Kommentar
14:56 Uhr, 06.10.2006

Welt: OECD Leading Indicator weiter auf Talfahrt

1. Der OECD Composite Leading Indicator (CLI) für die OECD-Staaten insgesamt ist im August um 0,1 % gegenüber dem Vormonat zum dritten Mal in Folge gesunken. Die Sechsmonatsveränderungsrate (Veränderungsrate des aktuellen Wertes im Vergleich zum Mittelwert der vorhergehenden zwölf Monate und auf ein Jahr hochgerechnet), die von der OECD als guter Indikator für konjunkturelle Wendepunkte ermittelt wird, hat sich von 2,4 % auf 1,8 % verringert. Dies ist der niedrigste Wert seit September letzten Jahres. Wir hatten zwar mit einem Rückgang gerechnet, das Ausmaß ist gleichwohl stärker als erwartet. Berücksichtigt man neben den OECD-Ländern auch die Indikatoren der sechs Nicht-OECD-Länder (Brasilien, China, Indien, Indonesien, Russland und Südafrika), dann hat sich der Frühindikator zwar geringfügig um 0,1 % gegenüber dem Vormonat verbessert. Allerdings erreichte dessen Sechsmonatsveränderungsrate mit 7,1 % nach 8,3 % ebenfalls ein mehrmonatiges Tief.

2. Da von der OECD für 35 Länder Frühindikatoren berechnet werden, sind Aussagen über regionale Wirtschaftsräume möglich. Der von uns berechnete Frühindikator für Osteuropa konnte sich weiterhin von der weltweit schwächeren Entwicklung abkoppeln. Die Sechsmonatsveränderungsrate verringerte sich im August nur leicht von 10,1 % auf 9,9 %. Dagegen hat sich das Pendant für die Region Asien von 12,3 % auf 10,1 % recht deutlich abgeschwächt. Erstmals seit November 2000 lag hier mit -0,1 % eine monatliche Verringerung des von uns berechneten Index vor.

3. Das untere Vier-Quadranten-Schema zeigt, dass knapp die Hälfte aller von der OECD berechneten Länderindizes im August Rückgänge gegenüber dem Vormonat aufweisen. Augenfällig ist hier insbesondere die Entwicklung in Japan. Hier hat die Sechsmonatsveränderungsrate mit -3,6 % den geringsten Wert seit November 2001 erreicht. In China verringerte sich der Index um 0,1 % mom, der erste monatliche Rückgang seit November 2000, und die Sechsmonatsveränderungsrate sackte entsprechend auf 11,9 % ab, dies ist der niedrigste Wert seit 2002. Überraschend mag die Entwicklung des Frühindikators für die USA sein, denn dieser konnte sich gegenüber dem Vormonat verbessern und rutschte wieder in den Quadranten „stabil“ zurück. Allerdings war dies bei einer monatlichen Zuwachsrate von 0,02 % denkbar knapp, sodass kaum von einer spürbaren Erholung der US-Wirtschaft gesprochen werden kann. Die Frühindikatoren für Euroland, insbesondere für Deutschland, verschlechterten sich zum zweiten Mal in Folge. Allerdings sind die monatlichen Rückgänge marginal.

4. Ab Ende Oktober werden für die bedeutenden Volkswirtschaften (z.B. USA, Vereinigtes Königreich, China, Euroland) die Daten zum Bruttoinlandsprodukt für das dritte Quartal 2006 veröffentlicht. Im unteren Schaubild haben wir das von uns berechnete aggregierte Welt-Bruttoinlandsprodukt (Welt-BIP) in Jahresveränderungsraten abgetragen und dem ebenfalls von uns konstruierten Welt-BIP-Indikator gegenübergestellt. Der Welt-BIP-Indikator ist für das dritte Quartal 2006 vollständig bekannt und zeigt, dass sich das Wachstum der Weltwirtschaft derzeit abschwächt. Unterstellt man, dass die bisherige Differenz zwischen Welt- BIP-Indikator und tatsächlichem Welt-BIP auch im dritten Quartal weiterbesteht, so deutet unser Welt-BIPIndikator einen Anstieg des Welt-BIP im Vorjahresvergleich um 4,9 % an. Im Vergleich zum Vorquartal entspricht dies einer annualisierten Zunahme um rund 3 ½ %. Dies vergleicht sich mit Quartalsveränderungsraten des Welt-BIP von 6 ¼ % im ersten Quartal 2006 bzw. 5 ¼ % im zweiten Quartal 2006, sodass durchaus von einer deutlichen Wachstumsverlangsamung gesprochen werden kann.

5. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Abkühlung der Weltwirtschaft nicht in eine Rezession münden wird. Zwar haben die Notenbanken der Industrieländer seit Mitte 2004 sukzessive ihre lockere Geldpolitik der Vorjahre zurückgeschraubt, sodass inzwischen der von uns berechnete gewichtete Welt-Leitzins der Industrieländer bei 3 ¾ % liegt, und damit etwa 2 ¼ Prozentpunkte höher als im Tiefpunkt vor zweieinhalb Jahren. Dies dürfte der Hauptgrund für die Verlangsamung der weltwirtschaftlichen Aktivität sein. Gleichwohl erwarten wir nicht, dass sich der Restriktionsgrad der Geldpolitik der Zentralbanken insgesamt noch deutlich erhöhen wird. Somit dürfte die Anpassungslast, die die Volkswirtschaften derzeit zu tragen haben, begrenzt bleiben und auch die Verlangsamung des Weltwirtschaftswachstums bald ihr Ende finden.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

Mehr Experten