Wie Immobilieninvestoren den Risiken im Euroraum trotzen
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London (GodmodeTrader.de) - In Europa nähert sich die Wirtschaft einem Wendepunkt. Am 14. Juni kündigte die Europäische Zentralbank (EZB) an, ihr Programm zur quantitativen Lockerung im Dezember 2018 auslaufen zu lassen und damit eine dreijährige Periode zu beenden, in der die Bank umfangreiche geldpolitische Impulse zur Ankurbelung des weltweiten Wachstums auslöste, wie Vivienne Bolla, Analyst, Real Estate Investment Strategy and Research bei Aviva Investors, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.
Der Beschluss der EZB spiegle den wirtschaftlichen Aufschwung im gesamten Euroraum wider. Während das Wachstum im ersten Quartal auf 0,4 Prozent gefallen sei – eine Konjunkturverlangsamung, die laut Analysten auf den strengen Winter und Streiks in Frankreich und Deutschland zurückzuführen sei – deuteten alle Frühindikatoren auf ein anhaltendes Wachstum im weiteren Jahresverlauf hin. Im März dieses Jahres habe die Arbeitslosenquote im Euroraum bei 8,5 Prozent und damit auf dem niedrigsten Stand seit Dezember 2008 gelegen, heißt es weiter.
„Trotz der besseren Beschäftigungslage bleibt die Inflation niedrig. Die Gesamtinflation verlangsamte sich im April auf 1,2 Prozent und lag damit unter dem EZB-Ziel von 2 Prozent, während die Kerninflation 0,7 Prozent betrug. Aufgrund der nach wie vor schwachen Konjunkturerholung in Europa hat die EZB klare politische Vorgaben gemacht und beabsichtigt, die Zinssätze trotz der Einstellung der quantitativen Lockerung bis zum nächsten Jahr auf einem Rekordtief zu halten“, so Bolla.
Die starke Nachfrage, gepaart mit einem begrenzten Angebot, führe zu einem beschleunigten Mietanstieg für Büroflächen in erstklassiger Lage. In den ersten drei Monaten des Jahres 2018 sei die Leerstandsquote im Segment der Büroflächen in erstklassiger Lage in den EU-15-Staaten (ohne Großbritannien) auf Vorkrisenniveau gesunken, während die Mieten im Vergleich zum Vorjahr um 5,4 Prozent gestiegen seien. Angesichts der günstigen relativen Preise und der sich erholenden Fundamentaldaten bleibe die Nachfrage der Anleger groß, heißt es weiter.
„Die stabilen Konsumausgaben beflügeln den europäischen Einzelhandel. Die jährlichen Mietwachstumsraten in diesem Segment haben sich jedoch verlangsamt und das Transaktionsvolumen ist im Vergleich zum Vorjahr im ersten Quartal sogar um neun Prozent zurückgegangen. Die Rendite bei Einzelhandelsobjekten in erstklassiger Lage liegt nun bei einem Rekordtief von 3,3 Prozent“, so Bolla.
Die Nachfrage nach Industrieflächen halte weiter an, da die große Renditedifferenz bei Einzelhandels- und Büroflächen Investoren anziehe, die auf der Suche nach einer höheren Verzinsung ihrer Anlagen seien. Im ersten Quartal seien die Investitionen gegenüber 2017 um 28 Prozent gestiegen, während die Mieten der Industrieflächen in erstklassiger Lage in den EU-15-Staaten im Vorjahresvergleich um zwei Prozent zugenommen hätten, heißt es weiter.
„Der Rückgang des von IHS Markit erhobenen Einkaufsmanagerindex im Euroraum, der im April auf ein 13-Monatstief fiel, könnte jedoch auf rückläufige Exporte hindeuten, die sich in den kommenden Monaten auf den Industriesektor auswirken könnten. Ausschlaggebend für diese Entwicklungen sind laut IHS Markit die Auswirkungen der Streiks und des strengen Winters, die Ungewissheit rund um den Brexit sowie die Gefahr eines globalen Handelskriegs, der die Exporte langfristig belasten dürfte“, so Bolla.
Der Rückzug der EZB aus den Anleihemärkten könnte zu einem Anstieg der Renditen führen und die relative Attraktivität von Immobilien untergraben, obwohl dies ihr Hauptszenario sei. Da die EZB bereit sei, an niedrigen Zinssätzen festzuhalten – der Bank zufolge sei eine Zinserhöhung vor Herbst 2019 unwahrscheinlich – dürften die Renditen nur allmählich anziehen. Immobilien dürften 2018 und 2019 entsprechend den Anleihen neu bewertet werden, wobei in den meisten Märkten eine bescheidene Erhöhung von etwa fünf Basispunkten zu erwarten sei, heißt es weiter.
„Eine größere Gefahr stellt die Entwicklungspipeline dar, deren Zunahme in einigen mitteleuropäischen Märkten problematisch geworden ist. Nach einer längeren Flaute infolge der Finanzkrise nimmt die Anzahl der Bauprojekte in einigen mitteleuropäischen Städten wie Budapest, Prag und Warschau rasant zu. Diese Städte könnten Schwierigkeiten haben, Abnehmer für die zusätzlichen Flächen zu finden. In Budapest werden 500.000 Quadratmeter Bürofläche gebaut, die den aktuellen Bestand von 3,4 Millionen Quadratmetern ergänzen“, so Bolla.
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