Kommentar
08:13 Uhr, 11.11.2014

Wie kompetent ist die US-Notenbank Fed?

Geldpolitik ist schwierig. Das haben die letzten Jahre gezeigt. Es geht hier ausnahmsweise aber nicht um die Geldpolitik, sondern um das, was die Geldpolitik bestimmt. Das sind vor allem drei Indikatoren: Wirtschaftswachstum, Inflation und Arbeitslosenrate.

Die Fed richtet ihre Politik an diesen drei Indikatoren aus. Sie trifft ihre Entscheidungen anhand vorhandener Daten und ihrer Meinung über die Entwicklung der Indikatoren. Es ist daher sehr wichtig, wie die Einschätzung der Fed lautet. Glaubt sie, die Arbeitslosigkeit wird steigen, dann lockert sie. Glaubt sie, die Inflation wird auf 4% zulegen, dann strafft sie die Geldpolitik.

Nach mehreren Jahren der Krise und außergewöhnlicher Maßnahmen ist es einmal an der Zeit zurückzuschauen und zu beurteilen, wie gut die Fed die zukünftige Entwicklung einschätzt. Die Resultate sind, nun ja, gemischt. Das zeigt schon die Einschätzung des ersten Indikators, des Wachstums. Die Fed veröffentlicht jedes Quartal ihre Einschätzung der zukünftigen Entwicklung. Die Prognosen werden wir das laufende Jahr, für das darauffolgende Jahr und das übernächste Jahr getroffen. Es gibt auch eine Langfristeinschätzung. Die ist in Grafik 1 nicht zu sehen.

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Die Grafik zeigt immer die Daten der März- oder Aprilschätzung. Bei den Schätzungen gibt die Fed immer zwei Bandbreiten an. Die erste reicht von der niedrigsten zu höchsten Schätzung. Zusätzlich gibt die Fed auch die „Central Tendency“ an. Das ist eine etwas weniger breite Range. Idealerweise würden die tatsächlichen Werte in dieser Central Tendency Range liegen. Diese Range ist in der Grafik abgebildet. Die untere Grenze ist mit BIP Niedrig bezeichnet, die obere Grenze mit BIP Hoch. Die grünen Balken zeigen die tatsächlichen Werte an, wobei der Wert für 2014 die aktuelle Konsensschätzung mehrerer Ökonomen ist.

Im März 2008 ging die Fed noch von einem Wachstum für dasselbe Jahr von 0,3 bis 1,2% aus. Tatsächlich waren es dann beinahe -3%. Für die Jahre 2009 und 2010 nahm die Fed an, dass das Wachstum sich von 2 bis 3% wieder beschleunigen würde. Die Schätzung für 2009 lag arg daneben, für 2010 hat sie wieder ganz gut gepasst. Ein Jahr später, im März 2009, schätze die Fed das Wachstum für dasselbe Jahr auf -1,3 bis -2% ein. Tatsächlich war das Wachstum nur ganz leicht negativ.

Die Zeitreihe zeigt vor allem zwei Dinge. Die Fed Prognosegenauigkeit ist nicht besonders gut und die Fed tappt in die gleiche Falle wie die meisten anderen Analysten auch. Für Prognosen tendieren Menschen dazu, die Historie in die Zukunft zu projizieren. Dabei wird die jüngere Historie stärker gewichtet als die weiter zurückliegende. 2008 war ein miserables Jahr für das Wirtschaftswachstum. Das hat sich in den Köpfen festgesetzt und zu einer pessimistischeren Einschätzung für das Jahr 2009 geführt.

So ähnlich lief es auch bei den Prognosen zur Inflation ab. Die Schätzungen bis 2011 waren nicht sehr zuverlässig. Vor allem 2009 wurde komplett falsch eingeschätzt. Das liegt wahrscheinlich daran, dass nicht sein kann, was nicht sein darf (Deflation). Seit 2012 sind die Schätzungen besser geworden. Die Trefferquote liegt deutlich über 50%.

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Überraschend gut gelingt es der Fed die Arbeitslosenquote vorherzusagen. Hier gab es vor allem zwei Ausreißer: 2009 und 2014. 2009 befürchtete die Fed, die Arbeitslosigkeit könnte bis auf 10% steigen. Tatsächlich stieg sie auf 8%. In diesem Jahr ist die Fed wieder deutlich zu konservativ gewesen. Im März 2014 ging die Fed von einer Arbeitslosenrate von 6,1 bis 6,3% per Jahresende aus. Es fehlen noch drei Monate, allerdings ist die Quote schon jetzt bei 5,8%. Bis Jahresende dürfte sie auf 5,5 bis 5,7% sinken.

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Bei den drei Indikatoren gibt es jeweils eine kontinuierliche Abweichungstendenz. Das Wirtschaftswachstum wird regelmäßig überschätzt, ebenso die Inflation. Der Rückgang der Arbeitslosenrate wird hingegen unterschätzt. Sprich, die Fed geht systematisch von einer höheren Arbeitslosenrate aus als sich dann tatsächlich zeigt.
In einigen Jahren gehen Schätzung und tatsächliche Werte um den Faktor 2 oder mehr auseinander. Die Prognosegenauigkeit wird im Laufe des Jahres etwas besser. Alles andere wäre auch überraschend. In der Sommerschätzung stehen immerhin schon Daten aus einem halben Jahr zur Verfügung. In 6 Monaten kann sich zwar viel tun, aber im Normalfall geht in diesem Zeitraum nicht mehr allzu viel schief.

Die Fed Politik ist nun aber nicht auf die nächsten 6 Monate ausgerichtet, sondern langfristig auf Jahre. Entsprechend wichtig wäre es, möglichst gute Prognosen zumindest für das Folgejahr hinzubekommen. Das gelingt leider so selten, dass man von Zufall sprechen muss. Die Fed kann daher kaum prospektiv agieren, sondern ist ziemlich reaktiv. Zwischen Daten, Projektion und Handlung können schon einmal 6 bis 9 Monate vergehen. Das ist nicht besonders beruhigend. Laufen die Dinge aus dem Ruder, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es die Fed erst einmal gar nicht bemerkt. Da ist es fast schon verwunderlich, wie gut das alles funktioniert und die Märkte das allergrößte Vertrauen in die Fed haben.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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