Kommentar
11:00 Uhr, 07.05.2019

Was ist mit der Inflation los?

Der aktuell größte Aufreger der Geldpolitik ist die beharrlich niedrige Inflation. Der von der Fed favorisierte Preisindex signalisierte zuletzt einen Rückgang der Inflation. Noch im Herbst des letzten Jahres lag die Inflation bei 2 %, also in etwa beim Ziel. Im letzten Monat ging es allerdings steil bergab. Die Kerninflation sank auf 1,55 %.

Für die Notenbank ist das keine Schande. Sie hätte es zwar lieber, wenn es diesen Rückgang nicht gegeben hätte, aber im Notfall kann man ja alles erklären. In diesem Fall war die Erklärung, dass der Rückgang wohl auf vorübergehende Faktoren zurückzuführen sei.

Da die Kerninflation die Marke von 2 % seit über einem Jahrzehnt nicht mehr nachhaltig überschritten hat, kann man von einem beständigen Zustand sprechen. Für die Notenbank ist dieser immer noch vorübergehend. Wie man etwas als vorübergehend bezeichnen kann, das seit mehr als 10 Jahren anhält, erschließt sich wohl nur den Notenbankern.


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Wir befinden uns nicht nur auf dem Weg in eine Phase kontinuierlich niedriger Inflation, wir stecken schon mitten drin. Offen gibt das niemand zu. Es würde ja die Machtlosigkeit der Fed unterstreichen. Das geht nicht.

Stattdessen werden neue Kaninchen aus dem Hut gezaubert. So verglich der Notenbankchef die Kerninflation mit der Trimmed Mean Inflation. Diese Inflationsrate schneidet extreme Preisbewegungen in beide Richtungen ab. Wenn also der Preis einer bestimmte Gruppe an Gütern im Warenkorb ungewöhnlich stark steigt oder fällt, wird dieser bei der Berechnung nicht berücksichtigt. Vom Rest wird das Mittel ermittelt.

Diese Inflationsrate zeigt weiterhin eine gesunde Entwicklung (Grafik 1). Es wirkt allerdings ein wenig so, als ob hier Indizes so lange getrimmt, zerstückelt und wieder zusammengesetzt werden bis das Ergebnis passt.


Die Notenbank hat dafür schon jetzt ein Dutzend Indizes zur Verfügung. Irgendwann entbehrt das jeglicher Seriosität. Was nicht passt, wird einfach passend gemacht. Das ändert allerdings wenig daran, dass die Notenbank nicht ganz Unrecht hat, wenn sie von bestimmten zeitlich begrenzten Phänomenen spricht.

Die Preise von Waren sinken tendenziell schon seit Jahren. Zuletzt war das vor allem bei langlebigen Konsumgütern der Fall. Energiepreise fielen ebenfalls. Sie zählen zwar nicht direkt zur Kerninflation, doch durch Zweitrundeneffekte spielen Energiepreise auch dort eine Rolle.

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Die Preise für Dienstleistungen steigen weiter (Grafik 2). Ein wichtiger Bestandteil des Warenkorbs, Gesundheit, zeigte zuletzt einen ungewöhnlich geringen Preisauftrieb. Jeder beklagt sich über steigende Gesundheitskosten. Zum ersten Mal seit langem ist der Preisanstieg unterdurchschnittlich. Das sollte eigentlich niemanden aufregen. Im Gegenteil sogar: wenn man sich eines wünscht, dann geringere Kostensteigerungen im Gesundheitssektor.


Die Inflation wird in den nächsten Monaten aller Voraussicht nach wieder steigen. Insofern hat die Fed Recht. Ihr Ziel erreicht sie dennoch nicht. An diesem „vorübergehendem“ Dauerzustand ändert sich nichts.
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3 Kommentare

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  • Lois
    Lois

    Nach dem gestrigen Text über den schrumpfenden Mittelstand (oder: inequility) der nächste spannende Text zu einem der zentralen ökonomischen Fragen. Was ich hier, im Gegensatz zu gestern, nicht verstehe: woher kommt diese Idee dass alle/s irgendwie unsauber, verlogen, geschwindelt sein muss nur weil es, tja, komplex ist? Ich verstehe das als Grundhaltung halbgebildeter Autodidakten oder auch als genau zugeordnete Kritik an bestimmten Ideen/Entscheidungen der Feds. Aber als nicht weiter erklärungsbedürftige Grundidee?

    Was ist so unseriös an verschiedenen Inflationsbaskets? Als ob es einen gäbe der alles er/klären könnte ... und inwiefern werden die Indizes unseriös genutzt? Das zu erkennen hieße doch zumindest die einzelnen baskets zu verstehen und wer hier ist damit nicht, sagen wir mal, herausgefordert? Und jede dieser "Erklärungen" setzt dann selbstverständlich beim Thema unserös/geheime agenden usw an weil, das weiß doch (hier) eh jede/r. Ihre Artikel funktionieren aber auch und gerade ohne dieses Beiwerk ganz eindeutig besser.

    Was mir wichtiger scheint: Natürlich beweist die dauerhaft zu niedrige Inflationsrate die Schwäche (bzw den Unwillen, siehe MMT) der Fed aber mit einer wesentlichen Einschränkung: damit ist nicht gesagt was ohne die radikalen Schritte der westlichen Notenbanken mit der Inflation (und Gesamtwirtschaft) passiert wäre bzw passieren würde.

    Und dann noch die große Frage: was ist das neue Normale? Gibt´s sowas überhaupt oder ist alles bloß Krise? Dauerhaft niedrige Inflation bei dauerhaft niedriger Arbeitslosigkeit aber keinem Lohndruck rührt am Kern der altvertrauten Wirtschaftstheorie. Ausnahmen (Folgen der Finanzkrisen über 10/20 Jahre) mögen das wegreden aber vielleicht liegts an doch mehr an Demographie (alternde Gesellschaften) oder ist der Vorbote einer neuen Form von Dienstleistungsgesellschaften? So viele gute Texte bleiben noch zu schreiben, vielen Dank für diesen.

    22:00 Uhr, 07.05. 2019
  • wizardmw
    wizardmw

    Die Erklärung ist recht einfach: Die Bevölkerungsteile, welche durch Nachfrage dafür sorgen könnten, kommen kaum über die Runden. Dieser Anteil nimmt immer mehr zu. Während dessen steigt die Anzahl der Superreichen, die im Geld schwimmen und nur Vermögenswerte im Preis hoch treiben. Da Rezessionen mit aller Macht vermieden werden, gibt es auch keine Bereinigung auf der Anbieterseite. So haben wir ein dauerhaftes Überangebot an Waren und Dienstleistungen.

    11:43 Uhr, 07.05. 2019
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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