancen in Schwellenmärkten wie Indien, Argentinien und Osteuropa, weil dort Programme für erneuerbare Energien eingeführt werden“, so Bezalel und Blandy.
„Das spiegelt sich auch in unserer Positionierung im Bergbausektor wider. Hier meiden wir strukturell rückläufige Produkte wie Kraftwerkskohle, um das Risiko von Stranded Assets zu minimieren.“ Dass Anleger zunehmend Kraftwerkskohle ablehnten, zeigt sich besonders deutlich im US-amerikanischen Markt für Hochzinsanleihen. Aufgrund des ESG-Trends habe sich das Risiko erheblich erhöht, dass Kohlebergbauunternehmen ihre Anleihen selbst bei den angebotenen attraktiven Bewertungen nicht refinanzieren könnten, heißt es weiter.
„Der Straßenverkehr beansprucht circa die Hälfte des weltweiten Öls. Kraftstoffeffizientere Fahrzeuge und der Einfluss von Elektrofahrzeugen haben dazu geführt, dass die globale Öl-Nachfrage früher als erwartet ihren Höhepunkt erreichen wird – vielleicht schon im Jahr 2030. Diese Makroeinschätzung wirkt sich auf unsere Titelauswahl in der Öl- und Gasexploration und -förderung aus. In unserer globalen, uneingeschränkten Anleihestrategie liegt unser aktuelles Engagement bei weniger als drei Prozent des Portfolios. Wir bevorzugen derzeit Instrumente mit kurzer Duration und investieren in Anleihen mit Laufzeiten unter fünf Jahren, was unser Exposure gegenüber dem Energiewenderisiko reduziert. Wir wählen Emittenten, die aufgrund günstiger Produktionsanlagen oder niedriger Arbeitskosten über kostengünstige betriebliche Abläufe verfügen und somit bei einer raschen Energiewende widerstandsfähiger sein dürften“, so Bezalel und Blandy.
Bei Hochzinsanleihen sei vor allem die Qualität der Unternehmensführung entscheidend. Sowohl vor als auch nach einem Investment arbeite man regelmäßig mit den Managementteams zusammen, damit man ihre Herangehensweise im Kapitalmanagement verstünde. Man suche nach Unternehmen mit soliden Absicherungsprogrammen für Rohstoffpreise, um die Abwärtsrisiken zu reduzieren, und nach Managementteams, die die Kapitalerhaltung und den Schuldenabbau gegenüber Aktionärsdividenden bevorzugen, heißt es weiter.
„Die Qualität der Unternehmensleitung ist besonders wichtig in einem Umfeld, in dem sich der Schieferöl-Boom in den USA langsam abzukühlen scheint und Bonitäten sich verschlechtern. Zahlreichen US-Schieferölunternehmen fehlte es in den letzten Jahren an einem disziplinierten Kapitalmanagementansatz. Sie tätigten Aktienrückkäufe, obwohl ihr operativer freier Cashflow durchgängig negativ war. Dies ändert sich langsam, da Anleihegläubiger von ihnen fordern, sich auf Liquiditätssicherung und Schuldenabbau zu konzentrieren“, so Bezalel und Blandy.
Die Themen der Energiewende und möglicherweise striktere Regulierungsmaßnahmen beeinflussten auch ihre Meinung zu Industriewerten, heißt es weiter. „Hier verfolgen wir einen vorsichtigen Ansatz bei Unternehmen, die sehr energieintensive Geschäftsmodelle und eine starke Untergewichtung bei traditionellen Industriewerten wie typischen Stahlherstellern haben. Wir integrieren die Auswirkungen höherer Faktorpreise in unsere Modelle und berücksichtigen Risiken verbunden mit Kosten von Emissionsgutschriften. Dies ist ein sich stetig weiterentwickelnder Bereich in unserem Research und wir prüfen derzeit potenzielle Anlageideen rund um Industriewerte mit widerstandsfähigeren Geschäftsmodellen, wie Unternehmen, die vorgelagert in eine saubere Stromerzeugung integriert sind“, so Bezalel und Blandy.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.