Kommentar
15:27 Uhr, 13.05.2011

Weiter optimistisch bei Aktien

Auch in den Mai hinein bleiben wir bei unserer optimistischen Prognose für die Aktienmärkte – trotz einiger Negativfaktoren, die wohl auch in den kommenden Monaten anhalten werden.

Positivfaktoren
Zunächst die Argumente für unsere positive Einschätzung:
- Der Auftakt zur Q1-Berichtssaison war äußerst vielversprechend; wir rechnen mit zweistelligen Gewinnsteigerungen.
- Die Bewertungen sind historisch gesehen und im Vergleich zu anderen Anlageformen angemessen bzw. attraktiv.
- Dank der lockeren Geldpolitik (vor allem in den USA und Japan) gibt es reichlich Liquidität. Bei seiner Pressekonferenz am 27. April ließ Fed-Chef Bernanke durchblicken, dass eine Fortsetzung dieser Politik vorstellbar sei, solange die Inflationserwartungen sich in Grenzen hielten.
- Die Unternehmen verfügen über reichlich Kaufkraft, ein Trend, der von den jüngsten Haushaltsmaßnahmen in den USA noch verstärkt wird.
- Die Entwicklung von Wirtschaft und Finanzmärkten wird davon abhängen, wie die Unternehmen ihre Kaufkraft nutzen. Bei Cashflow-Renditen, die die Finanzierungskosten übersteigen, nimmt die Unternehmenstätigkeit zu.
- Viele Anleger (wie Pensionskassen und Versicherer) sind bislang noch eher vorsichtig positioniert. Im weiteren Verlauf könnte dies zu weiteren Kapitalströmen auf die Aktienmärkte führen.

Die Ungewissheit im Hinblick auf diese Annahmen ist indes vor allem aus folgenden Gründen deutlich gestiegen:

Unruhen im Nahen Osten und Ölpreis
Der größte Risikofaktor sind die Unruhen im Nahen Osten und Nordafrika. Es ist derzeit unmöglich, zuverlässige Vorhersagen im Hinblick auf die weitere Entwicklung zu machen. Fest steht jedoch, dass die Region tiefgreifenden Wandel erlebt, der sich durch den Ölpreis überall auf der Welt bemerkbar macht.

Von September 2010 bis Februar 2011 stiegen die Ölpreise relativ stetig und nahezu linear. Das geschah zeitgleich mit der Beschleunigung des Weltwirtschaftswachstums. Insofern war der Aufwärtstrend beim Öl überwiegend nachfragebedingt.

Seit Februar zeichnet sich ein nichtlinearer Aufwärtstrend ab, wohl ein Zeichen dafür, dass die Sorgen im Hinblick auf die Angebotsseite zunehmen. Wir rechnen mit einem Aufschlag von 20 bis 25 US-Dollar pro Barrel für das Angebotsrisiko. Zum Glück ist die Wirtschaft jetzt stabiler als noch vor zwölf oder sogar sechs Monaten. Zudem könnte sich der jetzige Ölschock als kurzlebig erweisen, sofern die Unruhen sich nicht auf die wichtigsten Erzeugerländer der Region (Saudi-Arabien, Iran) ausweiten. Überdies drosselt Saudi-Arabien die Produktion. Grund sind ein Überangebot und Warnungen des IWF vor den Folgen der hohen Preise auf die Ölnachfrage.

Hinzu kommt die Wirkung spekulativer Gelder am Erdölmarkt auf den Ölpreis. Der starke Rückgang des Ölpreises am 5. Mai (Rohöl-Futures fielen um fast 10 US-Dollar, prozentual der deutlichste Einbruch seit April 2009) wurde zwar durch enttäuschende Konjunkturdaten ausgelöst, aber gewaltiges Margin Selling beschleunigte den Rückgang noch.

Anhaltende Staatsschuldenkrise im Euro-Raum
Auch die anhaltende Staatsschuldenkrise in der EWU stellt ein erhebliches Risiko dar. Eine erneute Zuspitzung an der Euro-Peripherie im April ließ die Anleiherenditen in Griechenland, Irland und Portugal auf Rekordhöhe schnellen.

Vergangene Woche einigte man sich auf ein 78-Mrd.-Euro Rettungspaket für Portugal. Zudem mehren sich die Gerüchte über eine Umschuldung Griechenlands. Innenpolitik spielt hier eine wichtige Rolle, wie sich auch am Wahlsieg der eu¬roskeptischen Partei „Wahre Finnen“ in Finnland gezeigt hat.

Geldpolitische Straffung in Europa
Ein drittes Risiko besteht im Hinblick auf den geldpolitischen Kurs der EZB und der BoE. Die EZB hat die Zinsen im April von 1,0 auf 1,25 % erhöht, bis Ende 2011 dürften die Zinsen auf 1,75 % steigen. Auch die BoE schlägt eine zunehmend anti-inflationäre Tonart an. Die Fed wird nächsten Monat ihr QE-II-Programm beenden, doch wir rechnen nicht mit wesentlichen Auswirkungen auf die Aktienkurse. Aus Erfahrung wissen wir, dass eine Zinsanhebung nicht unbedingt negativ für Aktien ist. Nach einem anfänglichen Rückgang steigen die Kurse mit zunehmender Gesundung der Wirtschaft wieder, sofern die Inflationserwartungen sich in Grenzen halten. Zudem ist die Geldpolitik in der Eurozone auch bei 1,75 % immer noch expansiv.

Konjunkturbarometer sinken wieder
Ein weiterer Minuspunkt ist, dass die Konjunkturindikatoren in den Industrieländern jetzt wieder nach unten zeigen. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig einen Einbruch an den Aktienmärkten. Wenn auch die Konjunkturdynamik in den nächsten Monaten nachlassen wird, so sollte sie sich auf relativ solidem Niveau stabilisieren. Die Risiken in den zyklischen Sektoren steigen allerdings. Im April übertrafen defensive Sektoren ihre zyklischen Pendants bereits wieder.

Defensive Sektorposition, Präferenz für Dividendentitel
Wir haben die Gewichtung der Sektoren Konsummassengüter und Versorger auf neutral angehoben und die des Energiesektors auf neutral gesenkt. In den Sektoren Telekommunikation, Gesundheit und Technologie sind wir übergewichtet, im gehobenen Konsumgüterbereich und bei Industriewerten dagegen untergewichtet.

Ferner setzen wir auf Aktientitel mit hohen und nachhaltigen Dividenden. Über die nächsten zwei Jahre erwarten wir ein zweistelliges Dividendenwachstum. Niedrige Ausschüttungsquoten, liquiditätsstarke Bilanzen und kräftige Cashflows sind die wichtigsten Faktoren für Dividenden.

Der Anteil von Dividenden am Gesamtertrag eines Anlageportfolios wird im erwarteten ertrags- und wachstumsarmen Umfeld zunehmen.

Quelle: ING Investment Management

ING Investment Management ist der globale Asset Manager der ING Gruppe. Mit annähernd 375 Milliarden Euro Assets under Management, vertreten in 37 Ländern mit mehr als 3.700 Mitarbeitern, ist ING Investment Management (ING IM) weltweit auf Platz 27 im Asset Management.

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