Kommentar
10:21 Uhr, 18.10.2021

Wie ein Bitcoin-ETF zum Preissturz führen kann

Seit Jahren warten US-Anleger auf einen Bitcoin-ETF. Die Genehmigung rückt nun immer näher. Für den Preis sind das schlechte Neuigkeiten.

US-Anleger sind im Vergleich zu Anlegern in anderen Regionen im Nachteil. Die Aufsicht hat bisher keinen Bitcoin-ETF genehmigt. An Interesse und Anträgen hat es dabei nicht gemangelt. Die Aufsicht war jedoch bei keinem Konzept der Überzeugung, dass Anleger ausreichend geschützt sind. Die Hinweise verdichten sich, dass die Aufsicht bei einem Konzept zustimmen wird und ein ETF noch diese Woche an den Start gehen könnte. Basiert der ETF auf Bitcoin-Futures, dürfte die Aufsicht grünes Licht geben. Investoren vermuten das seit einigen Wochen. Das hat dazu geführt, dass Futures, die an der CME gehandelt werden, gegenüber dem Kassapreis deutlich höher stehen. Die nächstliegenden Futures wurden zum Teil mit einem Aufschlag von mehreren Prozentpunkten gegenüber dem Kassapreis gehandelt. Investoren kaufen die Futures in Erwartung, dass ein Bitcoin-ETF bald genehmigt wird. Da dieser auf Basis von Futures funktioniert, sollte die Nachfrage entsprechend steigen. Oder?

Grundsätzlich macht eine Preisdifferenz keinen Sinn. Die Erwartungshaltung von Investoren führt derzeit zu dieser außergewöhnlichen Preisdifferenz. Darüber müssen sich Bitcoin-Anleger keine Gedanken machen. Die Preisdifferenz wird auch wieder verschwinden.

Was jedoch größere Sorgen bereiten sollte, ist der Handelsstart des ETFs. Dieser kann den Bitcoinpreis nicht nur drücken, sondern einen Bärenmarkt auslösen. In den vergangenen Jahren gab es zwei Meilensteine, die genau dazu geführt haben.

Ende 2017 wurden Bitcoin-Futures eingeführt. Einen Tag nach der Einführung erreichte Bitcoin sein bisheriges Allzeithoch. Danach folgte ein langer und zäher Bärenmarkt. Ähnlich verhielt es sich vor einem halben Jahr, als Coinbase an die Börse ging. Innerhalb kurzer Zeit nach dem Börsengang erreichte Bitcoin wieder ein Hoch und korrigierte danach stark.

Der Grund für diese Zäsuren ist mehr oder weniger offensichtlich. Anleger kauften in Erwartung des Ereignisses und trieben den Preis in die Höhe. Als die Erwartung erfüllt wurde, hatten bereits alle gekauft. Gewinnmitnahmen setzten ein.


Ein expliziteres „Buy the rumor, sell the fact“ findet man an der Börse sonst kaum. In Erwartung wird gekauft. Werden die Fakten geschaffen, wird verkauft. Das kann dieses Mal wieder so sein. Eine Garantie dafür gibt es natürlich nicht.

Es ist auch nicht unbedingt schlecht. Anleger können im Vorfeld des Ereignisses von Kurssteigerungen profitieren. Die Rallye der letzten Wochen dürfte jedoch größtenteils ausgereizt sein. Es hängt davon ab, wann ein ETF an der Start geht und das könnte in diesen Tagen geschehen. Anleger sollten sich darüber im Klaren sein, dass es nach dem Start zu einer heftigen Korrektur kommen kann.

Ein Bitcoin-ETF wäre vor einigen Jahren oder im vergangenen Jahr insgesamt ein Garant für langfristig höhere Nachfrage gewesen. Inzwischen sind Bitcoin und andere Kryptos leicht zugänglich. Dass wegen eines ETFs die Nachfrage plötzlich explodiert, ist unwahrscheinlich.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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