Kommentar
13:20 Uhr, 15.07.2022

Was muss geschehen, damit die Geldpolitik den Markt wieder stützt?

Sinkende Inflation ist das erste, was bei dieser Frage als Antwort in den Sinn kommt. Tatsächlich ist es etwas anderes.

Die US-Notenbank hat zwar ein Inflationsziel, doch dahinter steht etwas anderes. Preisveränderungen sind Symptome für Ungleichgewichte bei Angebot und Nachfrage und für eine überhitzte Wirtschaft. Wird das Wachstum gebremst, wie es jetzt versucht wird, sollte auch die Inflation wieder den Weg zum Inflationsziel finden. Inflation ist zwar das Ziel, doch der Hebel, um dieses Ziel zu erreichen, ist eine Veränderung der Wachstumsrate der Wirtschaft. Der Fed schwebt die optimale Lösung des Inflationsproblems vor. Sie will das Wachstum exakt so weit bremsen, dass die Ungleichgewichte ausgeglichen werden. Geldpolitik ist jedoch keine exakte Wissenschaft. Zudem ist nicht klar, dass es überhaupt möglich ist, Wachstum und eine Rückkehr zum Ziel zu vereinbaren. Es könnte sich herausstellen, dass die Wirtschaft schrumpfen muss, um das Ziel zu erreichen. Die Notenbank hat nicht nur ein Inflationsziel, sondern auch ein Beschäftigungsziel. Ist die Inflation hoch, wird dieses Ziel in den Fokus gerückt. Steigt die Arbeitslosigkeit, verschiebt sich der Fokus dorthin. Derzeit ist klar, wo der Fokus liegt und eine weiche Landung der Wirtschaft wird mit jedem Tag unwahrscheinlicher.

Das klingt zwar negativ, ist aber zumindest mittelfristig keine Hiobsbotschaft. Schrumpft die Wirtschaft erst, verschiebt sich der Fokus schnell. Befindet sich die Wirtschaft erst in der Rezession, sinkt nicht nur die Wirtschaftsleistung. Auch Unternehmensgewinne gehen zurück. Es lässt sich daher eine Korrelation bei der Zinspolitik und dem Gewinnwachstum erkennen (Grafik 1).


Die Korrelation überrascht nicht. Eine wirtschaftliche und eine Gewinnrezession gehen für gewöhnlich Hand in Hand. Eine Gewinnrezession ist absehbar und es ist genau das, was es für eine Trendwende in der Zinspolitik braucht.

Die Notenbank hat eines nicht zum Ziel, und das ist das Verhindern von Übertreibungen am Aktienmarkt. Die Korrelation ist hier eine andere. Sinken die Zinsen erst, kann die Bewertung (gemessen am KGV) steigen. Sie fällt, wenn die Zinsen steigen. Grundsätzlich müsste die Fed die Zinsen anheben, wenn das KGV gestiegen ist, um Übertreibungen zu verhindern. Das ist nicht zu beobachten (Grafik 2).


Die heutige Ausgangslage ist eine besondere. Man kann sich fragen, ob die Geldpolitik wirklich gelockert wird, wenn die Wirtschaft schrumpft. Betrachtet man nur die Daten von 1970 bis 1982, ergibt sich ein Bild wie in Grafik 3. Die Korrelation zwischen Zinsveränderungen und Unternehmensgewinnen ist nach wie vor gegeben, aber etwas weniger stark ausgeprägt. Die geldpolitische Trendwende wird später gestartet als sonst üblich.

Das ist eine schlechte Nachricht. Anleger preisen Zinssenkungen bereits im Frühjahr 2023 ein. Das ist angesichts der Historie der 70er Jahre zu früh. Sofern sich die Wirtschaft nicht auf eine schwere Rezession zubewegt, droht eine negative Zinsüberraschung.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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