Kommentar
09:45 Uhr, 04.11.2019

Wie der Arbeitsmarkt die Anleger täuscht

Der US-Arbeitsmarkt läuft weiterhin rund. Anleger quittierten das mit einem kräftigen Kursplus. Anleger lassen sich aber täuschen.

Die Feierlaune an den US-Börsen am vergangenen Freitag lässt sich nachvollziehen. Im Oktober wurden mehr Jobs geschaffen als Analysten erwartet hatten. Das ist eine positive Nachricht. Solange der Arbeitsmarkt läuft, kann es der Wirtschaft so schlecht nicht gehen – so die Logik. Die Logik ist allerdings fehlerhaft. Ein Blick auf die Zahlen in Deutschland zeigt, wieso das so ist.

Deutschland befindet sich praktisch in einer Rezession. Die offiziellen Daten sind noch nicht veröffentlicht. Doch auch ohne diese Daten ist bekannt, dass die deutsche Wirtschaft in den letzten Quartalen stagnierte, teils sogar schrumpfte.

Trotz einer Wirtschaft, die nicht mehr wächst und einer Industrie, die ganz klar in der Krise steckt, läuft der Arbeitsmarkt weiterhin rund. Das Stellenwachstum hat sich abgeschwächt. Noch Anfang 2018 wurden auf Jahressicht 650.000 Jobs geschaffen. Heute sind es 200.000 weniger (Grafik 1).


Trotz Rezession werden immer noch neue Stellen geschaffen. Das passt überhaupt nicht zusammen und verdeckt die Tatsache, dass es eine Rezession gibt. Im Normalfall verschwinden Jobs, wenn sich die Wirtschaft in einer Rezession befindet.

Wieso das heute nicht mehr so ist, hat viele Gründe. In Deutschland wird vermehrt Kurzarbeit eingesetzt. So müssen Beschäftigte nicht gekündigt werden. Ein noch wichtigerer Faktor ist aber der immer wichtiger werdende Dienstleistungsbereich. Hier gibt es noch Wachstum und der Bereich braucht viele Arbeitskräfte. Man denke nur an Kinderbetreuung und die Pflege. Sehr produktiv im traditionellen Sinn sind diese Jobs allerdings nicht.

Ähnlich ist es in den USA. Das Beschäftigungswachstum schwächt sich ab (Grafik 2). Es hat sich nun weniger stark abgeschwächt als erwartet wurde. Das ist schön, ändert aber am Trend nichts. Anleger haben das dennoch als Entwarnung gefeiert. Wie in Deutschland hat das wenig zu bedeuten.


Eine Rezession ohne Jobverluste ist möglich. Genau das sehen wir in Deutschland und Deutschland ist von der Industrie stärker abhängig als die USA. In den USA ist die Situation ähnlich, aber eben weniger stark ausgeprägt.

Eine Entwarnung ist das nicht. Wie in Deutschland ist auch in den USA eine Rezession möglich, ohne viele Jobs zu verlieren. Anfang der 80er Jahre gab es in den USA eine Rezession, in der nur sehr wenige Stellen verlorengingen. Es gibt kein Gesetz, weshalb das nicht wieder so sein kann.

Der Arbeitsmarktbericht war dennoch ein Lichtblick. Daran gibt es nichts zu rütteln. Es könnte alles sehr viel schlimmer sein. Das darf man auch feiern. Übertreiben sollte man es damit jedoch nicht, denn wie gesagt, das Ausbleiben von Jobverlusten bedeutet nicht, dass es keine Rezession gibt. Siehe Deutschland.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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