Wie man die Marktpanik in den Griff bekommt
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Als ich mit dem Trading begonnen habe, war ich so naiv zu glauben, dass es zwischen einem 100 Aktien umfassenden Trade und einem 10.000 Aktien umfassenden Trade keinen Unterschied gibt, da beide mit den selben Einstiegen, Exits und Money Management ausgeführt werden konnten. Was ich jedoch nicht berücksichtigt hatte, war, dass das Risiko, das jeder Trade bzw. jedes Investment mit sich brachte, uns im besonnenen, rationellen und objektiven Einschätzen des Risikos an sich beeinträchtigt.
Der Chef einer Brokerfirma, der Tradingneulingen eine kostenlose Tradingsimulation anbietet, erzählte mir einmal, dass 80 % der Trader es schafften in den (äußerst realistischen) Simulationen Geld zu verdienen, jedoch lediglich 20 % Erfolg hatten, als sie begannen mit echtem Geld zu traden. Der von ihm beobachtete Unterschied lag im emotionalen Ausschlag, den das Traden mit sich brachte, wenn tatsächlich Geld auf dem Spiel stand.
In die selbe Kerbe stößt ein Leser, der mich fragte:
Als ich noch jünger und fitter war, spielte ich Fußball. Meine Fähigkeiten waren ganz in Ordnung, doch ich tendierte dazu in Panik zu geraten, wenn ich im Ballbesitz war und ich die Schritte des Gegners immer lauter auf mich zukommen hörte. Unglücklicherweise habe ich diese Macke auch in mein Aktientrading übernommen. Ich liebe es zu traden. Ich habe im Laufe des letzten Jahres sehr viel gelernt und auch umgesetzt, und habe dabei ganz ehrlich einige Barrieren überwinden können. Nichtsdestotrotz bin ich während einer Korrektur gleich drei mal in Panik verfallen und habe meine Aktien verkauft, wobei ich sehen konnte, wie sich meine schönen Profite in Luft auflösten. Das letzte Beispiel ereignete sich gestern. Ich hatte in der letzten Zeit eine Glückssträhne und die Buchgewinne machten einen sehr ordentlichen Eindruck. Plötzlich begannen meine Positionen zu fallen, ohne dabei mein Stoppmarken ausgelöst zu haben. Die Buchgewinnen verschwanden so schnell wie sie gekommen waren. Als der Markt gestern fiel, war mir das ganz einfach zu viel und ich verkaufte meine gesamten Positionen knapp über dem Break-Even Punkt! Ich weiß, dass ich kein guter Trader sein werde, bis ich Strategien erlerne um diese Panikattacken zu überwinden.
Ich habe einige Beobachtungen und Ratschläge für unseren ehrlichen und motivierten Trader. Doch zunächst möchte ich Sie, den Leser darum bitten, noch einmal zu lesen, was er geschrieben hat, und darüber nachzudenken, was denn der wichtigste Teil seiner Nachricht war. Ein Weg um das herauszufi nden, liegt darin sich vorzustellen, was man ihn als erstes fragen würde, wenn man ihn direkt beraten würde.
Worüber würden Sie ihn befragen?
• Die Fußballerfahrungen
• Seine emotionale Reaktion auf Marktkorrekturen
• Die Ereignisse des letzten Handelstags
• Sein Wunsch ein guter Trader zu sein
• Oder über etwas anderes?
Meine erste Frage würde sich um „etwas anderes“ drehen. Ich würde zu ihm sagen, „Das ist interessant; Sie haben gesagt, dass sie mehrere Barrieren überwinden konnten. Können Sie mir etwas über diese Barrieren erzählen, und wie Sie sie überwinden konnten?“
Warum ich das fragen würde?
Ganz einfach: Was auch immer er getan hat, um seine früheren Barrieren zu überwinden, könnte auch die Lösung für sein aktuelles Dilemma sein. Diese Lösungen reflektieren die echten und einzigartigen Stärken jedes einzelnen. Anstatt sich auf das Problem zu fokussieren, und dabei unwissentlich die Vorstellung zu verstärken, dass er das Problem ist (achten Sie ganz einfach darauf, wie schnell er von seinem Umgang mit Korrekturen auf sein personalisiertes Problem „Ich weiß, dass ich kein guter Trader sein werde“ umspringt), macht es Sinn seine von ihm selbst gekannten Stärken anzuwenden um die Herausforderung anzunehmen.
Dies verstärkt noch einmal das wichtige Statement, dass selbst gute Trader auf dem Weg zum Erfolg große Hürden überwinden müssen.
Dieser Ansatz wird auch Lösungsorientierte Schnelltherapie genannt, und ist im Speziellen dann effektiv, wenn es um Änderungsstrategien für jene von uns geht, die sich mit Problemen des täglichen Lebens konfrontiert se- hen. Nehmen wir an, dass Sie mit einem Tradingproblem zu mir kommen, und ich dabei herausfinde, dass Sie in letzter Zeit Eheprobleme hatten. Sie und ihr Lebensgefährte(in) haben gelernt besser zuzuhören und Meinungsverschiedenheiten nicht persönlich zu nehmen, und diese stattdessen dazu zu nutzen, um die Wünsche und Bedürfnisse des anderen zu erkennen. Gleich danach werden wir betrachten, wie es Ihnen möglich war Ihrem Lebensgefährten(in) besser zuzuhören, und wie Sie es geschafft haben Meinungsverschiedenheiten nicht persönlich zu nehmen. Vielleicht könnte ebendiese Strategie Ihnen dabei helfen auch dem Markt aufmerksamer zuzuhören und Ihrem Selbstvertrauen nicht zu erlauben die Schwankungen des Marktes nachzuvollziehen. Die Arbeitsannahme bei der Lösungsorientierten Therapie liegt darin, dass irgendwo, irgendwann einmal jeder von uns erfolgreich mit Situationen umgegangen ist, die sich mit dem aktuellen Dilemma vergleichen lassen. Depressive Menschen sind nicht durchgehend depressiv, wie wäre es also herauszufinden, was sie machen, wenn Sie sich gerade besser fühlen? Paare mit Problemen streiten nicht immerzu; was machen die beiden, wenn sie sich gerade gut verstehen?
Und auch unser Trader verfällt nicht permanent in Panik, wenn der Markt sich gegen ihn bewegt. Es wäre interessant herauszufinden, was er während dieser Zeitabschnitte tut: Der Kern für eine Lösung ist oftmals in der Ausnahmen des Problemmusters zu finden. Wie das Leben so spielt, habe ich zu Beginn meiner Tradingkarriere ein sehr ähnliches Dilemma erlebt. Ich verfiel immer in Panik, wenn ich meine Positionen vergrößert hatte, weil sich dann sogar normale Gegenbewegungen zu riskant anfühlten. Ich konnte dieses Problem lösen, indem ich darauf achtete, wie ich mit Risiko in den anderen Situationen meines Lebens umging. Jedes mal, wenn ich beispielsweise als Psychologe ein neues Projekt begann, wie etwa das Schreiben eines Artikels, ging ich sicher, dass ich auch einen garantierten Platz für meinen Artikel hatte, bevor ich ihn fertig gestellt hatte. Dies tat ich, indem ich mich bereits im Vorfeld mit Redakteuren getroffen habe. Meine Logik bestand darin, dass ich mich durch die Absicherung meiner Publikation frei machen konnte, um mich ausschließlich auf den Prozess des Schreibens zu konzentrieren.
Das selbe gilt fürs Trading. Ich lernte garantierte Profite zu realisieren, wenn Position für mich gut liefen. Wenn ein Trade erst einmal so weit zu meinen Gunsten lief, wie der ursprüngliche Stopp Loss vom Einstieg entfernt war, setzte ich sofort einen Trailingstopp, der mir einen gewissen Gewinn garantieren konnte. Daraus resultierte, dass aus einem Gewinntrade niemals ein Verlierer werden konnte. Sobald die Position sich zu meinen Gunsten bewegt hatte, tat dies auch mein Stopp. Ich konnte also meine Gewinne absichern. Die Gewissheit, dass, „dieser Trade ein Gewinner sein wird, egal was passiert“ bot mir die Versicherung, die notwendig war um mich den Gefahren des Risikos zu stellen. In meiner Arbeit mit Tradern mit hohen Tradingfrequenzen habe ich das selbe Prinzip verwendet um Trailingstopps auf Tagesbasis zu generieren, damit, wenn ein Trader erst einmal mit einer gewissen Summe im Gewinn war, der Stopppunkt für die Tradingsession auf einen Level der abgesicherten Profi tabilität bewegt wurde. Meine Lösung muss nicht unbedingt die Ihre sein; Das Schöne bei der lösungsorientierten Beratung liegt darin, dass es jeder Person möglich ist Lösungen zu finden, die sich auf ihre Erfahrungen stützen – und nicht auf den abstrakten Rat eines Gurus. Wenn Sie die Zeitpunkte identifizieren können, wenn Sie bereits ein guter Trader sind, dann stehen auch die Chancen gut, dass eine Analyse dieser Zeitpunkte Ihnen dabei helfen wird sich auf die Straße zu begeben, die zur Lösung der nächsten Marktherausforderungen führt.
Autor: Brett N. Steenbarger, Ph.D. Dieser Fachartikel wurde im Tradersjournal veröffentlicht.
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