Kommentar
17:45 Uhr, 09.12.2020

Wenn Aktien-Permabären zu Bullen werden

Wenn selbst die letzte Bastion der Bären fällt, dann wird die Luft für den Aktienmarkt meist dünn.

An diesem Punkt sind wir noch nicht ganz angelangt. Es gibt jedoch erste Anzeichen. Selbst berüchtigte Permabären wie Albert Edwards beginnen zu erklären, weshalb das Ende der Welt doch noch nicht heute kommt. Es hat natürlich alles mit den Notenbanken zu tun. Gäbe es diese nicht, dann hätten die Doom und Gloom Vorhersagen den Nagel auf den Kopf getroffen. Einige Leser vermuten auch hinter mir einen Permabären. Wer nun aber darauf wartet, dass ich plötzlich eine neue Jahrhundertrally ausrufe, muss sich weiter gedulden. Ich war im März bullisch. Bei Allzeithochs wird man mich selten bullisch erleben. In einem Crash hingegen ist Euphorie schon eher angebracht. Da der Markt die meiste Zeit über steigt und nicht fällt, gibt es von mir auch seltener klar bullische Töne.

Akut bärisch bin ich auch nicht eingestellt. Im März habe ich gekauft und seither halte ich, mit kleinen Umschichtungen von einem Sektor in den nächsten. Die Problemfelder (Coronakrise) sind bekannt. Es braucht neue Erkenntnisse, um den Markt nachhaltig zu drücken. Diese Erkenntnisse deuten sich derzeit nicht an. Es gibt nur einen Makel: die Stimmung wird immer besser.

Zuletzt machte Robert Shiller von sich reden. Er berechnet die Bewertung über längere Zeiträume und auf inflationsbereinigter Basis. Das Shiller-KGV ist derzeit hoch (Grafik 1). Es ist höher als 1929 und steuert auf den Wert in der Zeit der Internetblase zu. Unter normalen Umständen müsste Shiller da bärisch sein. Ist er aber nicht.


Stattdessen werden Rechtfertigungen gesucht, weshalb sich der Markt auf diesem Niveau halten kann. Die Rechtfertigung macht durchaus Sinn. Aktien sind hoch bewertet, dafür sind die Zinsen niedrig. Aktien sind riskanter als Anleihen. Daher haben sie für gewöhnlich eine höhere Rendite als Anleihen.

Zieht man die Anleiherendite von der Gewinnrendite von Aktien ab, ergibt sich die Überrendite von Aktien gegenüber Anleihen. Diese ist aktuell noch leicht positiv (Grafik 2). Daher ist der Markt trotz hoher Bewertung nicht zu hoch bewertet. Die Überrendite war zeitweise sogar negativ. Dafür gab es gute Gründe.


Um die Inflation der 70er Jahre zu bekämpfen, wurden die Zinsen massiv nach oben geschraubt. Es war klar, dass das nicht ewig so bleiben würde. Die Rendite von Aktien war nicht zu niedrig, sondern die Zinsen zu hoch.

Umgekehrt war es als sich die Internetblase bildete. Unternehmen, die .com im Namen hatten, aber kein Geschäftsmodell, wurden mit Milliarden bewertet. Hier waren nicht die Zinsen aus dem Gleichgewicht, sondern der Aktienmarkt. Aktuell ist die Rendite noch positiv und dort sollte sie auch bleiben. Eine negative Überrendite ist ein Warnsignal, wenn sie von zu tiefen Gewinnrenditen ausgelöst wird.

So oder so, wir sehen immer mehr Skeptiker und Permabären, die sich für den Aktienmarkt erwärmen können und rechtfertigen, wieso sie falsch lagen. Unter diesen Umständen wird die Luft dünner. Derweil halte ich meine Aktien weiter.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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