Kommentar
10:43 Uhr, 26.09.2008

Washington Mutuals Zusammenbruch verschärft die Krise - US-Rettungsplan in Fokus

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EUR-USD eröffnet heute morgen bei 1.4635, nachdem gestern im US-Handel Tiefstkurse bei 1.4562 markiert wurden. USD-JPY notiert aktuell bei 105.70. "Carry-Trades" stehen unter Druck. EUR-JPY stellt sich auf 154.70, während EUR-CHF bei 1.5890 oszilliert.

Die FDIC hat bekannt gemacht, dass JP Morgan Washington Mutuals Aktiva in einem Notverkauf für 1,9 Mrd. USD übernommen hat. Washington Mutual brach gestern zusammen und wurde von der Augsicht und FDIC Donnerstag geschlossen.

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Der Notverkauf an JP Morgan an Stelle einer Insolvenz erspart der FDIC (Einlagensicherungsfonds) für 143 Mrd. USD Einlagen einspringen zu müssen. Die Summe wäre dreimal so hoch wie das Volumen des Fonds gewesen.

Die Situation spitzt sich in den USA weiter zu. Die Tatsache, dass eine Insolvenz von WaMu den US-Einlagensicherungsfonds vor nachhaltige Probleme gestellt hätte, darf als Indiz der Qualität der aktuellen Finanzkrise gewertet werden.

Mit der Übernahme durch JP Morgan tritt JP Morgan damit das zweite Mal nach Bear Stearns als Retter in der Not auf. Mithin ist die Bank mit dem größten Derivatebuch der Welt in der Lage, Rettungsaktionen wie von der Stange zu produzieren. Chapeau und gleichzeitig "Food for thought!" Der US-Rettungsplan mit einem angedachten Volumen von 700 Mrd. USD ist noch nicht unter Dach und Fach Die Diskussionen gehen hier weiter. Der Widerstand aus der republikanischen Partei ist derzeit noch nicht gebrochen.

Es ist durchaus verständlich für aufrechte Demokraten, sich diesem Gesetz zu widersetzen. Die Freizeichnung für die Rechtsfolgen aus diesem Programm zu Gunsten des US-Finanzministers und der nachgeordneten Protagonisten in der Umsetzung kommt einem Ermächtigungsgesetz gleich, das für ein Volumen von circa 5% des US BIP rechtsstaatliche Verantwortung aushebelt.

Rechtsstaatlichkeit ist aber Grundlage der freiheitlichen Ordnung der Demokratie. Mithin würde hier die Demokratie in den USA markant angegriffen.

Der Kongress (Repräsentantenhaus) hat gestern der US-Automobilindustrie vergünstigte Kredite in einem Volumen von 25 Mrd. USD genehmigt. Senat und US-Präsident müssen noch zustimmen. Offensichtlich genießen US-Automobilbauer öffentliche Gewährträgerhaftung in den USA. Wir sind gespannt, welche Interpretationen uns das US-Wettbewerbsrecht bei den zu erwartenden Klagen der internationalen Konkurrenz auftischen wird.

Die Aktionen seitens der US-Regierung liefern Steilvorlagen die USA in U.S.S.R. umzubenennen, "United States Socialistic Republic".

Diesbezüglich ist auch eine Einlassung von Hugo Chavez, Venezuelas Präsident, einer der aktuellen Erzfeinde der USA, unterhaltsam: "I nationalize strategic companies and get criticized, but when Bush does it, it is okay." (TV 21. September)

Die globale Willfährigkeit, ordnungspolitische Sündenfälle von der Stange aus den USA zu ignorieren, ist durchaus als erstaunlich zu bezeichnen. Wo sind die lauten US-Anwälte freier Märkte nur geblieben, die in arroganter Manier "old Europe" gestern noch in Grund und Boden redeten? Offensichtlich ist in der "Neuen Zeit" Opportunismus eine Tugend und keine Sünde. Oder wie sagten die drei Hexen in dem Drama Macbeth von Shakespeare noch: "Foul is fair and fair is foul!" Dazu passt auch die klassische Einlassung Adenauers: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!"

Die Geldmenge M-3 der Eurozone sank im Jahresvergleich von zuvor 9,1% (revidiert von 9,3%) auf 8,8%. Die Prognose war bei 9,0% angesiedelt. Mithin nähert sich das Geldmengenwachstum sukzessive den Zielvorstellungen der EZB an. Der Chart belegt den signifikanten Rückgang seit der Spitze per Herbst /Winter letzten Jahres.

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Die Daten aus den USA waren schlicht weg und ergreifend unerwartet ernüchternd. Nach den Veröffentlichungen konnte der USD dennoch an Boden gewinnen. Das nehmen wir nur noch leicht staunend zur Kenntnis. Kommen wir zu den Details:
Die Arbeitslosenerstanträge legten in der Berichtswoche per 20. September von zuvor 461.000 auf 493.000 zu. Die Tropenstürme in den USA haben zum Teil zu dieser Entwicklung beigetragen. Eine Trendwende am US-Arbeitsmarkt ist unverändert nicht erkennbar. Im Gegenteil bietet sich eine markante Zuspitzung der Lage.

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Der Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter ging per August nicht "moderat" um 1,6% zurück, sondern brach um -4,5% ein. Der Chart verdeutlicht das rezessive Umfeld.

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Der Absatz neuer Immobilien sackte per August unerwartet auf den niedrigsten Stand seit 17 Jahren. Von revidiert 520.000 Objekten stellte sich ein Rückgang auf 460.000 ein. Das Volumen an zu verkaufenden Immobilien stellt sich auf 10,9 nach zuvor 10,3 Monatsumsätzen. Die aktuelle Veröffentlichung bestätigt, dass sich die Krise verschärft.

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Bezüglich der heute anstehenden Daten verweisen wir auf die unten angeführte Datenbox. Wir werden uns am Montag dezidiert mit den Veröffentlichungen auseinandersetzen.

Unsere kritische Haltung zu den US-BIP-Daten setzen wir als bekannt voraus. Die USA kollabieren vor sich hin und flüchten sich in sozialistische Spielarten, während im zweiten Quartal 2008 ein Wachstum von annualisiert 3,3% zu verzeichnen war. Ist schon klasse, so eine Statistik zu haben. Hinsichtlich der Wendung bei dem Verbrauchervertrauen nach Lesart der Uni Michigan stellt sich die Frage, ob die Gruppe der Befragten jüngst verändert wurde … Na. Sie können doch Spaß verstehen!

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Erst ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.4420 -50 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank

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